Johannes ArltSPD - Härtefallhilfen gegen hohe Energiepreise
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bäckerei von Andreas Lange ist in dem 350-Seelen-Ort Gnevkow in der Mecklenburgischen Seenplatte für die Gemeinde unerlässlich. Sie ist die einzige Bäckerei, ja, das einzige Geschäft im Dorf. In welchen kleinen Dörfern hat man heutzutage noch Bäckereien? Sie ist ein zentraler Ort für die Nahversorgung mit Lebensmitteln und darüber hinaus natürlich auch ein wichtiger Treffpunkt für die dörfliche Gemeinschaft.
Aber die Bäckerei heizt wie viele Unternehmen mit Öl und hatte 2022 Mehrkosten von 12 000 Euro im Vergleich zu 2020. Das ist eine stolze Summe für einen kleinen Handwerksbetrieb. Sie musste ihre Preise im letzten Jahr dreimal erhöhen. Die nächste Preiserhöhung steht zum 1. März dieses Jahres bevor. In einer strukturschwachen Gegend heißt das natürlich, dass eine Bäckerei, ein solcher kleiner Handwerksbetrieb auch perspektivisch in der Existenz bedroht ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle werden ähnliche Beispiele aus Ihren Wahlkreisen kennen: Handwerksbetriebe, die Ihnen schreiben, Unternehmen, die Ihnen schreiben.
(Nadine Schön [CDU/CSU]: Ja!)
Wir sollten daher die Dramatik dieser Situation bedenken und über die Unterstützung der Unternehmen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit diskutieren.
In Deutschland heizen nun mal noch viele Unternehmen mit Öl, Flüssiggas, Holz, Pellets, vornehmlich auf dem Land,
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wir wissen das!)
teils mangels Alternativen. Große Investitionen in Nahwärmenetze haben sich in den letzten Jahren auf dem Land eher nicht gelohnt. Die Menschen und die Unternehmen waren auf nichtleitungsgebundene Energieträger angewiesen. Teils – das haben Sie von der Union erwähnt – haben wir die Unternehmen auch zum Fuel Switch motiviert und ermuntert. Auch das ist klar.
Dass wir aber jetzt mittelständische Betriebe und Unternehmen unterstützen, ist eine Frage der Gerechtigkeit zwischen Stadt und Land, ist eine Frage der gleichwertigen Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land. Wir als Ampelkoalition haben auf die extremen Preissteigerungen im Energie- und Wärmebereich mit Preisbremsen und Härtefallhilfen reagiert.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Houben [FDP])
Wir haben einen Rettungsschirm mit 200 Milliarden Euro aufgespannt, unter dem alle Platz haben. Wir haben die vorausgesagte erdrutschartige Rezession verhindern können. Was haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, hier in den letzten Monaten nicht für Schreckensnachrichten verbreitet? „ Größere Rezession als in der Pandemie“, „immenses Minuswachstum“. Nichts davon, gar nichts ist eingetreten. Während Sie noch mit Alarmismus beschäftigt sind, haben wir schon gehandelt, ehe Sie es gemerkt haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist fast komisch. Denn eigentlich stellt eine Opposition immer Anträge und Forderungen, die noch nicht erfüllt sind. Sie aber stellen hier permanent Anträge, die sich durch das Handeln der Koalition bereits erledigt haben.
(Nadine Schön [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch! – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielleicht, liebe Union, müssen Sie sich noch an das neue Deutschlandtempo gewöhnen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Da muss er selber lachen!)
Aber zurück zum Härtefallfonds. Unsere mittelständische Wirtschaft ist heterogen. Viele Unternehmen heizen eben noch mit Gas, im ländlichen Raum auch mit Holz, Flüssiggas und Pellets. Die Bedeutung der kleinen Betriebe auf dem Land habe ich versucht zu skizzieren. Es ist daher eine sehr gute und wichtige Nachricht, dass wir als Koalition im Januar die Mittel für den Härtefallfonds KMU bereitgestellt und entsperrt haben. Daher ist eine Kernforderung Ihres Antrags ja nun bereits erfüllt. Wir entlasten damit Unternehmen, die von enormen Sprüngen bei den Energiekosten betroffen sind, Unternehmen, die nicht oder nicht ausreichend durch die Gaspreisbremse entlastet werden. Insgesamt haben wir, wie es hier bereits gesagt wurde, 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt und 400 Millionen Euro davon jetzt bereits freigegeben. Das ist ein ganz wichtiges Signal für alle Unternehmen in unserem Land: Wir lassen niemanden allein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die konkrete Ausgestaltung der Hilfen obliegt nun den Ländern. Daher müssen wir nun die Stärken des föderalen Systems nutzen. Passgenaue Lösungen für die jeweilige Wirtschaftsstruktur sind erforderlich, und nicht jede Lösung für NRW passt dann auch in Mecklenburg-Vorpommern. Wir sollten diese föderalen Stärken unbedingt nutzen. Diese können durch die Härtefallfonds der Länder sinnvoll ergänzt werden.
Andererseits müssen wir aufpassen, dass der Föderalismus kein Hemmschuh wird. Im engen Zusammenspiel zwischen Bundesregierung, Bundestag und den Landesregierungen sollten wir darauf achten, dass die Lösungen bürokratiearm, effizient, schnell und möglichst digital sind; denn die Ernsthaftigkeit der Lage erfordert Effizienz und Schnelligkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, erwarte ich, dass Sie mit der gleichen Vehemenz wie heute im Plenum auch gegenüber Ihren Landesregierungen dafür eintreten, dass diese ihre Landeshärtefallfonds auch endlich ausgestalten.
(Nadine Schön [CDU/CSU]: Sie auch bei Ihren!)
Die Entlastungen für Bäckereien wie die von Andreas Lange in Gnevkow, für Unternehmen, die jetzt noch mit Öl, Flüssiggas, Holz und Pellets heizen, sind für die Wirtschaftsstruktur, aber auch für die Nahversorgung in ländlichen Räumen unerlässlich. Handeln wir also angesichts der Ernsthaftigkeit der Situation schnell und effizient! Ihr Antrag trägt dazu leider nichts Substanzielles bei und ist in der Hauptsache bereits erledigt. Daher werden wir ihn ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das Wort hat die Kollegin Nadine Schön für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551042 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 86 |
Tagesordnungspunkt | Härtefallhilfen gegen hohe Energiepreise |