Kaweh MansooriSPD - Verwaltungsgerichtliche Verfahren im Infrastrukturbereich
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute wieder über das Deutschlandtempo, und das ist ein gutes Signal in die Republik. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass wir bei den wichtigen Projekten zügig entscheiden, zügig Rechtssicherheit schaffen und zügig umsetzen. Das ist kein Selbstzweck, sondern die notwendige Bedingung für den Erhalt unserer natürlichen Lebensbedingungen und für den Wohlstand in unserem Land. Deswegen ist das heute ein guter Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns hier mit dem Deutschlandtempo befassen. Wir haben im letzten Jahr mit den LNG-Terminals vorgemacht, dass es möglich ist, wenn man will. Wir haben auch im Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energien und beim Netzausbau gezeigt, mit welchen Instrumenten wir eine schnelle und zügige Umsetzung zum Regelfall machen können. Verehrter Kollege Mayer, es gilt in der Debatte um das Deutschlandtempo, dass wir nicht auf andere Bereiche warten, sondern dass jeder Mosaikstein eingesetzt wird, dass jeder Stein umgedreht wird, und deswegen ist der Gesetzentwurf heute auch ein wichtiger Beitrag.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist doch vollkommen unbestritten, dass die großen Potenziale für die Beschleunigung an anderen Stellen liegen, etwa bei der ausreichenden Ausstattung mit Personal in Verwaltung und Behörden, dabei, einfache, leicht vollziehbare Gesetze im materiellen Recht zu machen, die wenig Anlass zu Streit bieten, bei schlanken behördlichen Verfahren und bei der Digitalisierung. Aber das heißt doch nicht, dass wir in anderen Bereichen gar nichts tun, sondern jeder muss seinen Beitrag leisten, Kolleginnen und Kollegen. Deswegen ist das ein gutes Gesetz.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich will die acht zentralen Bausteine hier noch einmal hervorheben:
Erstens. Wir sorgen für einen gesunden Pragmatismus im Eilrechtsschutz und ermöglichen es den Gerichten, dass sie, wenn sie auf entscheidungserhebliche Fehler stoßen, diese außer Acht lassen können, wenn offensichtlich ist, dass sie behebbar sind und auch zeitnah behoben werden. Sie haben gesagt, das sei unbestimmt. Ich würde sagen: Das schafft ein Maximum an Flexibilität für die Gerichte. Deswegen ist das ein guter Beitrag.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zweitens. Wir sorgen für Fairness bei der Kostenverteilung. Wenn jemand vor Gericht geht und auf einen Fehler aufmerksam macht, was dann dazu führt, dass dieser korrigiert wird, er aber alleine aufgrund der neuen Vorschrift verliert, dann soll er nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Deswegen sorgen wir dafür, dass die Kosten an dieser Stelle vom Staat getragen werden. Das ist ein Grundsatz der Fairness. Das ist gut so, Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Drittens. Es wird künftig – das haben Sie gar nicht angesprochen – strengere Regeln für die Kläger geben. Sie müssen bei Infrastrukturvorhaben nämlich künftig innerhalb von zehn Wochen ihre Beweismittel und Argumente vortragen. Es ist wichtig, dass wir zügig den Prozessstoff zusammenhaben, damit die Gerichte entscheiden können. Das wird einen entscheidenden Beitrag zur Beschleunigung gerichtlicher Verfahren leisten.
Viertens. Wir werden auf die Erwiderungsfrist für die Beklagten verzichten, weil die Sachverständigenanhörung deutlich gemacht hat, dass das auch kontraproduktiv sein kann.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Zum Glück!)
