Cansel Kızıltepe - Housing-First-Ansatz in der Wohnungslosenhilfe
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst vor wenigen Wochen hat die Bundesregierung einen bundesweiten Bericht über die Zahl und die Situation wohnungsloser Menschen vorgelegt. Der Bericht ist deutlich: Über eine Viertelmillion Menschen in Deutschland sind wohnungslos. Die Betroffenen leben entweder unfreiwillig bei Freunden und Verwandten, in staatlich finanzierten Unterkünften oder auf der Straße. Sie müssen jahrelang ausharren, bis sie den Weg zurück in eine reguläre Wohnung finden. – Das ist ein Zustand, den wir in einem reichen Land wie Deutschland so nicht hinnehmen können; denn Wohnen ist ein Menschenrecht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Problemlage ist vielschichtig, und es braucht ein Bündel an Antworten. Daher arbeiten wir an einem nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit. Wir müssen wegkommen vom reinen Verwalten der Not hin zu einer aktiven Bewältigung der Situation im Sinne der Betroffenen. Als Bundesregierung wollen wir diesen Weg nicht alleine gehen. Die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit findet vor allem in den Kommunen und vor Ort statt. Eine nationale Strategie, die nicht von Anfang an die Länder, die Kommunen, die Wohnungslosenhilfe und die Betroffenen miteinbezieht, ist leider zum Scheitern verurteilt. Wir werden Wohnungslosigkeit nur gemeinsam, Hand in Hand überwinden können.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])
In der Europäischen Union und im Koalitionsvertrag haben wir uns deshalb das Ziel gesetzt, die Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden. Ja, das ist ambitioniert und braucht einen Kraftakt, doch es ist möglich, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wie es gehen kann, zeigt uns ein Blick in unsere europäischen Partnerländer. Vor allem Finnland hat es geschafft, die Wohnungslosigkeit massiv zurückzudrängen. Davon wollen und müssen wir lernen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen freue ich mich auf die Delegationsreise der Ministerin Klara Geywitz nächste Woche nach Helsinki. Vielen Dank auch an die Abgeordneten, die die Ministerin auf dieser Reise begleiten und sich des Themas annehmen werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ein zentrales Thema bei dem Besuch wird der Housing-First-Ansatz sein. Housing First ist deutlich mehr als nur die sofortige Vermittlung einer Wohnung. Es geht um eine enge Verzahnung der Wohnungs- und Sozialpolitik. Im Mittelpunkt steht der eigene sichere Wohnraum. Dass dieser Ansatz auch in Deutschland funktionieren kann, zeigt uns Berlin. Hier gibt es bereits erste erfolgreiche Housing-First-Projekte. Doch auch hier wurde erst der Anfang gemacht. Vor uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht ein riesiger Berg an Aufgaben, der angesichts der dramatischen Lage auf dem Wohnungsmarkt noch größer und steiler geworden ist. Der russische Angriffskrieg und die Zinswende haben gravierende Folgen auch für den Kampf gegen die Wohnungslosigkeit.
Klar ist: Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum. Umso wichtiger ist die Zeitenwende, die wir erleben. Die Ampelregierung hat die Wohnungsfrage wieder zu einem zentralen Thema der Bundesregierung gemacht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Thema „Wohnen und Bauen“ hat erstmals wieder ein eigenständiges Ressort.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Nur leider erreichen Sie Ihre Ziele nicht! – Mechthild Heil [CDU/CSU]: So viel heiße Luft!)
Der Bund ist nach jahrelanger Abstinenz wieder massiv in den sozialen Wohnungsbau eingestiegen. Wir haben eine historische Wohngeldreform verabschiedet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir halten trotz der Zinswende am Ziel der 400 000 Wohnungen fest,
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch wohl selber nicht mehr! – Mechthild Heil [CDU/CSU]: Sie belügen damit die Öffentlichkeit! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ein Traum!)
weil der Bedarf sich nicht verändert hat.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als Nächstes erhält das Wort Lars Rohwer für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551092 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 86 |
Tagesordnungspunkt | Housing-First-Ansatz in der Wohnungslosenhilfe |