10.02.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 86 / Tagesordnungspunkt 26

Thomas HackerFDP - Technikfolgenabschätzung - Algorithmen in digitalen Medien

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der spaßigen Büttenrede – zumindest dem Redner hat sie Spaß gemacht –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der CDU/CSU)

kommen wir zum Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, und dieser sollte Pflichtlektüre für uns alle werden.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Er dokumentiert das brisante Spannungsverhältnis, in dem sich digitale Medien, digitaler Journalismus und damit unsere Demokratie heute befinden.

Und doch hat der technologische Fortschritt diesen Bericht schon längst wieder überholt. Die Frage nach der Gatekeeper-Funktion von Informationsintermediären bei der Vermittlung von Medieninhalten bleibt weiter relevant, doch sie hat eine neue Stufe erreicht. Die riesige weltweite Aufmerksamkeit um das KI-Tool ChatGPT ist nur der Beginn einer Zukunft, die wir heute nur ansatzweise erahnen können. Die denkbaren Einsatzmöglichkeiten scheinen unbegrenzt. Künstliche Intelligenz, Algorithmen, Journalismus und andere disruptive Technologien werden die freie Meinungsbildung künftig noch entscheidender beeinflussen und steuern.

Die entscheidende Frage, die wir uns als Demokraten stellen müssen, ist doch: Wie gewährleisten wir künftig die notwendige Technologieoffenheit, ohne Pressefreiheit und Informationsvielfalt und damit die freie Meinungsbildung weiter zu gefährden? Genau diese Gefährdung findet doch heute schon statt. Bereits 2018 stellte die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua einen virtuellen Nachrichtensprecher vor, der sich durch Datensammeln permanent weiterentwickelt. Die „SZ“ titelte damals treffend: „Der gefügigste Nachrichtensprecher der Welt“. Das war aber nur der Anfang in einem Land, das bis 2030 die weltweit führende KI-Nation sein will.

Mikrotargeting, Social Bots, Trollfabriken sind eine gefährliche Ergänzung in einer global vernetzten Welt, im Wettbewerb der Meinungshoheit, im Wettstreit der Systeme. Unsere Aufgabe ist es jetzt, gemeinsam in Europa die richtige Balance zwischen algorithmischer Logik und redaktioneller Autonomie zu finden. Fragen der journalistischen Ethik rücken in den Vordergrund: Wer übernimmt die rechtliche Verantwortung für falsche automatisierte Nachrichten? Braucht es eine Kennzeichnungspflicht für automatisch generierte Informationen? Wie schaffen wir es, Filterblasen und Echokammern zu durchbrechen, um Menschen mit vielfältigen Perspektiven auf unserer Welt zu erreichen?

Dafür braucht es auf europäischer Ebene eine einheitliche Linie, auch mit den großen Plattformen und internationalen Medienkonzernen. Unser Ziel muss es doch sein, dass wir als Gesellschaft im Austausch bleiben, Meinungsvielfalt erhalten und die weitere Fragmentierung unserer Gesellschaft durch Fake News und Filterblasen stoppen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Bericht bilanziert sehr klug: Es geht um die richtigen medienrechtlichen Rahmen. Es geht aber auch um mehr. Wir brauchen stärkere digitale Medienkompetenz, ein sensibleres Bewusstsein für die Herausforderungen durch neuartige Formen der Einflussnahme. Erst dann schaffen wir die notwendige Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es folgt Dr. Petra Sitte für Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7551081
Wahlperiode 20
Sitzung 86
Tagesordnungspunkt Technikfolgenabschätzung - Algorithmen in digitalen Medien
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