03.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 89 / Zusatzpunkt 6

Bengt BergtSPD - Änderung des Raumordnungsgesetzes

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Moin, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Herr Lange, dass die CSU und Sie als deren Vertreter die Tür nach rechts aufmachen, das wundert mich schon gar nicht mehr.

(Andreas Jung [CDU/CSU]: Wir klatschen auch bei Ihnen! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Billig! – Zurufe von der AfD)

Aber dass Sie, ausgerechnet Sie als CSU-Vertreter, das Verkehrsressort anschießen, das Sie jahrzehntelang verwaltet und in dem Sie ein Trümmerfeld hinterlassen haben, ist eine bodenlose Frechheit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Andreas Jung [CDU/CSU]: Schimpf und Schande!)

Ich will aber zur Sache kommen und ein paar Sachen auf den Punkt bringen. Wir fangen mal mit dem zeitlichen Rahmen an. Sie wissen: Bis 2030 wollen wir die Menge des aus erneuerbaren Quellen erzeugten Stroms verdoppeln. Das heißt, die Zeit rennt. Bis zum 31. Dezember 2029 sind es noch 2 496 Tage.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wie viele sind es denn bis 2070?)

Bis dahin müssen wir noch Turbinen für 113 Gigawatt aus Wind an Land zubauen. Bei 5 Megawatt pro Turbine sind das 22 633 Windturbinen. Das sind neun pro Tag. Das schaffen wir nicht, wenn Projektierer 70 000 Seiten und 80 Aktenordner für fünf Windräder brauchen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das schaffen wir sowieso nicht!)

Und wehe, die geplante Windturbine bekommt noch ein Software-Upgrade oder wird sogar effizienter oder steht einen halben Meter zu weit links oder rechts; dann wird das Gleiche glatt noch mal fällig.

Wenn Sie es dann nach Jahren geschafft haben, mal ein Projekt unter Auflagen zu bauen, müssen Sie sich 20 Jahre lang um Flora und Fauna im Windpark kümmern. Sie müssen Pfützen gießen, damit die Frösche nicht verdursten, und Sie müssen auf der Zufahrt die Kanten der Steinchen prüfen, damit der Lurch sich nicht den Bauch wundläuft.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Was für eine Arroganz! „Pfützen gießen“! Das heißt „Naturschutz“, Mann!)

Meine Damen und Herren, damit wir uns nicht missverstehen: Das ist wichtig für Flora und Fauna, für die Umwelt und die Tiere. Aber es ist nicht das, was die Betreiber tun sollen. Das sind Ingenieure und Techniker. Mensch, die sollen Windturbinen bauen und Projekte planen! Es ist doch viel sinnvoller, dass das jetzt Leute tun, die davon Ahnung haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kraft von der AfD-Fraktion?

Nein, nicht in diesem Leben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Noch nicht oder später vielleicht? – Weiterer Zuruf von der AfD: Feigling!)

Wenn es keine anderen Möglichkeiten zum Umwelt- und Artenschutz gibt, sind doch zweckgebundene Ausgleichszahlungen sinnvoll. Dann können das die Leute tun, die davon Ahnung haben. Wir entlasten also die Projektplaner.

Es geht aber auch um schnellere Verfahren; denn Entlastung ist gut, nützt aber nix, wenn die Anlagen nicht genehmigt werden. Mit dem Gesetz, das wir heute beschließen, werden wir einige Tausend Seiten Kopien pro Windrad sparen. Das ist übrigens auch etwas, was der Natur guttut, weil wir dafür keine Bäume fällen müssen.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

In Jahren ausgedrückt, sind das pro Windpark circa ein bis zwei Jahre, die wir damit einsparen werden. Das ist Rückenwind für die Energiewende, und das brauchen wir.

Wir brauchen zum Beispiel auch die Beschleunigung, indem wir endlich mit den verfügbaren Flächendaten arbeiten und nicht immer wieder neue Daten erheben. Wir sorgen also dafür, dass die Position oder die Ausstattung von Turbinen in den genehmigten Windparks auch noch dann verändert werden kann, wenn es mal kleine Veränderungen gibt. Wir machen es doch sonst auch so: Wir tauschen doch auch die Klamotten, wenn sie nicht passen. Das ist doch kein Hexenwerk; das ist pragmatisch, das ist gut, und es dient dem Gemeinwohl.

Meine Damen und Herren, „Gemeinwohl“ ist auch das Stichwort. Wir tun endlich das, was wir die letzten Jahre so sträflich vernachlässigt haben. Gemeinwohl darf eben nicht bedeuten, dass Interessen Einzelner die Interessen der Gesellschaft aushebeln können. Jeder und jede konnte mit seiner Beschwerde jedes Vorhaben aushebeln, verzögern, Investitionen in wirklich gute Dinge zerstören.

Jetzt bauen wir mit der Verfahrensbeschleunigung wieder das Gemeinwohl in die Gesetzgebung ein. Das bedeutet: Wir machen Tempo, wenn es darum geht, den kommenden Generationen, die heute hier auch demonstrieren werden, eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Wir haben zu viel Zeit dafür vertändelt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken und von der Union, wenn Sie diese Ziele teilen, wenn Sie endlich mithelfen wollen, Deutschland zukunftsfit und klimaneutral zu machen, dann stimmen Sie heute mit uns zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Andreas Jung [CDU/CSU]: Unverschämtheit! Kein Wort der Entschuldigung!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7551491
Wahlperiode 20
Sitzung 89
Tagesordnungspunkt Änderung des Raumordnungsgesetzes
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