09.02.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 85 / Tagesordnungspunkt 14

Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Zentralisierung der Rechtsdienstleistungsaufsicht

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich mache jetzt etwas, was ich selten mache und was für einen Oppositionspolitiker wahrscheinlich auch sehr ungewöhnlich ist: Ich beginne mit einem Lob an die Koalition; denn mit diesem Gesetzentwurf machen Sie eigentlich alles richtig.

(Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt können Sie aufhören mit Ihrer Rede! – Wolfgang Kubicki [FDP]: Und jetzt setzen!)

– Fast. Der Tadel kommt später noch, Herr Kubicki, keine Sorge. – Aber dass Sie alles richtig machen, ist eigentlich gar nicht so verwunderlich; denn im Kern machen Sie nämlich eine Auftragsarbeit.

Wir als Große Koalition und insbesondere wir als Union haben in der letzten Wahlperiode sehr darauf gedrungen, dass die Aufsicht über das Inkassowesen zentralisiert wird, dass sie verbessert wird. Wir haben nicht nur einen Bericht vom Justizministerium und die Beteiligung der Länder abgefordert, wir haben sogar einen eigenen Entschließungsantrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, der genau das eingefordert hat, was Sie jetzt umsetzen. Insofern ist das eine Auftragsarbeit von uns. Das ist schon mal nicht schlecht. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der Sache ist die Zentralisierung der Aufsicht in der Tat richtig; denn gerade im Inkassobereich gibt es natürlich auch unseriöse Geschäftspraktiken. Auch dort gibt es schwarze Schafe; das darf man nicht vergessen. Das Inkassowesen ist ein ganz wichtiger Bereich. Man geht davon aus, dass über das Inkassowesen etwa 5 Milliarden bis 10 Milliarden Euro in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Das ist nicht nur für Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig; es ist insbesondere auch für kleine und mittlere Unternehmen ein wichtiger Faktor, dass sie auf seriöse Inkassounternehmen zurückgreifen können. Dafür ist die Aufsicht sehr wichtig.

In der Tat ist es momentan so – Herr Staatssekretär, Sie haben es dargestellt –: Die Aufsicht ist bislang auf 38 verschiedene Stellen zersplittert. Das hat was damit zu tun, dass die Länder zuständig sind, die das ihrerseits auf Staatsanwaltschaften, auf Gerichte delegiert haben. Allein in Niedersachsen sind es 14 unterschiedliche Stellen. Das macht eben schon sehr deutlich, welchen Flickenteppich wir dort haben.

Es kommt hinzu, dass es manchmal ein gewisses Nischendasein war, das die Inkassoaufsicht gefristet hat. Es war ein bisschen ein ungeliebtes Kind, eine Aufgabe, die bei den Gerichten mit erledigt wurde. Da gab es eine Stelle, die dafür zuständig war, und wenn die dann mal über einen längeren Zeitraum nicht besetzt war, dann gab es eben gar keine Aufsicht. Das war schlecht.

Deswegen ist es richtig, dass wir dieser Zersplitterung, dass wir diesem Flickenteppich ein Ende setzen, dass wir diese uneinheitliche Rechtspraxis, die sich dadurch ausgebildet hat, jetzt vereinheitlichen, weil es bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern und bei den Unternehmen natürlich zu einer Konfusion gekommen ist: An wen wende ich mich denn eigentlich, wenn es ein Problem gibt? – Das wird zukünftig nicht mehr so sein, sondern man kann sich beim Bundesamt für Justiz melden. Das ist richtig und sorgt für mehr Verbraucherschutz, das ist gut für die Unternehmen. Das führt auch dazu, dass ein Forum Shopping nicht mehr möglich ist. Es ist also nicht mehr möglich, dass man sich aussucht, zu welcher Aufsicht man geht, und dass man sich dort ansiedelt, wo die Aufsicht vielleicht ein bisschen lascher ist. All das wird damit abgeschafft, und das ist gut so, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben die Systematisierung der Bußgeldvorschriften angesprochen. Es ist richtig und gut, dass Widersprüche, die es dort gibt, beseitigt werden. Es war ja auch nicht erklärlich, dass die unbefugte Erbringung einer rechtsanwaltlichen Dienstleistung nicht sanktionsbewehrt war, dass aber andere Dienstleistungen, etwa das Inkasso nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz, ordnungswidrig war, obwohl die rechtsanwaltliche Tätigkeit eigentlich eine viel weiter gehende Sache ist; man hätte es also genau andersrum halten müssen. Dass diese Widersprüche jetzt beseitigt werden, auch das trägt zur Einheitlichkeit und zur Übersichtlichkeit bei.

Man würde also sagen: Nichts zu meckern. Ich darf insoweit ankündigen: Wir werden als Union diesem Gesetz zustimmen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Aber jetzt kommt der Tadel, den ich vorhin schon angesprochen habe, nämlich für all das, was in diesem Gesetzentwurf nicht geregelt ist. Davon gibt es tatsächlich eine ganze Menge. In der Expertenanhörung, die wir zu diesem Gesetzentwurf gemacht haben, da gab es eine große Einigkeit. Wir haben heute eine große Unklarheit, was denn eigentlich als Dienstleistung unter das Rechtsdienstleistungsgesetz zu subsumieren ist. Wie weit reicht denn eigentlich eine solche Inkassolizenz? Welche vielfältigen Tätigkeiten, die Legal-Tech-Unternehmen heute anbieten, fallen unter das Rechtsdienstleistungsgesetz und können mit einer Inkassolizenz betrieben werden?

Wir haben dazu eine Rechtsprechung des BGH, die aber die Unsicherheit im Markt bislang nicht beseitigt hat. Da, muss man sagen, gibt es in diesem Gesetz eine große Leerstelle. Sie packen das nicht an. Man muss sagen, das wäre notwendig gewesen, weil es nämlich fundamentale Unterschiede in der Bewertung gibt. Sie wissen das alles. Die BRAK beispielsweise betont eher den Ansatz, man müsse im Bereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes strenger regulieren, die Legal-Tech-Unternehmen einer strengeren Aufsicht, einer strengeren Regulierung unterwerfen, wohingegen andere sagen: Nein, das Berufsrecht für Rechtsanwälte, das müsste man flexibilisieren, sodass man dort gleiche Wettbewerbsbedingungen hat.

Ich persönlich – das darf ich am Schluss sagen – habe eine große Sympathie dafür, dass man Angebote wie Flightright, wie wenigermiete.de, für die es ja eine große Nachfrage gibt, –

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

– nicht wegreguliert, auch wegen des Verbraucherschutzes. Deswegen bin ich eher für eine Öffnung der Bundesrechtsanwaltsordnung, sodass man dort gleiche Chancen im Wettbewerb hat.

Herr Kollege Luczak, genau deshalb kommen Sie jetzt bitte zum Schluss: wegen der gleichen Wettbewerbsbedingungen.

Deshalb sage ich jetzt meinen letzten Satz: Das ist auch zu machen, ohne die anwaltlichen Core Values der Unabhängigkeit und der Verpflichtung auf Recht und Gesetz aufzugeben. Meine Erwartung ist, dass Sie hier einen großen, einen mutigen Schritt – –

Ich habe Ihnen jetzt das Wort entzogen; aber der Anfang Ihrer Rede war ausgezeichnet. Vielen Dank.

(Heiterkeit)

Nächste Rednerin ist die Kollegin – Entschuldigung – ist der Kollege Esra Limbacher, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550945
Wahlperiode 20
Sitzung 85
Tagesordnungspunkt Zentralisierung der Rechtsdienstleistungsaufsicht
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