Peggy SchierenbeckSPD - Kriminalität in Bahnhöfen und Zügen
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Entsetzen über die Tat in einem Regionalzug in Brokstedt steckt uns allen noch in den Knochen. Niemand kann das, was geschehen ist, einfach von sich weisen und unbeschwert weitermachen. Aber – und da bin ich nicht die Erste, die Ihnen das sagt – ein Leben in Angst ist kein Leben. Wir müssen weitermachen. Und wir, die wir Abgeordnete sind, müssen eine Politik betreiben, die zwar mitfühlend ist, aber sich nicht von Gefühlen und schon gar nicht von Angst leiten lässt. Doch genau das will die von mir aus rechts außen sitzende Fraktion: eine Politik, angetrieben von Wut, Hass und Angst.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nee, gar nicht! Wir wollen Sicherheit und angstfrei leben!)
Diese Fraktion stellt im halbjährlichen Rhythmus Kleine Anfragen an die Bundesregierung. Diese tragen den Titel „Kriminalitätsfelder in Bezug auf Bahnhöfe und Züge ...“ gefolgt von der Angabe des ersten oder zweiten Halbjahres für ein bestimmtes Kalenderjahr im Kontext von Zuwanderung und Antisemitismus. Zum letzten Punkt haben Sie übrigens gar nichts gesagt.
(Zurufe von der AfD)
Sie fragen nur danach, über welche Staatsangehörigkeit die Tatverdächtigen verfügen bzw. welcher Migrationshintergrund vorhanden ist. Diese Informationen spielen Sie dann so aus, wie es Ihnen gefällt; das haben wir gerade wieder gesehen. Das ist nicht ergebnisoffen, meine Damen und Herren; das ist Zahlenspielerei.
(Martin Hess [AfD]: Das ist die Realität!)
Diese Fraktion schürt auch immer wieder Angst vor Menschen, die nicht so aussehen oder so sprechen wie sie selbst. Sie verurteilt Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer vermeintlichen Herkunft,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ach! Quatsch! – Weiterer Zuruf von der AfD)
aufgrund ihrer Sprache oder aufgrund ihrer Religion. Sie trägt Ablehnung, Hass und Angst nach außen in die Gesellschaft.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Reine Phrasen!)
Wieder einmal positioniert sich diese Fraktion in der Ekelecke der Politik.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Oh Gott!)
Die Rechtsaußenfraktion schürt Ängste, wo keine sein müssen; denn es ist eher unwahrscheinlich, dass man im Zug oder auf dem Bahnhof Opfer einer Straftat wird.
(Martin Hess [AfD]: Sagen Sie das den in Brokstedt Ermordeten, Frau Kollegin!)
Und Tragödien sind zum Glück sehr selten. Wenn Sie anfangen, aus Statistiken nur einen Ausschnitt der Lage zu zeigen und den größten Teil zu verstecken oder aus dem Zusammenhang zu reißen, dann betrügen Sie die Menschen, die sich auf Sie verlassen.
Jede Tragödie, wie wir sie zuletzt in Brokstedt gesehen haben, ist eine zu viel.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Was tun Sie denn für die Sicherheit?)
Jede Gewalttat ist eine zu viel. Jede Straftat ist eine zu viel. Trotzdem möchte ich auf die vielen Menschen hinweisen, die an jenem Tag, am 25. Januar 2023, wie auch an jedem anderen Tag unversehrt mit dem Zug reisen.
Wenn ich schon dabei bin, Ihren Blick wieder auf das große Ganze zu lenken:
(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])
Sie fordern ebenfalls eine Berichtspflicht für Islamverbände bezüglich dem, was sie gegen Antisemitismus tun. Dennoch hilft es, sich die letzte Statistik über politisch motivierte Kriminalität noch einmal vor Augen zu führen: 84 Prozent der antisemitischen Straftaten stammen von rechts außen.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Komisch! – Zuruf von der SPD: Sieh an! – Zurufe der Abg. Dr. Götz Frömming [AfD] und Martin Hess [AfD])
Tragödien und Gewalttaten gilt es zu verhindern. Das ist richtige Politik im Dienste aller Menschen mit Wirkung für alle Menschen. Da ist das, was wir brauchen, mehr Präventionsarbeit. Die Bundespolizei und DB Sicherheit tun ihr Möglichstes, um Straftaten zu verhindern. Schon allein die Präsenz von Ordnungshütern wirkt sich auf das Verbrechensgeschehen aus.
(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])
Wir müssen Klarheit darüber gewinnen, wie Menschen ticken, die eine Straftat begehen, sei es im Zug, auf dem Bahnhof oder anderswo. Welche Umstände gibt es, die sie straffällig werden lassen? In welche Situationen müssen wir verstärkt hineingehen, um potenzielle Täter/-innen vorab über ihre persönlichen Folgen des Verbrechens aufzuklären? Erreichen wir Menschen besser über Plakatkampagnen oder über das direkte Aufklärungsgespräch?
(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])
Müssen wir damit in Schulen gehen oder direkt am Gefahrenpunkt Kampagnen starten?
Mit Ihren in Bastelschälchen mit Klebstoff zusammengepanschten Schlussfolgerungen aus den Statistiken
(Heiterkeit des Abg. Manuel Höferlin [FDP])
möchte die Rechtsaußenfraktion Angst sähen.
(Zurufe der Abg. Martin Hess [AfD] und Dr. Harald Weyel [AfD])
Angst führt dazu, dass Menschen einander misstrauen. Angst führt dazu, dass sich Menschen nicht mehr aus dem Haus trauen. Die Rechtsaußenfraktion möchte spalten. Als anständige Demokratinnen und Demokraten gehört es sich, immer und immer wieder darauf hinzuweisen.
Meine Damen und Herren, Sie können mit mir über vernunftgeleitete, pragmatische Politik sprechen.
(Zurufe von der AfD)
Wir tun alles dafür, Kriminalität zu verhindern. Wir sind nach wie vor eines der sichersten Länder der Welt. Wir wissen, dass Prävention der richtige Ansatz ist.
(Zuruf von der AfD)
Niemand darf nur aufgrund seiner Herkunft, seiner Hautfarbe oder seiner Sprache vorverurteilt oder verurteilt werden. Wir werden Ihrer rassistischen Politik niemals zustimmen, also werden wir Ihren Anträgen nicht zustimmen. Ein Lagebild, dessen Ziele Ausgrenzung, Spaltung sowie das Säen von Angst und Hass sind,
(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])
wird es mit mir nicht geben, wird es mit der SPD-Fraktion nicht geben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als Nächster hat das Wort der Kollege Philipp Amthor, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551230 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 87 |
Tagesordnungspunkt | Kriminalität in Bahnhöfen und Zügen |