Marie-Agnes Strack-ZimmermannFDP - Verhandlungsinitiative zur Beendigung des Ukraine-Krieges
Boah, Paartherapie zwischen rechts und links. Da gibt es vielleicht eine extra Aufwandsentschädigung für Sie beide.
(Zuruf von der LINKEN: Waffenlobby!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Nachhaltigste, was von der prorussischen Friedensdemo in Erinnerung bleibt, ist der Auftritt der Protagonisten auf der Bühne am Ende: Sahra Wagenknecht, Ex-Fraktionsvorsitzende der Linken, ihr Gatte Oskar Lafontaine, unter anderem Ex-Mitglied der Linken, Alice Schwarzer, Ex-Ikone der Frauenbewegung, auf deren berechtigten Aufschrei zum Thema „Vergewaltigung von ukrainischen Frauen“ die Welt vergebens wartet, und General Vad, militärischer Ex-Berater der Kanzlerin, alle vier tänzelnd auf der Bühne, händchenhaltend zu John Lennons „Give Peace a Chance“. Meine Damen und Herren, was für ein zynischer Auftritt!
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das Ganze garniert mit bekannten Rechtsextremisten und Holocaustleugnern. Und Ihre Fraktionsvorsitzende Frau Mohamed Ali fand das ganz klasse. Sie ist heute auch nicht da; das ist erstaunlich. Der Schwund ist offensichtlich.
Meine Damen und Herren, heute fordert die Linksfraktion diplomatische Gespräche mit Russland, und was human klingt, ist in Moskau aber ein Arrangement mit Massenmördern, Folterern und Vergewaltigern – eine Diplomatie, die ins Leere läuft, weil Wladimir Putin jeden Tag betont, dass er die Ukraine auslöschen will, dass er eben nicht bereit ist, die völkerrechtswidrig besetzten Gebiete zu verlassen.
Diejenigen, die das Narrativ Putins verbreiten, Russland sei vom Westen bedroht worden und hätte sich mit dem Angriff auf die Ukraine doch nur seiner erwehren müssen, und diejenigen, die von der Ukraine Kompromisse erwarten, sind die, die bereit sind, die Ukraine zu opfern. Und wer der Ukraine Waffen, militärisches Material verwehrt, der spricht der Ukraine schlicht das Recht auf Selbstverteidigung ab.
Warum tun Sie das? Weil Sie es nicht interessiert, dass 1 300 Kilometer von hier ein Volk hingerichtet wird, weil Sie in Ruhe gelassen werden wollen,
(Zuruf von der LINKEN: Unverschämt!)
weil Sie wollen, dass sich die Ukraine fügt? Sie verraten damit das Völkerrecht,
(Zurufe von der LINKEN)
das nach dem Zweiten Weltkrieg sicherstellen wollte, dass nie wieder ein Land ein anderes überfällt und Grenzen verschiebt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU])
Sie nehmen in Kauf, dass die ukrainische Kultur, die Sprache, die Identität ausgelöscht werden. Und noch schlimmer: Sie ignorieren die brutale Realität. Die russischen Streitkräfte gehen mit grauenvoller Härte vor.
Ich werde Ihnen jetzt mal ein Beispiel nennen. In Irpin legten sie nach einem Massaker den hingerichteten Müttern ihre weinenden Kinder auf den Bauch. Als ukrainische Soldaten diesen Kindern helfen wollten, starben auch sie, weil russische Soldaten zwischen den Müttern und ihren Kindern Sprengfallen angebracht hatten. Dieses unfassbare Grauen geschieht genau so lange, bis Putin entscheidet, dass es aufhören muss. Deswegen sitzt dort, in Moskau, der richtige Adressat für alle Friedensappelle, Manifeste und Demonstrationen. Dort sitzt der Täter, und dieser Täter hört nicht auf die Sprache dieser Form von Diplomatie und das Geträllere von Friedensliedern. Er versteht eben nur die Sprache der Stärke.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Gespräche können auch nur aus einer Position der Stärke heraus geführt werden. Darüber entscheidet die Ukraine alleine, und ganz sicher nicht Herr Gysi.
(Beifall der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP] und Dr. Joe Weingarten [SPD] – Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])
Frau Kollegin – –
Halten Sie die Uhr an? Wer will was?
Herr Farle will was. Er möchte Ihnen nämlich gern eine Zwischenfrage stellen. Möchten Sie die zulassen?
Nein, die lasse ich nicht zu. Wir wollen nicht übertreiben.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Gut.
Deshalb ist es so existenziell wichtig, dass sich die Weltgemeinschaft hinter die Ukraine stellt und sie wirtschaftlich, humanitär, aber eben auch mit Waffen unterstützt: damit dieser Terror endlich gestoppt wird und die territoriale Integrität der Ukraine wieder vollständig hergestellt wird.
(Beifall des Abg. Roderich Kiesewetter [CDU/CSU])
Jedes Abtreten von Gebiet wäre ein Erfolg Russlands, meine Damen und Herren. Das ist das Problem, das wir haben, und das ist die wahre Bedrohung für den Frieden in Deutschland, in Europa und – ja – in der ganzen Welt.
Meine Damen und Herren, Thomas Mann hat sich 1941 aus dem Exil heraus in einer Radioansprache an das Deutsche Reich gewandt, als sich die Nationalsozialisten darüber beschwert haben, der Kriegseintritt der USA und die Wehrhaftigkeit der Engländer würden den Krieg verlängern. 82 Jahre später trifft das immer noch den Punkt und erklärt, wie verbrecherische Despoten sind. Zitat:
Sie verlangen „Frieden“. Sie, die vom Blute des eigenen Volkes und anderer Völker triefen, wagen es, dieses Wort in den Mund zu nehmen. Friede – damit meinen sie: Unterwerfung, die Legalisierung ihrer Verbrechen, die Hinnahme des menschlich Unerträglichen. Aber das ist nicht möglich. Mit einem Hitler gibt es keinen Frieden, weil er des Friedens von Grund aus unfähig, und weil dieses Wort in seinem Munde nur eine schmutzige, krankhafte Lüge ist …
Nach 82 Jahren ticken verbrecherische Despoten immer noch so.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jessica Tatti [DIE LINKE]: Unfassbar!)
Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Dr. Joe Weingarten das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551299 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | Verhandlungsinitiative zur Beendigung des Ukraine-Krieges |