Maximilian Funke-KaiserFDP - Sichere digitale Identitäten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu viel Zeit ist verschwendet worden bei der Digitalisierung unseres Landes.
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: 15 Monate!)
Das ist uns allen klar, mittlerweile auch – das sage ich an der Stelle komplett ironiebefreit, sehr geehrter Herr Kollege Brandl – einem Teil der Unionsfraktion, zumindest wenn man Ihrem Antrag Glauben schenken mag. Denn dieser Antrag ist im Grunde ja nichts anderes als ein Eingeständnis Ihrer verfehlten Digitalpolitik in den letzten Jahren.
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Wir hatten eine!)
Immerhin schreiben Sie selbst, dass es in Estland seit 2002 jedem Bürger möglich ist, eine digitale Identität zu haben. Es sei an der Stelle der Hinweis erlaubt, dass es seit 2002 immerhin 16 Jahre unionsgeführte Bundesregierung gab, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP – Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Und 15 Monate Ampel!)
Stattdessen war diese Zeit geprägt von kleinteiligen Maßnahmen, vermeintlichen Erfolgsmeldungen und letztlich keinen nachhaltigen Konzepten. Sie kennen das. Dieser Politikstil hat uns nicht weitergebracht. Vielmehr hat er dazu geführt, dass andere Länder im Digitalen viel weiter sind. Die Auswirkungen spüren wir bis heute. Das haben wir an vielen Stellen jetzt schmerzlich feststellen müssen, beispielsweise bei der Evaluation der Coronapandemie, der Auszahlung des Heizkostenzuschusses, der Beantragung des Wohngeldes, um da nur mal ein paar Punkte kurz anzureißen; die Liste ist lang – alles wegen verfehlter Digitalpolitik in den unionsgeführten Jahren.
Was auch klar ist: Wir müssen jetzt aufholen. Uns ist völlig bewusst, dass die Digitalisierung ein Schnittstellenthema ist. Genau deswegen, weil wir es eilig haben, hat diese Bundesregierung unter unserem Digitalminister Volker Wissing eine sehr ambitionierte Digitalstrategie vorgelegt
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Aber noch nicht veröffentlicht, oder?)
und zeigt mit drei Hebelprojekten die Prioritäten auf, die in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden müssen. Das ist im Übrigen ein Kontrast zu dem Politikstil der letzten Jahre der Union.
Eines dieser drei Hebelprojekte ist – es wurde schon angesprochen – die digitale Identität.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Wo steht dazu was Konkretes?)
Ich kann Ihnen versichern: Wir verschwenden keine Zeit mehr, auch weil wir keine Zeit mehr haben. Und weil wir keine Zeit mehr haben, greifen wir auf das zurück, was wir haben. Wir haben bereits eine bestehende digitale Identität; das haben die Kollegen bereits ausgeführt.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Die habt ihr übernommen!)
Sie ist in unseren Hosentaschen, auf unserem Personalausweis: die eID.
Ich möchte mal die Zahl adressieren; dazu wurde noch nichts gesagt. Es sind 65 Millionen Personalausweise im Umlauf, die diese Funktion haben. Wenn ich hier in diesem Plenarsaal mal rumfrage, wer diese Funktion jemals genutzt hat, dann werden hier wahrscheinlich nur relativ wenige Hände nach oben gehen. Es wurde schon angesprochen: Es wird zu wenig genutzt.
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Die FDP hat es blockiert!)
Wissen Sie, was das eigentlich Traurige ist? Diese eID gibt es bereits seit dem 1. November 2010, also acht Jahre nach der von Ihnen selbst angesprochenen estnischen Lösung. Warum haben Sie eigentlich in den darauffolgenden elf Jahren diese eID nicht selber in die Fläche skaliert?
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Die FDP hat es in der Vergangenheit blockiert!)
Jetzt fordern Sie das und kritisieren im gleichen Zuge, dass wir zu langsam sind. Ich finde, das ist leicht schizophren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP und der SPD)
Wir gehen das jetzt auf jeden Fall an. Wir verbessern die Nutzbarkeit des Personalausweises für die Bürgerinnen und Bürger. Wir schaffen mehr Angebote zur Nutzung. Denn für eine breite Akzeptanz brauchen wir mehr Einsatzfelder, und das eben auch in der Wirtschaft. Deswegen wird es mit der eID – mit dem Personalausweis – zukünftig auch möglich sein, nicht nur sich vom Sofa aus umzumelden, sondern beispielsweise auch ein Konto zu eröffnen. Liebe Union, ich kann Ihnen versichern: Wir werden dafür keine elf Jahre brauchen.
Wir gehen noch einen Schritt weiter. Wir machen die Nutzung dieser digitalen Identität noch einfacher, und zwar mit der Smart-eID. Ja, daran arbeitet die Bundesregierung, mitunter auch im GovTech Campus. Das geht noch in diesem Jahr live. Wir überführen die eID in das Smartphone. Dafür werden die Daten der Nutzer verschlüsselt auf dem Smartphone abgespeichert; es braucht also keine Plastikkarte mehr. Die Smart-eID ist von Anfang an auch so konzipiert – wir machen nicht wieder die gleichen Fehler wie bei der eID –, dass die Schnittstellen für die Verwaltung und für die Privatwirtschaft gleich integriert werden können. Denn auch hier gilt: Die Smart-eID braucht breite Akzeptanz, damit sie entsprechend genutzt wird.
Selbstverständlich – darauf gehen Sie in Ihrem Antrag ein – sorgen wir dafür, dass die eID und die Smart-eID in den europäischen Rechtsrahmen der eIDAS-Verordnung einfließen. In einem gemeinsamen Binnenmarkt bedeutet Interoperabilität der Identitätssysteme nämlich, dass nicht nur der Spanienurlaub bürokratieärmer wird, sondern beispielsweise auch der europäische Warenverkehr einfacher abläuft. Man kann auch sagen: Die Smart-eID ist ein Beitrag zur Stärkung unserer europäischen Identität, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zum Schluss. Es ist gut, dass heute so ein Antrag da ist. Es gehört dazu gesagt: Da steht viel Falsches drin; es stehen aber auch viele richtige Dinge in diesem Antrag. Die digitalen Identitäten sind enorm wichtig. Leider kommt die Einsicht von Ihnen etwas zu spät. Sie hatten 16 Jahre Zeit, Gutes zu bewegen.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Ihr seid jetzt seit 15 Monaten dran!)
Wir machen das jetzt; wir setzen das um.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat der Kollege Oster für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550603 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 83 |
Tagesordnungspunkt | Sichere digitale Identitäten |