09.02.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 85 / Tagesordnungspunkt 9

Serap GülerCDU/CSU - Friedensplan mit Sicherheitsgarantien für die Ukraine und Russland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den ursprünglichen Antrag vor mir hatte, in dem noch von historischer Verantwortung die Rede war, dachte ich ehrlicherweise, es muss sich um Satire handeln. Denn wer kann über historische Verantwortung sprechen und zeitgleich Mitglied der AfD sein?

(Enrico Komning [AfD]: Wir alle!)

Ich glaube, die Frage muss man sich an dieser Stelle stellen. Aber auch was den Titel des aktuellen Antrags, wo das Historische rausgenommen wurde, betrifft, muss man sagen: Wer Verantwortung und Frieden in Europa möchte, darf nicht gleichzeitig Mitglied der AfD sein.

(Tino Chrupalla [AfD]: Das haben Sie doch nicht zu bewerten! Das ist doch lächerlich!)

Das ist ein Widerspruch in sich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und der Abg. Jamila Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zweitens. Es ist im besten Fall Satire, wenn der Antrag von Sicherheitsgarantien für beide Seiten spricht.

(Matthias Moosdorf [AfD]: Das sagt Emmanuel Macron!)

– Das hat Emmanuel Macron am 5. Dezember gesagt. Danach hat er selbst diese Sprachregelung geändert. Er sagt heute: Russland muss diesen Krieg verlieren; die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen. – Darauf gehen Sie in Ihrem Antrag überhaupt nicht ein, weil es nicht zu Ihrem Narrativ passt. Dieser Antrag zeigt nämlich nur eines: Er macht deutlich, dass Sie hier wieder einmal nur die russische Propaganda in den Deutschen Bundestag hineintragen möchten. Das ist sehr, sehr durchsichtig.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich gerne den ersten Satz des Antrags zitieren:

Die europäischen Nationalstaaten müssen in einer sich herausbildenden multipolaren Weltordnung souverän und unabhängig über ihre Sicherheit entscheiden.

Wenn man es bei diesem Satz belassen hätte, wäre der Antrag sogar inhaltlich richtig gewesen. Aber das haben Sie nicht, und in allen weiteren Sätzen Ihres Antrages wird die russische Propaganda noch mal unterstrichen.

(Tino Chrupalla [AfD]: Welche denn?)

Am allerdeutlichsten zeigt sich das vonseiten der Fraktion der Putin-Versteher – wenn man das an dieser Stelle so sagen darf – auf der letzten Seite ihres Antrags mit der Forderung, die Sanktionen gegen die Russische Föderation aufzuheben. Man könnte denken, dass Ihnen dieser Antrag bei Ihrem letzten Kreml-Besuch zugeschoben worden ist; denn anders kann man sich das nicht erklären.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wer Frieden in Europa schaffen will, wer diesen schrecklichen Vernichtungskrieg, den Putin begonnen hat, gegen die ukrainische Zivilbevölkerung, gegen die Infrastruktur, gegen die Kultur der Ukraine, gegen all das, was die Ukraine heute ausmacht, beenden will, der muss sich heute hier gegen Putin stellen und darf sich nicht als Putin-Versteher zu verstehen geben.

Kollegin Güler, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Moosdorf aus der AfD?

Ich möchte nicht mit Rechtsradikalen sprechen. In dem Sinne: Nein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Wer diesen Krieg beenden möchte, der muss sich ganz klar gegen Putin stellen. Das gelingt Ihnen an dieser Stelle und auch in Ihrem Antrag nicht. Denn Putin ist der Einzige, der diesen Krieg beenden kann, indem er sich nicht nur schrittweise, so wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben, aus der Ukraine zurückzieht, sondern indem er sich sofort aus der Ukraine zurückzieht.

Die Ukrainerinnen und Ukrainer verteidigen tapfer ihr Land, ihre Freiheit, ihr Leben. Sie verteidigen dabei auch die Freiheit Europas. Wir liefern der Ukraine – das ist bei den Reden der Kollegen hier schon deutlich geworden – Kampfpanzer und Waffen, nicht, weil wir den Krieg verlängern wollen, wie Sie es unermüdlich immer wieder falsch behaupten. Wir liefern, damit das Leid der Menschen vor Ort ein Ende hat und die Ukraine mit Russland auf Augenhöhe verhandeln kann. In diese Situation müssen wir die Ukraine versetzen. Und das schaffen wir nicht nur mit Diplomatie. Es ist überhaupt nicht möglich, wenn sich nur einer an den Verhandlungstisch setzt; dazu gehören immer zwei. Dass Putin nicht dazu bereit ist, das wissen Sie.

Die Lehre der letzten zwölf Monate zeigt uns –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– ich komme zum Ende –: Wer keinen Krieg will, setzt nicht ausschließlich auf Diplomatie, sondern auch auf Abschreckung durch militärische Stärke. Dies würde der historischen und menschlichen Verantwortung Deutschlands gegenüber der Ukraine entsprechen und nicht das, was Sie hier von sich gegeben haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort Herrn Moosdorf.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550862
Wahlperiode 20
Sitzung 85
Tagesordnungspunkt Friedensplan mit Sicherheitsgarantien für die Ukraine und Russland
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