09.02.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 85 / Zusatzpunkt 3

Daniela LudwigCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Drohender Kollaps des System Kita

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein sehr ernst gemeintes Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion. Ich denke, es ist in der Tat richtig – ich vernehme entsprechende Töne eigentlich aus allen Fraktionen –, dass wir weniger mit Zuständigkeiten argumentieren sollten, sondern vielmehr die Frage angehen sollten, was wir als Parlament gemeinsam tun können – bei unterschiedlichen Akzentsetzungen. Der eine ist mehr für die Tagespflege, der andere mehr für die Institutionen, die es gut machen. Bei allen Unterschieden müssen wir uns klarmachen: Wir können Länder und Kommunen hier nicht alleinlassen. Wir haben als Bund die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass aus dem von uns beschlossenen Rechtsanspruch, der richtig ist, die entsprechenden Konsequenzen – Einrichtungen, Personal und Qualität – folgen. Das muss vor Ort stimmen.

Deswegen halte ich es durchaus für richtig, dass wir uns heute in diesem Haus mit dem Thema beschäftigen. In der Tat, der Anlass ist kein besonders schöner. Infolge des Rechtsanspruchs sind viele Hunderttausend Betreuungsplätze entstanden. Das war eine große Leistung in jedem einzelnen Bundesland. Ich will nicht mit dem Finger auf irgendjemanden zeigen, der da vielleicht nicht so gut ist; aber wir stellen natürlich fest – auch das ist politisch gewollt –: Wir brauchen mehr Betreuungsplätze, wir brauchen mehr Gebäude, mehr Räumlichkeiten, und natürlich brauchen wir auch – da haben Sie völlig recht – das Personal.

Unser Anspruch kann natürlich nicht sein – so war es vielleicht oftmals, und in manchen Köpfen mag das auch noch stecken –: „Hauptsache, gut aufgepasst und ein bisschen verwahrt am Vormittag“, und dann war es das. – Nein, ich glaube, die Einsicht ist mittlerweile überall angekommen: Es sind frühkindliche Bildungseinrichtungen, die wir brauchen,

(Beifall der Abg. Nina Stahr [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

auch wegen der Zuwanderung, auch wegen der vielen Kinder mit Migrationshintergrund, die bei uns aufwachsen. Wenn unser aller Ziel ist, dass sie gut integriert sind, dass sie mit einer guten deutschen Vorbildung nach der Vorschule in eine Grundschule gehen, müssen wir uns um die Kitas noch stärker kümmern, als das bisher der Fall war.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Nationalen Bildungsbericht – ich darf ja heute hier als Bildungspolitikerin sprechen –, den wir vor wenigen Wochen hier gemeinsam beraten haben, haben die Expertinnen und Experten den Fokus auf die Frage gelegt: Was machen wir angesichts des fehlenden Bildungspersonals? Wo können wir es herbekommen? Wie können wir es fördern? Es gab heute schon viele gute Ansätze:

Die Ausbildung muss stringenter werden; sie muss im Zweifel auch bezahlt werden. Sie muss kürzer werden – das sagen mir ganz viele Erzieherinnen und Erzieher –, gerade auch im Verhältnis zu anderen Ausbildungsberufen. Aber das werden wir so schnell nicht auf die Straße bringen; denn das braucht einfach Zeit.

Ja, auch die Bezahlung muss besser werden; da bin ich voll bei Ihnen. Mir sagen sehr viele Erzieherinnen und Erzieher, sie würden sich sehr freuen; denn Bezahlung ist auch Ausdruck von Wertschätzung. Bezahlung spiegelt Wertschätzung wider. Nur, weil man auf Kinder aufpasst, heißt das noch lange nicht, dass es nicht ein ausgesprochen anspruchsvoller und wichtiger Beruf ist.

(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht aber nicht nur um die Bezahlung und die Frage der Arbeitsverhältnisse; das ist oftmals auch ein bisschen trägerabhängig, wie wir alle wissen. Als zweiter Punkt erreicht, glaube ich, uns alle, die wir in Kindergärten und Krippen unterwegs sind, immer wieder vom Personal: Wissen Sie, es wäre so schön, wenn die Leute draußen mal verstehen würden, dass wir nicht nur am Vormittag dasitzen, die Kaffeetasse von links nach rechts schieben und ansonsten nicht sehr viel zu leisten haben. Wir möchten, dass einfach mal gesehen wird, was wir mit den Kindern zu tun haben, dass wir sie nicht nur in der Früh in Empfang nehmen und nachmittags wieder bei den Eltern abgeben, sondern dass wir dazwischen Bildung betreiben, dass wir aber auch Psychologen sind, Zuhörer, im Prinzip jemand, zu dem das Kind gehen kann, wenn es zu Hause Probleme gibt, jemand, dem man sein Herz ausschütten kann und der dann aber auch weiß, wie er damit umzugehen hat. – Das ist eine große Herausforderung für uns im Bildungsbereich, nicht nur für die Lehrer, sondern natürlich auch vorher in den Kitas.

Deswegen, glaube ich, sollten wir uns hier auf Bundesebene dazu einmal bekennen und in der Tat sagen: Ja, aus den 2 Milliarden Euro werden jetzt 4 Milliarden Euro. – 2 Milliarden Euro waren es übrigens vorher schon; klingt zwar schön, aber das gab es vorher schon. Jetzt also 2 Milliarden Euro drauf. Stattdessen 248 Millionen Euro minus für die Sprach-Kitas – schade. Frühkindliche Bildung hätte gelehrt, dass das ein Fehler ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber ich glaube, wenn wir uns hier zusammentun und versuchen, Kommunen und Ländern – insbesondere Kommunen, denen wir gerne sehr viele Aufgaben aufdrücken, ohne uns nachher darum zu kümmern, ob es gut funktioniert – zu helfen, jetzt wirklich zügig gegen diesen drohenden Kollaps vor Ort im Sinne der Eltern, aber insbesondere im Sinne der Kinder einzuschreiten, befinden wir uns auf einem sehr guten Weg. Lassen Sie es uns gemeinsam machen; denn es sind unsere Kinder, und sie sind unsere Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, weise ich noch mal darauf hin, dass in knapp zehn Minuten die Wahlurnen geschlossen werden. Falls jemand noch Bedarf sieht – und das gilt auch für die Lobby –: In knapp zehn Minuten werden die Wahlurnen geschlossen. Es wäre schön, die Stimmen noch abzugeben.

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ricarda Lang, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550885
Wahlperiode 20
Sitzung 85
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Drohender Kollaps des System Kita
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