Nadine SchönCDU/CSU - Härtefallhilfen gegen hohe Energiepreise
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Habeck, Sie haben ein Kinderbuch geschrieben mit dem Titel „Kleine Helden, große Abenteuer“. Darin kommen Kapitel vor wie „Wer springt zuerst?“ oder „Warten ist wie Kaugummi“. Und genau diese Titel könnte man auch dem Schauspiel geben, das Sie, liebe Bundesregierung, uns hier in den letzten Monaten in Sachen Energiehilfe präsentieren.
(Reinhard Houben [FDP]: Da klatscht noch nicht einmal Ihre eigene Fraktion! – Gegenruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wir hören zu!)
Es sind ein Hin und Her, ein Vor und Zurück und vor allem viel Wartezeit für Menschen, die keine Zeit mehr haben, um zu warten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es warten die Privatleute, die mit Öl und Pellets heizen.
(Zuruf der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Frau Kollegin, ich weiß nicht, was lustig daran ist. Mich erreichen jeden Tag die Fragen von Menschen bei uns im ländlichen Raum. Im Saarland heizen mehr als ein Drittel der Menschen mit Öl und auch viele – sie sind umgestiegen – mit Pellets. Die warten darauf, dass sie endlich ihre Anträge stellen können, und finden es überhaupt nicht witzig, dass es so lange dauert.
(Beifall bei der CDU/CSU – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können sie schon längst, weil das für Privathaushalte überhaupt kein Thema im Haushaltsausschuss war! Sie müssen schon lesen können, worum es geht!)
Genauso ist es bei den Unternehmen, die mit Öl und Pellets heizen. Da reicht es nicht, Herr Arlt, dass Sie das hier ankündigen; es geht darum, dass Sie es endlich umsetzen. Dieses Hin und Her ist wirklich unwürdig.
Ich will aber heute gern den Blick auf die Hochschulen werfen. Viele Hochschulen hängen genauso in der Luft, und das mit wirklich dramatischen Auswirkungen. Wir hatten in dieser Woche eine Anhörung im Ausschuss. Die Hochschulen in Deutschland, gerade die führenden technischen Hochschulen – die RWTH Aachen, die TU Berlin, das KIT in Karlsruhe –, leisten Spitzenforschung, bringen bahnbrechende Innovationen hervor, machen Grundlagenforschung gemeinsam mit Weltkonzernen, mit mittelständischen Unternehmen, mit Start-ups in Bereichen, die für uns wichtig sind: in der Forschung gegen Krankheiten, in der Bekämpfung des Klimawandels.
Sie bringen Spitzenforschungsleistungen hervor, haben aber auch Spitzenenergieverbräuche, weil sie eben Großgeräte besitzen. Da ist etwa der Große Wellenkanal an der Leibniz Universität in Hannover. Da sind viele Hoch- und Höchstleistungsrechner. Das alles kostet Energie. Allein die TU 9, also diese hochinnovativen Hochschulen, rechnen mit 3 bis 15 Millionen Euro Mehrkosten infolge von Preissteigerungen pro Universität. Und die beschreiben sehr eindrücklich, dass das jetzt schon Konsequenzen hat. Die Geräte laufen nicht mehr;
(Reinhard Houben [FDP]: Aber doch nicht mit Pellets, Frau Kollegin!)
sie stellen deren Betrieb ein. Das hat Konsequenzen auf Forschung, das hat Konsequenzen auf die Lehre.
(Zuruf der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Hier brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln. Hören Sie sich an, was die Hochschulen berichten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die betreiben doch keine Hochleistungsrechner mit Pellets!)
Viele von ihnen wissen nicht, wie sie die Kosten bewältigen sollen. Viele von ihnen wissen nicht einmal, ob die Preisbremse für sie gilt. Da geht es nicht nur um die Hochschulen, die mit Pellets heizen; es geht um alle, Frau Kollegin. Bevor Sie hier den Kopf schütteln, empfehle ich Ihnen wirklich, sich mit diesem wichtigen Thema zu beschäftigen; denn wir brauchen die Hochschulen, wir brauchen die Forschungseinrichtungen für all das, was wir in den nächsten Jahren noch bewältigen wollen. Wir können es uns nicht leisten, dieses Innovationspotenzial brachliegen zu lassen, nur weil die Hochschulen verunsichert sind und keine klaren Aussagen von dieser Bundesregierung bekommen, wie ihnen jetzt konkret geholfen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU – Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verunsichern, weil Sie es nicht verstanden haben!)
Den Vogel schießt die Regierung bei den Studentinnen und Studenten und den Fachschülern ab. Frau Stark-Watzinger erklärt seit September, dass Hilfen für die Studenten kommen. Angekündigt wird alle zwei Monate neu, Hilfen sind bis heute noch nicht da. Was aber da ist, sind die Nebenkostensteigerungen. An der Universität Saarbrücken gab es vom Studentenwerk mittlerweile die dritte Nebenkostensteigerung für diejenigen, die in den Studentenwohnheimen wohnen. Wir haben eine galoppierende Inflation, Brot, Butter, Gemüse, alles wird teurer, aber die Studenten werden nicht entlastet. Mittlerweile verteilt der AStA dort sogar Carepakete, und es gibt Brandbriefe. Die StuPa-Vorsitzende lässt sich mit dem Satz zitieren: „Die Studierenden sind finanziell und auch mental völlig am Limit“; einige könnten sich nicht einmal eine warme Mahlzeit in der Mensa leisten. – Das ist keine Kleinigkeit. Die Menschen warten seit Monaten auf die Entlastung.
Kollegin!
Und es ist ein Hohn, wenn sie dann in diesen Tagen die Homepage des BMBF aufrufen und Worte lesen wie: Die 200 Euro kommen, 200 Euro, die mehr Freiheit bringen. Was für ein Sarkasmus!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Karsten Klein für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551043 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 86 |
Tagesordnungspunkt | Härtefallhilfen gegen hohe Energiepreise |