Valentin AbelFDP - Änderung des Regionalisierungsgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Deutschlandticket stellt einen Paradigmenwechsel dar. Im vergangenen Jahr habe ich hier gesagt, dass das 9‑Euro-Ticket den ÖPNV in diesem Land beflügeln wird, weit über seine Gültigkeit hinaus.
(Dorothee Martin [SPD]: Recht hat er!)
Und siehe da: Das Deutschlandticket steht in den Startlöchern. Das zeigt doch: Dieser Koalition liegt im Gegensatz zu vergangenen Regierungen der ÖPNV wirklich am Herzen, weil er der Baustein schlechthin für klimagerechte Mobilität der Zukunft ist.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mit diesem Ticket lichten wir quasi im Eiltempo mit der Machete den Dschungel verschiedener Systeme im deutschen ÖPNV. Zonen, Ringe, Kacheln, Waben – es hat doch niemand mehr verstanden; von Nutzerorientierung keine Spur. Das gehört endlich dem Ende an.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Deutschlandticket wird einfach; es wird bundesweit gültig, und dazu kommt noch, dass die 49 Euro ein sensationelles Angebot sind. In vielen Verkehrsverbünden – Hamburg wurde schon genannt; Köln und andere – sinken die Preise dadurch um ungefähr die Hälfte. Wer auf dem Land wohnt und weiß, was dort die Einzelfahrten kosten, weiß auch, dass sich das Deutschlandticket schon nach wenigen Fahrten rentiert hat.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sorgen also dafür, dass der Preis einerseits für möglichst viele erschwinglich ist, aber auch dafür, dass der Einstiegspreis angemessen ist, um die riesengroßen Herausforderungen, die auf den ÖPNV zukommen, stemmen zu können. Und, lieber Kollege Riexinger, da ist es unseriös, den Preis auch für die wohlbetuchtesten Nutzerinnen und Nutzer so tief anzusetzen, wie es für die sozial Bedürftigen notwendig ist. Die Länder haben die Möglichkeit, weiterhin Sozialtickets anzubieten. Aber ich glaube, dass diejenigen, die es können, den Preis zahlen sollten, und da ist 49 Euro ein sehr guter Einstiegspreis.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Abel, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder eine ‑bemerkung von Herrn Riexinger?
Ja.
Herr Abel, sind Sie nicht der Meinung, dass man bei Tickets keine Prüfung des Einkommens machen kann, sondern dass man es, wenn man einkommensorientiert Sozialpolitik machen will, über die Steuer machen muss?
(Beifall bei der LINKEN)
Sie können keine Prüfung machen. Deswegen ist Ihr Argument eigentlich falsch. Natürlich kann man billigere Sozialtickets für einkommensarme Schichten anbieten. Das scheint aber nicht in Ihrem Interesse zu sein.
Herr Riexinger, da muss ich eindeutig widersprechen. Es ist im Endeffekt tatsächlich so, dass das 49‑Euro-Ticket ein deutschlandweit gültiges Ticket ist zu einem Preis, der, auf einen Monat heruntergebrochen, ungefähr dem Betrag entspricht, den wir beim Bürgergeld für Mobilität bereitstellen.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Dann könnt ihr das ja kürzen!)
Wir waren in diesem Land noch nie so nah an dem Versprechen der Personenfreizügigkeit, sich im ganzen Land frei bewegen zu können, wie jetzt mit diesem Deutschlandticket.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das hat zuvor keine Regierung geschafft. Ich glaube, wer diesen Preis weiter senken will, kann es auf Landesebene ganz einfach machen, indem man zum Beispiel mit dem Bürgergeldbescheid das Ticket vielleicht für 20 Euro ausgibt. Da gibt es Möglichkeiten;
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Was ist denn mit denen, die kein Bürgergeld bekommen?)
die kann man nutzen. Aber deswegen sollte man nicht für die breite Mehrheit der Bevölkerung, die sich 49 Euro leisten kann, teilweise auch leisten will, den Preis ansetzen, der für die Einkommensschwächsten vielleicht vonnöten ist. Dann enden wir in einem System, bei dem wir tatsächlich eine Unterfinanzierung haben, der Service leidet und bei dem dann auch besonders Einkommensschwache unter einem schlechten Angebot leiden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das ist der Punkt. Es ist nicht nur eine Frage des Geldes, es ist auch eine Frage des Angebots, das Geld auf die Straße und auf die Schiene zu bringen. Da müssen wir feststellen, dass nahezu alle Bundesländer noch Nachholbedarf haben. Als Landei kann ich sagen: Der ÖPNV muss in der Fläche besser werden. Und wenn ich in Berlin bin und die Tage manchmal lang werden, stelle ich fest: Es muss teilweise auch das Angebot in den Randbezirken und in den Randzeiten des Tages besser werden.
Der ÖPNV muss darüber hinaus aber auch einheitlicher werden. Die Menschen wollen kein Studium der Raketenwissenschaften machen, um den Bus oder die Bahn zu nutzen. Die Leute wollen einsteigen, von A nach B kommen und keine Beförderungsbedingungen studieren. Das Deutschlandticket macht hier den Anfang.
Wenn ich mit dem Ticket in einem Bundesland ein Kind mitnehmen kann, im anderen einen Hund und in einem dritten weder Kind noch Hund, aber vielleicht ein Fahrrad, dann haben wir bei den Beförderungsbedingungen einen Wildwuchs, wie wir ihn aktuell bei den Verbünden und den Wabensystemen haben. Das darf nicht sein. Deswegen sind, denke ich, auch die Länder gefordert, einheitliche Beförderungsbedingungen für das ganze Land festzuzurren.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Final noch ein Gedanke: Wir haben in den letzten Wochen sehr viel über die Frage eines digitalen Tickets geredet. Ich habe aus allen Richtungen Nostalgie gespürt. Ich habe die Nostalgie nach dem Papierticket fast schon gerochen. Ich war vor Kurzem in London, habe einen Ticketautomaten gesucht und festgestellt: Den braucht man eigentlich gar nicht. Es gibt die Chipkarte, die vor Ort genutzt wird, oder ich drücke zweimal auf meine Smartwatch, checke ein und checke aus, und automatisch wird der günstigste Preis für die Route berechnet. Das ist Digitalisierung im ÖPNV, wie wir sie haben sollten. Dieses Land ist noch sehr weit davon entfernt. Hier schafft das Deutschlandticket die Basis, dass wir barrierefrei und zukunftssicher diese Lösungen haben, übrigens auch, damit wir Kosten und Einnahmen sehr gut aufeinander abstimmen können und nicht ländliche Bereiche abschneiden.
(Beifall bei der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die weitere parlamentarische Debatte für diesen Gamechanger der Mobilitätspolitik.
Ich danke Ihnen und auf Wiedersehen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Jan Korte [DIE LINKE]: Oh Mann, seid ihr modern!)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Ulrich Lange.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550785 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 85 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Regionalisierungsgesetzes |