02.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 88 / Zusatzpunkt 4

Dunja KreiserSPD - Aktuelle Stunde - Attraktiver und verlässlicher Öffentlicher Dienst

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine Aktuelle Stunde, überschrieben mit dem Aufruf von Verdi „Zusammen geht mehr“ – Verdi führt die Tarifverhandlungen gemeinsam für GdP, GEW, IG BAU sowie dbb beamtenbund und tarifunion –, zur Tarifrunde im öffentlichen Dienst. An 200 Orten finden morgen Streikaktionen statt. Verdi hat aufgerufen zum ÖPNV-Warnstreik im Nahverkehr, auch in Niedersachsen, wo ich lebe. Gleichzeitig findet in zahlreichen Städten ein Klimastreik von Fridays for Future für die Verkehrswende statt, sehr geehrte Damen und Herren.

Nun, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Linken, liebe Frau Wissler, ich muss Ihnen sagen: Ich habe Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Aktuellen Stunde. Sie kapern hier einfach mal diese Streiks. Herr Kollege Meiser hat noch letztes Jahr Bundeskanzler Olaf Scholz davor gewarnt, sich in Tarifverhandlungen einzumischen.

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Er war ja auch nicht Arbeitgeber!)

Ich denke, Sie sind mit dieser Aktuellen Stunde fehl am Platz.

Damit Sie mich nicht falsch verstehen und nicht gleich schimpfen: Ich bin stolzes Verdi-Mitglied, und das schon seit Jahrzehnten.

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Immerhin!)

Als ehemalige Abwassermeisterin und Personalratsvorsitzende in einem kommunalen Eigenbetrieb weiß ich, was in unserem öffentlichen Dienst geleistet wird.

Da ich in meinem Wahlkreis in Wolfenbüttel, in Salzgitter, in Seesen und auch in meinem Betreuungswahlkreis in Helmstedt oder in Wolfsburg viel unterwegs bin, weiß ich, was geleistet wird von meinen Kolleginnen und Kollegen, etwa von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der gemeindeeigenen Kita in Evessen, wo ich noch Bürgermeisterin bin. Auch als Innenpolitikerin weiß ich, was im öffentlichen Dienst geleistet wird.

Liebe Frau Wissler, auch wir stehen durchaus an der Seite der Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])

Aber eins weiß ich auch, verehrte Damen und Herren, es herrscht Tarifautonomie in Deutschland. Ich traue Verdi durchaus zu, die Belange der 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen laut, durchsetzungsstark und in hohem Maße kompetent zu vertreten. Da scheinen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, von den Linken Zweifel zu haben.

Warum jedoch habe ich Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Aktuellen Stunde?

(Zuruf der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Es steht Ihnen natürlich frei, bei den Warnstreiks vorbeizuschauen, mit auf die Straße zu gehen, Seite an Seite; das machen wir als Sozialdemokraten schon seit jeher. Aber die Verhandlungen in den Bundestag verlagern zu wollen, das ist ein schwieriges Unterfangen und eine Instrumentalisierung, mit der Sie aus meiner Sicht die Verhandlungen eher stören, als wirklich etwas für die Beschäftigen erreichen, wie Sie es vorgeben. Damit ist niemandem im öffentlichen Dienst geholfen.

Ich bin mir, ehrlich gesagt, auch nicht ganz sicher, ob sich die Unterstützer von Fridays for Future so vereinnahmen lassen wollen; die haben Sie gleich miteinbezogen. Ich jedenfalls vertraue auf eine Tarifrunde, bei der es eine gute Einigung geben wird, auch wenn das erste Angebot als unzureichend angesehen wird.

Natürlich ist klar: Die öffentliche Hand sollte ein guter, ein attraktiver Arbeitgeber sein. Dazu gehören attraktive Löhne und eine gute Personalausstattung; dazu gehört eine gute Ausstattung generell. Die Angestellten im öffentlichen Dienst brauchen Entlastung. Da wird nur allzu oft am Limit und darüber hinaus gearbeitet. Vor allem brauchen wir dringend eine personelle Unterstützung, die Aufstockung der Stellen. Der Bund und die Kommunen buhlen um die Fachkräfte, die wir dringend brauchen, um unser Land bei der Transformation, der Energiewende, beim Umdenken im Bau und, ja, auch bei der Verkehrswende voranzubringen, und zwar zügig, jetzt, am besten gestern.

Wir brauchen vor allem gutbezahlte und motivierte Fachkräfte in unseren Kitas und Ganztagsschulen. Am 7. März ist Equal Pay Day. Wir setzen uns für eine ambitionierte Gleichstellungspolitik ein. Dazu gehört auch eine gesicherte Ganztagsbetreuung an Kitas und Schulen; denn noch ist es so, dass besonders Frauen beruflich zurückstecken, oft in Teilzeit arbeiten. Ganztagsbetreuung ist darum für die Gleichstellung im Berufsleben immens wichtig. Dafür braucht es natürlich auch die finanziellen Mittel.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch Sie wissen um die knappen Kassen unserer Kommunen. Die Kommunen leisten viel, doch auch sie treffen die Inflation und die schwierige Situation der Wirtschaft; Kollege Kuhle hat gerade schon angesprochen, wo das Geld eigentlich herkommt. Vielerorts wird über höhere Gebühren, eine höhere Grundsteuer bzw. Gewerbesteuer nachgedacht. Das fällt direkt auf die Bürgerinnen und Bürger zurück. Das scheint für Sie vielleicht keine Rolle zu spielen.

Lassen Sie doch bitte die Gewerkschaften ihre Arbeit machen.

(Widerspruch der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])

Es gibt viel zu tun in unserem Parlament und auch in diesem Land. Vielleicht schaffen Sie es ja, auch eigene Forderungen zu entwickeln. Dann müssen Sie nicht auf die von Verdi zurückgreifen.

In diesem Sinne: Gutes Gelingen und gute Verhandlungen in der dritten Runde vom 27. bis 29. März in Potsdam! Vielen Dank allen Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich grüße Sie ganz herzlich. – Das Wort erhält Philipp Amthor für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7551324
Wahlperiode 20
Sitzung 88
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Attraktiver und verlässlicher Öffentlicher Dienst
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