Trotzdem gibt es einen Grund, darüber nachzudenken. Der Grund ist, dass insbesondere bei den Gerichten der Länder Akten häufig monate- und jahrelang herumliegen. Den Gerichten würden wir nicht mit einer Frist helfen, sondern damit, sie anständig mit Personal zu versorgen. Da warte ich auch auf Beiträge aus den CDU-geführten Ländern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Fünftens. Es wird die Priorisierungsspur geben. Gerichte sollen Infrastrukturvorhaben priorisieren. Die Infrastrukturvorhaben, die mit einem überragenden öffentlichen Interesse verbunden sind, also erneuerbare Energien und Netzausbau, sollen sie besonders priorisieren, es wird also eine linke Spur und eine Busspur geben. Aber auch das wird nur funktionieren, wenn wir Gerichte mit ausreichend Personal, mit Richterinnen und Richtern, mit wissenschaftlichen Mitarbeitern ausstatten. Ich bin ganz gespannt, wie sich diejenigen in der Debatte positionieren, die heute so tun, als sei das kein Thema.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sechstens. Dieses Gesetz sorgt dafür, dass Personal effizienter eingesetzt wird. Es war ein großer Wunsch der Justiz selbst, dass die Richter an den Oberverwaltungsgerichten und am Bundesverwaltungsgericht mit kleinerer Besetzung entscheiden können; denn sie sollen sich nicht mit unzulässigen Klagen auseinandersetzen, sondern eben dafür sorgen, dass die Aktenberge abgearbeitet werden.
Siebtens: der frühe erste Termin. Wir wollen ja gar nicht, dass es ihn in allen Verfahren gibt, sondern immer nur dann, wenn die Gerichte selbst der Auffassung sind, dass er einen Beschleunigungseffekt hat. Ich habe großes Vertrauen in unsere Justiz, und Sie sollten das vielleicht auch haben.
Achtens. Wir sorgen für weitere Digitalisierung. Wir wollen durchsuchbare Dokumente an Gerichten zum Regelfall machen. Wichtig wird aber auch sein, dass die Aktenführung selbst auch künftig digitalisiert wird. Daran werden wir in den nächsten Monaten weiter arbeiten.
Wenn ich mir die Kritik der CDU/CSU der letzten Wochen ansehe, stelle ich fest: Sie hat sich in Luft aufgelöst.
(Widerspruch bei der CDU/CSU)
Sie können die Sachverständigen nämlich nicht nur dann zitieren, wenn es Ihnen passt, sondern Sie müssen sich auch schon ansehen, was sie gefordert haben. All das, was sie gefordert haben, steckt auch in diesem geänderten Gesetzentwurf. Deswegen ist er auch ein guter.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ferner sagen Sie, die Unbeachtlichkeitsregel sei Ihnen nicht radikal genug. Es geht auch darum, Gesetze zu machen, die am Ende des Tages umsetzbar sind. Ich habe mir gestern noch angehört, was der Kollege Ploß zum Thema Planungsbeschleunigung von sich gegeben hat, als es hier eigentlich um die Binnenschifffahrt ging.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Susanne Menge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Er fordert Sachen, die glasklar europarechtswidrig sind. Wenn wir von Andreas Scheuer eines in den letzten Jahren gelernt haben, dann, dass wir hier im Bundestag keine Sachen beschließen sollten, die anschließend in Europa einkassiert werden. Das hat den Steuerzahler 2 Milliarden Euro gekostet.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Deswegen werden wir an dieser Stelle auch zügig weiterarbeiten. Es gibt viele Gesetzentwürfe, die parallel bearbeitet werden. Wir sind sehr gespannt auf Ihre konstruktiven Vorschläge. In dieser Debatte haben Sie keine gemacht,
(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Doch!)
außer fünf lieblose Spiegelstriche, die eigentlich alle erledigt sind.
(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Ich habe gesagt, wie man den § 80c ausgestalten müsste!)
In der Diskussion um Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung sind mit dem Rotmilan und dem Schwarzstorch zwei Vögel zitiert worden. Deswegen will ich mit zwei Vögeln schließen, die noch nicht genannt wurden: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.
Wir bitten um Zustimmung.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist der Anspruch der Ampel? Das war ja peinlich!)
Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Tobias Matthias Peterka.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551012 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 86 |
Tagesordnungspunkt | Verwaltungsgerichtliche Verfahren im Infrastrukturbereich |