Maximilian Funke-KaiserFDP - Rahmenbedingungen für Datennutzung und KI im Gesundheitswesen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren der Union, es ist schon sehr bezeichnend, wie Sie Ihren Antrag aufgebaut haben; Sie nutzen nämlich als argumentatives Grundgerüst eine Ausarbeitung des Wissenschaftsrates aus dem Jahre 2018. Sie sprechen darin von „grundlegenden Strukturproblemen“, die eine „Herausforderung“ für den deutschen Forschungsstandort darstellen. Auch das ist bezeichnend.
Ich finde, es ist sehr mutig, dass Sie auf der Basis dieser Argumentation Ihren Antrag aufgebaut haben. Nach meiner Zeitrechnung ist es nämlich so – das wurde gerade eben auch schon angesprochen –, dass Sie 2018 in Regierungsverantwortung waren, und es ist nicht so, als sei die Erkenntnis des Jahres 2018 erst im Jahre 2018 entstanden; da liegen noch ein paar Jahre davor. Und es ist auch nicht so, dass Sie nicht wesentliche Ministerien in diesem Bereich besetzt hatten. Sie haben die Bundeskanzlerin gestellt, Sie haben den Gesundheitsminister gestellt, und, ja, Sie haben auch die Forschungsministerin gestellt. Die grundlegenden Strukturprobleme haben Sie offensichtlich damals schon nicht ernst genommen, genauso wenig, wie Sie das in Ihrem Antrag tun.
Ich kann Ihnen versichern, die Fortschrittskoalition und die FDP mit Ministerin Bettina Stark-Watzinger gehen die vom Wissenschaftsrat angeprangerte Überbürokratisierung, den Ausbau des Wissenschaftstransfers und die Vernetzung von Forschungsstandorten endlich an. Ein paar Beispiele dafür: Wir entwickeln eine Zukunftsstrategie Forschung und Innovation. Wir legen ein Forschungsdatengesetz sowie ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz vor. Wir erarbeiten ein weitreichendes Digitalgesetz im Gesundheitswesen und vieles Weitere. – Uns ist die Forschungs- und Innovationspolitik nämlich nicht egal. Das zu behaupten, ist bei Ihrer Regierungsbilanz im Bereich „Forschung und Innovation“, dezent gesagt, unverfroren; denn im Gegensatz zu den letzten Regierungen ist Forschung und Innovation für die Ampelkoalition extrem wichtig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bevor ich zu Ihrem Antrag komme, kurz zu Ihrem Aufhänger BioNTech – das ist mir nämlich sehr wichtig –: Die meisten hier im Hohen Haus wissen, dass wir sehr viele kluge Köpfe in diesem Land haben, und viele, wenn auch nicht alle, wissen, dass wir noch mehr kluge Köpfe in diesem Land brauchen. Deswegen finde ich es gut, dass Sie Ihren Antrag mit BioNTech als Aufhänger aufgebaut haben. Nehmen wir uns ein Beispiel an BioNTech und der Entwicklung des Impfstoffes! Nehmen wir uns ein Beispiel an den Gründern Özlem Türeci und Ugur Sahin! Machen wir mehr Migrationsgeschichten zu Erfolgsstorys!
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)
Ich kann Ihnen sagen: Von diesen Erfolgsgeschichten wird es in Zukunft mehr geben; denn uns ist bewusst, dass wir Zuwanderung in den Arbeitsmarkt hier in Deutschland brauchen. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist auch in diesem Fall bereits in der Pipeline. Wir erleichtern den Zugang von qualifizierten Arbeitskräften in den deutschen Arbeitsmarkt; denn die Beseitigung von Arbeitskräfteengpässen – das muss in dieser Frage eben auch berücksichtigt werden – ist vor allem für die IT- und die Gesundheitsbranche entscheidend – und damit auch für den Erhalt des Wohlstandes hier in Deutschland.
Was aber sehr bezeichnend ist – so schließt sich der Kreis –: Zur Zuwanderung von Arbeitskräften findet sich in Ihrem Antrag rein gar nichts.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Im Fachkräfteeinwanderungsgesetz allerdings auch nichts zur Forschung, Herr Kollege!)
Das überrascht aber, ehrlicherweise gesagt, auch nicht, verkürzt Ihr Vorsitzender die Debatte doch mit blankem – ich zitiere – „Kleine Paschas“-Populismus. Also, hören Sie doch bitte auf, hier den Leuten Sand in die Augen zu streuen und Migrationserfolgsstorys mit Ihren Anträgen zweckzuentfremden, wenn Sie solche Erfolgsstorys doch eigentlich gar nicht wollen!
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Kommen wir zu den konkreten Forderungen des Antrags: Sie verweisen darin auf den European Health Data Space. Sie erkennen richtig, dass der EHDS Vorgaben zur Interoperabilität setzt. Sie erkennen ebenfalls richtig, dass hier auch der Aufbau eines europaübergreifenden Gesundheitsdatenraums dringend notwendig ist. Sie irren jedoch in der Annahme, dass es mit der Umsetzung dieser Zielvorhaben lange dauern wird. Denn unsere Dateninitiative – ich bin darauf schon eingegangen – und auch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz kommen noch in diesem Jahr, während wir auf die Umsetzung des Kommissionsvorschlags bezüglich des EHDS von Ihrer Parteifreundin Ursula von der Leyen – da schießen Sie sich, ehrlicherweise gesagt, selber ins Knie – noch bis 2025 warten.
(Lachen des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU] – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Herr Kollege!)
Das ist der Grund, warum wir heute auch über fehlende Interoperabilität und über Datenstandards reden. Das hat im Grunde auch damit zu tun, dass wir die Digitalisierung in den letzten Jahren falsch verstanden haben. Dabei ist es ganz einfach: Wenn wir miteinander reden, brauchen wir einheitliche Datensprachen. Sprechen wir keine einheitliche Sprache, dann ist das ein Problem. Das ist eines der ganz großen Probleme: Wir liegen in der Digitalisierung – auch im Gesundheitswesen – im Grunde 15 Jahre zurück. Das packen wir jetzt an, und wir müssen eben nicht warten, bis der EHDS kommt, sondern wir liefern jetzt schon.
Die Conclusio ist also: Sämtliche Punkte Ihres Antrages sind von uns bereits erledigt. Weitere wichtige Punkte fehlen in Ihrem Antrag; Ihr Antrag ist somit obsolet. Sie fordern heute, dass wir unsere Vorhaben, die Sie gar nicht erst angepackt haben, schneller umsetzen sollen.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Das ist mehr als unglaubwürdig. Haben Sie noch etwas Geduld! Wir hatten sie 16 Jahre lang mit Ihnen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Wo ist denn die 1 Milliarde für den BioNTech-Fonds, wenn Sie sagen, das ist schon erledigt, Herr Kollege?)
Nächster Redner ist Tino Sorge für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551352 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | Rahmenbedingungen für Datennutzung und KI im Gesundheitswesen |