08.02.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 84 / Tagesordnungspunkt 1

Johannes SchrapsSPD - Regierungserklärung zum außerordentlichen EU-Rat

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Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Glück gab es heute – anders als die Worte meines Vorredners – sehr viele Redebeiträge, die der Tragweite und der Themen, die wir heute diskutieren, zumindest überwiegend gerecht wurden.

(Martin Reichardt [AfD]: Das können Sie doch gar nicht beurteilen!)

Zum Ende der Debatte können wir, denke ich, eines ganz klar feststellen: An drängenden Themen mangelt es uns hier im Haus und auch den Regierungschefinnen und Regierungschefs morgen beim Europäischen Rat in Brüssel definitiv nicht: die notwendige Unterstützung der Ukraine, die Modernisierung und Stärkung des europäischen Binnenmarktes, Fortschritte bei der europäischen Migrationspolitik. Und leider – das ist zu Beginn der Debatte genannt worden – ist mit Blick auf das verheerende Erdbeben in der Türkei und die notwendigen schnellen Hilfsmaßnahmen noch ein weiteres Thema hinzugekommen. Eine lange Agenda und viele Themen!

Persönlich würde ich mir wünschen, dass bei all dem auch die Situation im Iran nicht ganz aus dem Blick gerät und es zumindest am Rande der offiziellen Agenda Gespräche gibt, wie die Menschen, die sich für eine demokratische Zukunft des Iran einsetzen, noch besser in ihrem Freiheitskampf unterstützt werden können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn der Iran ist ein Schlüsselstaat, dessen demokratische Entwicklung großen Einfluss auf zahlreiche andere Konfliktherde in der Region hätte.

Bei den vielen Themen sind insbesondere mit Blick auf die Ukraine die Entschlossenheit und die Geschlossenheit der Europäischen Union und unserer transatlantischen Partner ganz sicher entscheidende Faktoren. Olaf Scholz hat die drei Grundprinzipien, die unser Handeln bei der Unterstützung der Ukraine prägen, heute dankenswerterweise noch mal deutlich genannt.

Wenn ich hier Aussagen höre wie, der Kanzler müsse Vertrauen bei den EU-Partnern zurückgewinnen, dann kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Ich bin als Mitglied des Europaausschusses und im Auswärtigen Ausschuss sehr viel mit unseren Partnerinnen und Partnern im Gespräch, und deren Vertrauen ist groß, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Von Delegationen aus den Partnerländern, die hier nach Berlin kommen, ebenso wie bei unseren Besuchen bei anderen befreundeten Partnerinnen und Partnern wird immer wieder der Wunsch nach Führungsstärke in Richtung der Bundesregierung geäußert, und zwar vollkommen zu Recht, weil man das von einem in vielerlei Hinsicht starken Land wie dem unsrigen, das in der Mitte Europas liegt, eben auch erwarten kann. Genauso häufig wird aber darauf hingewiesen, dass die Partner mitgenommen werden wollen und wie wichtig es ist, weitsichtig und wohl abgewogen zu handeln und Dinge gemeinsam zu tun. Das ist eben der Balanceakt zwischen „Verantwortung und Führung übernehmen und vorangehen“ und gleichzeitig „Die Partner mitnehmen und nicht durch ein eventuell übereiltes und unbedachtes Vorpreschen überfahren“.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist es für unsere Partnerinnen und Partner sicherlich immer wieder wichtig und beruhigend, dass sie bei Olaf Scholz eine klare und konsistente Haltung erkennen und dass er sagt: Ich wäge weiter ab, und ich werde mich auch in Zukunft eng mit unseren Partnern abstimmen. – Richtig so, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dieses ständige Gerede von Zögern und Zaudern wird auch durch mehrfache Wiederholung von Kolleginnen und Kollegen aus CDU und CSU wirklich nicht richtiger; denn egal, wie oft die Herren Merz, Dobrindt und leider eben auch Krichbaum versuchen, ein falsches Bild zu zeichnen: Es ist doch anders.

(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das sehen aber auch die Grünen und die FDP so! Die eigenen Koalitionspartner sehen das so!)

Das erfolgreiche Werben des Kanzlers für Allianzen hat vielmehr gezeigt, dass die Europäische Union auch in schwierigen, komplexen Situationen letztlich zu gemeinsamem Handeln fähig ist, und das ist wichtig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Zu spät!)

Abschließend möchte ich noch ein Wort zu dem verheerenden Erdbeben in der Türkei loswerden; denn wir leiden in der Tat mit, wenn wir uns die schrecklichen Bilder der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien anschauen müssen. Man kann nur mitleiden, wenn man diese Bilder sieht. Wir müssen sie aber nur am Fernseher oder über andere Medienkanäle verfolgen. Viele von denen, die glücklicherweise nicht verschüttet worden sind, müssen in eisiger Kälte ausharren. Deshalb ist es wichtig, dass Olaf Scholz den Betroffenen im Namen unseres Landes schnelle Hilfe zugesagt hat und dass wir auch sehr schnell Hilfe losgeschickt haben und auch weiter unterstützen, so gut es geht, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Ich habe zu Beginn kurz genannt, wie viele drängende Themen auf der Agenda des Gipfels stehen. Es ist gut, dass heute in der Regierungserklärung die Leitplanken noch mal benannt wurden. In diesem Sinne hoffe ich auf einen erfolgreichen und produktiven EU-Gipfel und bedanke mich herzlich für die Aufmerksamkeit.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550682
Wahlperiode 20
Sitzung 84
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum außerordentlichen EU-Rat
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