Gerald UllrichFDP - Regulierung kleiner und mittlerer Unternehmen
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Normalerweise würde jetzt mein Kollege Manfred Todtenhausen hier vor Ihnen stehen, weil er der eigentliche Berichterstatter ist; aber er ist, wie man so schön sagt, KzH, krank zu Hause. Ich wünsche ihm von der Stelle aus alles Gute, gute Genesung und baldiges Wiederkommen.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)
Bürokratieabbau an sich ist wirklich das einfachste Mittel, um Betriebe zu entlasten. Wir alle sind ja wahrscheinlich sehr oft in Firmen und Betrieben zu Besuch. Ich stelle zum Schluss meiner Besuche eigentlich immer die Frage: Wenn jetzt eine gute Fee da wäre und ihr hättet drei Wünsche, was würdet ihr euch wünschen? Da kommen eigentlich immer wieder dieselben Dinge; das ist auch gar nicht verwunderlich. Die Prioritäten wechseln, aber es werden genannt: Fachkräftemangel, Bürokratie, Energiepreise, Steuern und Fördermittel.
Seit einiger Zeit steht das Thema Fachkräftemangel vorn; aber gleich danach kommt die Bürokratie, weil den Firmen inzwischen klar geworden ist: Wenn wir die Bürokratie bearbeiten wollen, können wir das nur mit Fachkräften. Wir können keine Ungelernten oder Hilfskräfte dransetzen, um die Bürokratie zu bearbeiten. – Das ist ein riesengroßes Problem, was den Unternehmern inzwischen auch wirklich klar geworden ist.
Bürokratieabbau heißt ja nicht, die Belastungen langsamer ansteigen zu lassen, sondern dafür zu sorgen, dass sich die Belastungen wirklich verringern. Die Koalition hat sich den Bürokratieabbau als Gemeinschaftsaufgabe der Regierung auf die Fahne geschrieben. Natürlich arbeiten wir auch an einem Bürokratieentlastungsgesetz bzw. Bürokratieabbaugesetz. Außerdem hat das Finanzministerium – das wurde heute Abend schon mehrfach erwähnt – ja auch einen umfassenden Steuerbürokratieabbau angekündigt.
Wir lassen Bürokratieabbau jetzt aber nicht mehr nebenbei laufen wie in der Vergangenheit. Vielmehr wurde ein Staatssekretärsausschuss unter Leitung von Benjamin Strasser, dem ich jetzt leider nicht mehr zum Geburtstag gratulieren kann, ins Leben gerufen,
(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Staatssekretäre habt ihr ja!)
der in wirklich kurzen Abständen – politisch kurze Abstände sind Quartale – Arbeitsanweisungen und neue Vorschläge erarbeitet. Jedes Ministerium ist hier zur Zusammenarbeit aufgefordert und verpflichtet, Vorschläge zu machen und diese dann auch in die Tat umzusetzen. Damit kommt endlich Bewegung in die Initiative.
Hinzu kommt die Verbändeabfrage, wodurch strukturiert die aktuellen und wichtigen Punkte gesammelt werden. Diese sollen dann abgearbeitet werden. Für die Rückmeldungen gibt es die Frist – das ist ja ein konkretes Datum – bis zum 17. Februar 2023.
Auch dem Nationalen Normenkontrollrat, der heute schon erwähnt wurde, müssen wir natürlich mehr Beachtung schenken. Immerhin bringt er mit seinen Handlungsanweisungen Praxisnähe zum Ausdruck. Gerade der Normenkontrollrat soll ja abschätzen, wie hoch bei Gesetzen der verursachte bürokratische Aufwand im Vergleich zum Nutzen ist.
Neu im Bereich des Bürokratieabbaus ist der Digitalcheck, den jetzt alle Ressorts anwenden und der vorab Auswirkung der Gesetzgebung abbilden kann. Damit wird Bürokratie verhindert, bevor sie überhaupt entsteht. Denn am besten verhindern wir Bürokratie beim Schreiben von Gesetzen. Dessen müssen wir uns bewusst sein.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Esra Limbacher [SPD] und Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Zusätzlich wird auch der Praxischeck häufiger angewendet. Damit werden endlich auch die Umsetzungsprobleme, mit denen sich die Menschen vor Ort auseinandersetzen müssen, mehr beachtet. Der Praxischeck zum Betrieb der PV-Anlagen im gewerblichen Bereich hat gezeigt, dass hier wirklich großes Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Wer von Ihnen jemals versucht hat, in seiner Firma eine PV-Anlage aufs Dach zu setzen, was ja eigentlich ganz einfach sein sollte, weiß, welche bürokratischen Hürden, die einfach nur auf dem Papier stehen, die keinerlei technische Relevanz haben, es noch abzubauen gilt. Da können wir wirklich noch sehr viel tun.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zurufe von der AfD)
Wichtig für den Bürokratieabbau ist auch die Digitalisierung von Prozessen. Am besten wäre es, wenn es uns gelingt, eine One-Stop-Shop-Lösung für Gewerbe und Industrie in Deutschland zu schaffen. Dafür brauchen wir aber auch die Länder. Sie müssen mitziehen, damit wir das vielgelobte Once-Only-Prinzip – auch das wurde heute schon mehrfach hier angesprochen – in die Tat umsetzen können. Ich halte das wirklich für extrem wichtig.
Neben diesen Bemühungen gibt es noch andere Bereiche, wo Mittelständler von Bürokratie entlastet werden können; denn es gibt ja nicht nur die Bürokratie als solche beim Umgang mit Steuern und anderen Vorschriften. Es gibt zum Beispiel auch in den Förderprogrammen Hürden. Die wurden auch schon erwähnt. Es gibt ZIM, es gibt IGF, es gibt INNO-KOM, um nur einige Beispiele zu nennen.
Wir haben bei ZIM einige Probleme – die Hinweise kann der Herr Staatssekretär gerne ins Wirtschaftsministerium mitnehmen –: Wir haben neuerdings eine Beantragungsfrist von zwei Jahren. Das heißt, ein und dieselbe Firma darf nur noch alle zwei Jahre einen neuen Antrag stellen. Man denkt zwar, es wird so mehr Geld in die Breite gestreut; aber es geht ja nicht um ein Gießkannenprinzip, sondern um den Kampf um die beste Idee. Bei IGF ist die Definition der KMUs problematisch. Und bei INNO-KOM haben wir – ich weiß, ich nerve mit diesem Begriff – das Besserstellungsverbot, dem wir uns irgendwann entziehen müssen.
Kommen Sie zum Schluss, bitte.
Meine Damen und Herren, 1990 habe ich selber eine Firma gegründet. Ich weiß, dass damals noch vieles anders und vieles einfacher war.
Lieber Kollege Ullrich, bitte.
Wir sollten dazu zurückkehren, den einfachen Weg zu gehen. Dann werden wir auch mehr Erfolg haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Ullrich. – Als Nächster hat das Wort der Kollege Dr. Carsten Linnemann, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Jetzt wird es gut! Jetzt kommen die Profis!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550962 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 85 |
Tagesordnungspunkt | Regulierung kleiner und mittlerer Unternehmen |