Lukas KöhlerFDP - US-Gesetz zur Inflationsbekämpfung - Standort Europa, transatlantische Partnerschaft
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ganz überrascht, Herr Kollege Ulrich, dass sich Die Linke die USA wirtschaftspolitisch zum Vorbild nimmt.
(Heiterkeit bei der FDP und der SPD)
Das ist wirklich eine Zeitenwende.
(Beifall bei der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nur wenn die was gut machen!)
Da muss ich sagen: Mehr davon! Ich könnte mir das noch in ein paar anderen Feldern vorstellen; da gebe es zum Beispiel die Frage der Rüstungs- und Ukrainepolitik.
Wenn wir uns den IRA, den Inflation Reduction Act, als Antwort der USA auf die aktuelle Krise und die aktuellen Herausforderungen ansehen, dann muss man einige Dinge klarrücken und ein bisschen in den Kontext setzen. Es sind 360 Milliarden Euro, die vornehmlich über Steuererleichterungen an die Unternehmen ausgeschüttet werden, und zwar über zehn Jahre, also im Jahr ungefähr 36 Milliarden Euro. Wenn man das herunterbricht, ist das nicht unendlich viel, vor allem nicht bei einer Volkswirtschaft von der Größe. Das Wichtige ist, dass sie in Zukunftstechnologien wie Carbon Capture and Storage, wie Wasserstoff, und zwar in allen seinen Farben, und in jede Menge anderer Industrieproduktionen Geld investieren. Das ist klug, das ist gut. Das ist auch sinnvoll. Ich habe auch gar kein Problem damit.
Ich glaube, wir reden viel zu oft viel zu negativ über Wirtschaftswachstum in anderen Ländern. Am Ende profitieren wir auch davon, wenn in den USA die Wirtschaft wächst, weil wir enge Partnerschaften haben. Aber wir müssen eine Menge Dinge gemeinsam mit den USA machen. Es gibt quasi drei Wege, wie wir damit umgehen können.
Beim ersten Weg können wir uns hinstellen und wie ein kleines Kind mit den Füßen aufstampfen und sagen: Na gut, dann gehen wir jetzt in einen Handelskrieg mit den USA, weil sie Regeln, sogenannte Local Content Rules, dafür haben, wer welche Sachen innerhalb dieses IRA, innerhalb des neuen Aktes, verkaufen darf. Wir können dann sagen: Mensch, dann ist wieder Handelskrieg angesagt. – Ich glaube, das ist der falsche Weg. Es hilft uns nicht, es bringt uns nicht weiter, und es tut dem Anliegen nicht gut.
Wir könnten beim zweiten Weg sagen – das ist die Antwort, die ich an unterschiedlichen Stellen gehört habe –: Wir nehmen einfach mehr Geld auf und versuchen, staatlich gelenkt, mehr Industrie anzusiedeln, mehr Industrieproduktion zu machen. Aber wenn man sich das genau anguckt, dann würde man damit auf einer ganz anderen Ebene antworten, weil, wie gesagt, dieser Inflation Reduction Act vor allen Dingen viel über Steuermittel regelt. Es geht um die Inflationsbekämpfung. Wenn wir also jetzt mehr Geld aufnehmen würden, mehr staatliche Schulden machen würden, würden wir genau dem zuwiderlaufen, was wir tun müssen, nämlich Inflation bekämpfen.
(Beifall bei der FDP)
Inflation in diesem Land ist immer noch eine Riesensorge. Deswegen geht auch das nicht. Auch dieser Weg ist uns verwehrt.
Also gibt es einen dritten Weg. Wir können das Ganze als Chance begreifen. Das eigentliche Risiko in dieser Neupositionierung der USA liegt doch an einer ganz anderen Stelle. Die USA haben mit China auf der letzten COP einen Race to Zero angestrengt. Sie wollen CO2-neutral werden und dazu die Rahmenbedingungen, die Standortfaktoren bei sich zu Hause schnell so schaffen, dass das die Industrie auch hinkriegen kann.
Ich glaube, das ist die Debatte, die wir in diesem Land führen können: Wie kriegen wir Standortfaktoren, wie kriegen wir eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik so hin, dass wir bei diesem Rennen nicht nur dabei sind, sondern ganz vorne an der Spitze sind? Da müssen wir über die Frage des Standorts Deutschlands reden. Da müssen wir über die Frage von Fachkräften, die Frage von Arbeitsplätzen und Arbeitsmarktsituationen, aber genauso auch über die Frage von Steuern und Unternehmensbesteuerungen, von günstiger CO2-neutraler Energie reden. Das alles sind Rahmenbedingungen, die wir hier schaffen müssen. Der IRA ist ein Aufruf an uns, diese Dinge schnell und gezielt hinzubekommen. Aber er ist auch ein Auftrag an uns, die Handelspartnerschaft mit den USA zu stärken.
Ich freue mich, dass die Union diesen Tagesordnungspunkt aufgesetzt hat und einen Vorschlag mitbringt. Aber der Einstieg von Ihnen war, glaube ich, ein bisschen verfehlt. Sie haben gesagt, Sie wüssten nicht, was die Ampel da macht. Also, wir haben eine neue Handelsagenda beschlossen und die noch einmal neu aufgelegt, in der wir explizit sagen: Wir wollen eine transatlantische Partnerschaft. Die wollen wir so schnell voranbringen, dass wir wirklichen Handel miteinander gemeinsam regeln. Wir wollen zusammenarbeiten, und wir wollen die Standortfaktoren so organisieren, dass wir gut durch die Krise kommen und unser Wirtschaftswachstum fördern.
(Beifall bei der FDP)
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich glaube, das ist der wesentliche Teil. Das sind wir schon längst angegangen. Deswegen müssen Sie sich vielleicht gar nicht mehr so viele Sorgen machen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Köhler. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Klaus Wiener, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550570 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 83 |
Tagesordnungspunkt | US-Gesetz zur Inflationsbekämpfung - Standort Europa, transatlantische Partnerschaft |