02.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 88 / Tagesordnungspunkt 12

Stephan BrandnerAfD - Überlastung der Ziviljustiz - Bewältigung von Massenverfahren

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die Entlastung der Ziviljustiz sorgen und den Kollaps der Ziviljustiz verhindern – es ist ein guter Ansatz, einen Antrag hier einzubringen, in dem das gefordert wird. Aber das Vorgehen, das Sie hier an den Tag legen, erinnert ein bisschen an den Antrag heute Mittag, als Sie plötzlich entdeckten, dass die Migrationspolitik in Deutschland nicht mehr ganz so hinhaut. Jeder Ihrer rückwärtsbezogen Anträge, die Sie stellen und in denen Sie etwas kritisieren oder etwas fordern, was Sie in den letzten 16 Jahren der gruseligen Merkel-Ära hätten ändern können, ist eigentlich ein Tritt in den politischen Allerwertesten von Angela Merkel.

(Beifall bei der AfD)

Genau so verhält sich das bei diesem Antrag hier auch, in dem Sie mit Krokodilstränen die Überlastung der Justiz beweinen.

Beim Lesen des Antrags fällt dem Insider zunächst mal auf, dass einige Formulierungen und die Wortwahl nicht unbekannt sind. Wenn man dann weiter in die Materie vordringt, merkt man: Mensch, das habe ich doch im Mai 2022 schon mal so ähnlich gelesen, in einer Initiativstellungnahme des Deutschen Richterbundes zur Bewältigung von Massenverfahren. – Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass diese Initiativstellungnahme des Deutschen Richterbundes an gar keiner Stelle Ihres sehr flachen Antrags – er umfasst gerade mal zwei Seiten – auftaucht. Er ist also ein klassisches Plagiat; Sie schmücken sich da mit den Federn des Deutschen Richterbundes.

(Zuruf des Abg. Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU])

Aber mit Plagiaten kennen Sie sich ja gut aus. Herr Guttenberg, Frau Schavan, Herr Laschet, Herr Scheuer, Herr Huber und wie sie alle hießen, kennen sich gut mit Plagiaten aus. Und Plagiate machen Sie nicht nur bei Promotionsarbeiten, sondern auch noch hier im Deutschen Bundestag. Doch das ist durchschaubar.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt könnte man meinen: Besser gut abgeschrieben als schlecht selbst gemacht. – Aber auch da scheitern Sie. Sie machen aus den guten Vorschlägen des Deutschen Richterbundes ein Sammelsurium von wohlfeilen Forderungen, die, wie gesagt, problemlos in den letzten 16 Jahren hätten umgesetzt und erfüllt werden können.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Legen Sie mal eine neue Platte auf! Nehmen Sie eigentlich die gleichen Textbausteine wie die Grünen?)

Wenn man in den Antrag noch mal hineinschaut, findet man auf Seite 2 dann Aussagen wie die, dass künstliche Intelligenz in der Justiz mehr gefördert werden müsste. Ich hätte mir bei diesem Antrag mehr natürliche Intelligenz von Ihnen gewünscht; denn dann wäre der Antrag gar nicht hier aufgetaucht.

(Beifall bei der AfD)

Sie wollen den prozessualen Vortrag der Anwaltschaft erschweren. Eine Umfrage ergab: Zwei Drittel der Anwälte sind, glaube ich, dagegen, das so zu machen. Sie wollen prozessuale Rechte beschneiden. Sie wollen Sondergerichte – wie haben Sie es genannt? „ Hilfsspruchkörper“ – einrichten. Das erinnert nicht gerade an einen Rechtsstaat, wie ich ihn mir wünsche. Dann wollen Sie nebenbei noch die Rechtsanwaltsgebühren kürzen. Was Sie hier zusammengeschrieben haben, passt also auf keine Kuhhaut und sollte auch auf keine Drucksache des Deutschen Bundestags passen.

(Beifall bei der AfD)

Sie beklagen den Richtermangel in Deutschland. Das ist richtig; den Richtermangel gibt es. Es gibt überhaupt überall großen Mangel an qualifiziertem Personal,

(Luiza Licina-Bode [SPD]: Ja, bei Ihnen!)

natürlich auch in der Justiz. Aber wenn wir uns gerade über den Richtermangel unterhalten, schauen wir doch mal: Wer ist denn für die Richtereinstellungen in Deutschland ganz überwiegend zuständig? Mal abgesehen von den paar Bundesrichtern, die wir haben, sind es natürlich die Länder, die dafür zuständig sind. Also, Sie machen hier auch einen Antrag zulasten Dritter, zulasten der Länder.

Dann muss man natürlich noch wissen – ich habe es gerade mal gegoogelt; ich weiß nicht, ob es stimmt –, dass Sie zurzeit in acht Bundesländern mitregieren, oder? In acht Ländern regieren Sie mit. Wenn wir Thüringen dazurechnen, wo die CDU noch die kommunistische Regierung unter Bodo Ramelow unterstützt, regieren Sie sogar in neun Bundesländern mit.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: „Kommunistische Regierung“? Was haben Sie denn geraucht?)

Sie hätten also alle Freiheiten der Welt, den Richtermangel auch heute noch abzustellen. Da brauche ich gar nicht in die Vergangenheit, auf Frau Merkel, zu gucken. Das können Sie auch heute sofort. Rufen Sie Ihre Minister in den Ländern an. Einer ist ja hier; der macht das vielleicht ab morgen dann selber, nachdem er gehört hat: Er ist zuständig; er kann Richter einstellen. Dann löst sich die ganze Sache.

(Beifall bei der AfD)

Konsequenz dieser Geschichte: Es gibt den Spruch – ich wandle ihn mal ein bisschen ab –: Wenn es nicht notwendig ist, einen Antrag zu machen, liebe CDU, dann ist es notwendig, keinen Antrag zu machen, liebe CDU. Genauso hätten Sie hier verfahren sollen. Da hätten wir uns diese halbe, Dreiviertelstunde sparen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sie hätten nicht kommen müssen!)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Dr. Till Steffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7551378
Wahlperiode 20
Sitzung 88
Tagesordnungspunkt Überlastung der Ziviljustiz - Bewältigung von Massenverfahren
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