Stefan KeuterAfD - Reaktion auf den russischen Angriffskrieg - Sondertribunal
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich mich heute auf diese Debatte und auf meine Rede vorbereitet habe, bin ich in das Archiv des Deutschen Bundestages gegangen. Ich wollte mir die Debatten zur Beantragung von Sondertribunalen gegen den Irak, Libyen, Syrien, Jemen, Afghanistan mal angucken. Soll ich Ihnen was sagen? Ich habe überhaupt nichts gefunden. Es gab sie nämlich nie. Es gibt Verhandlungen vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Dahin würden solche Verbrechen, wie sie hier vorgeworfen werden, eigentlich gehören. Das Problem ist – für die Zuschauer hier –: Die Ukraine und Russland haben das Römische Statut nie unterzeichnet und haben sich dieser Gerichtsbarkeit deshalb nie unterworfen.
(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Das ist doch Quatsch!)
Jetzt versucht die Unionsfraktion, ein Sondertribunal, durch die UN-Vollversammlung beschlossen, zu beantragen. Das ist mir zu einseitig; aber dazu komme ich später.
(Beifall bei der AfD)
Was mich viel mehr entsetzt, liebe Union, ist, dass Sie in Ihrem Antrag Parallelen zum Nürnberger Militärgerichtshof ziehen und ihn zum Vorbild nehmen. Halten Sie sich bitte vor Augen, dass 13 Millionen sowjetische Soldaten und 14 Millionen sowjetische Zivilisten unter den insgesamt 50 Millionen Opfern des Zweiten Weltkriegs waren – neben 6 Millionen Juden. Das ist unwürdig! Das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen.
(Beifall bei der AfD)
Ein Sondertribunal muss stark legitimiert sein; sonst ist es schädlich für einen Friedensprozess.
Kommen wir aber zurück zu der Einseitigkeit. Sie wollen sich nur mit den Menschenrechtsverstößen und Kriegsverbrechen gegen die Ukraine beschäftigen. Was ist mit den Verbrechen, die die Ukraine begangen hat? Einsatz von Schmetterlingsminen, Erschießungen von Gefangenen, die sich bereits ergeben haben,
(Boris Mijatović [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind Gegenstand der Verhandlungen in Den Haag!)
Beschuss von Donezk und Luhansk über Jahre, wobei Tausende Zivilisten den Tod gefunden haben, darunter 150 Kinder.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Die Rede wurde doch in Moskau geschrieben!)
Worum geht es hier eigentlich?
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Frage, was Russland da macht!)
Zwei ehemalige Sowjetrepubliken führen eine militärische Auseinandersetzung um Gebietsansprüche. Wo war 2020 Ihr Aufschrei, als Aserbaidschan mit Unterstützung der Türkei, einer unserer NATO-Partner, in Bergkarabach Armenien bekämpfte? Die Straße zwischen Stepanakert und Schuscha war mit Toten gepflastert. Und jetzt kaufen Sie bei diesem Regime Öl ein. Da frage ich: Wo war Ihr Aufschrei? Sie können doch nicht alle von der Aserbaidschan-Connection gekauft gewesen sein, liebe CDU.
(Beifall bei der AfD – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Wir reden jetzt doch über die Ukraine und über Russland!)
Was ist bei der Ukraine anders? „ Warum ist dieser Konflikt nicht lokal geblieben?“, frage ich mich. Liegt es an der geopolitischen Bedeutung der Ukraine als NATO-Vorposten gegen Russland? Liegt es an den lukrativen Geschäften des US-Präsidenten Biden zusammen mit seinem Sohn Hunter Biden in der Ukraine, die noch nicht aufgearbeitet worden sind?
(Boris Mijatović [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hanebüchen! – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Dafür sollten Sie sich wirklich schämen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Unfassbar!)
Liegt es an dem Einfluss auf die ukrainische Politik, wo US-Staatsbürger plötzlich Minister werden können? Welches Tribunal soll zuständig sein für die antirussischen Gesetze, die Bekämpfung der russischen Kultur und der russischen Medien in der Ukraine,
(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Sie sind der verlängerte Arm des Kremls! Sie sollten sich schämen!)
für die Senderschließungen, das Verbot von Dutzenden von Parteien, die Sperrung von 20 Millionen Nutzern in den sozialen Netzwerken, in diesem Fall VK –
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Putins Claqueure! – Zuruf des Abg. Jörg Nürnberger [SPD])
wir haben Facebook; in Russland oder dort nutzt man VK –,
(Marianne Schieder [SPD]: Da nutzt man gar nichts mehr! – Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit, was man in Russland so liest, kennen Sie sich aus, ne?)
für die systematische Diskriminierung von über 7 Millionen Russen in der Ukraine?
(Zuruf des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])
Reden wir einmal Klartext: Entgegen den Siegesparolen und der Medienpropaganda hier wird die Ukraine diesen Konflikt nicht gewinnen können.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nein, das stimmt nicht!)
Männer fliehen; sie wollen kein Kanonenfutter sein. Sie fliehen nach Polen, nach Deutschland.
(Gabriela Heinrich [SPD]: Die Russen wohl nicht? – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Gleich erzählen Sie noch, dass die Kinder nach Russland fliehen! Meine Güte!)
Uns geht die Munition aus.
Es müssen dringend ein Verhandlungsfrieden und friedliche Lösungen her. Es bedarf dann auf Grundlage dieses Verhandlungsfriedens einer Aufarbeitung von beiden Seiten, wie die beteiligten Seiten es wollen. Dies, sage ich Ihnen, ist nicht unser Krieg.
Abschließend: Wir stimmen dieser Beschlussempfehlung – Ablehnung des Antrags – zu. Ich schließe mich diesmal einmal der CDU/CSU an, deren Redner gerade sagte, dass eine Lösung, wie die Bundesaußenministerin, größte Völkerrechtlerin aller Zeiten, sie vorgeschlagen hat – ein Tribunal nach ukrainischem Recht, international besetzt –, nicht zulässig ist.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Das sehen wir genauso.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD)
Das Wort erhält Ulrich Lechte für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551219 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 87 |
Tagesordnungspunkt | Reaktion auf den russischen Angriffskrieg - Sondertribunal |