03.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 89 / Zusatzpunkt 7

Markus HümpferSPD - Bezahlbare und klimafreundliche Mobilität

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Industriemechaniker, und ich bin Ingenieur, einer von 40 Ingenieurinnen und Ingenieuren im Deutschen Bundestag. Ich komme aus der Automobilindustrie. Jetzt mache ich Klimaschutz- und Energiepolitik.

(Dorothee Martin [SPD]: Echter Fachmann!)

Grund genug also, sich mal mit Ihren Anträgen zu beschäftigen.

Mich verwundert schon, was da so drinsteht. Sie fordern zum Beispiel „klimafreundliche Alternativen zur Elektromobilität, bspw. Wasserstoffverbrenner und E‑Fuels“. Wir produzieren in Deutschland aktuell 55 Terawattstunden Wasserstoff jährlich. Dieser wird vorwiegend in der chemischen Industrie verwendet, und der geringste Teil davon ist grüner Wasserstoff. Die Nationale Wasserstoffstrategie geht bis 2030 von einem Bedarf an Wasserstoff in Höhe von 110 Terawattstunden aus, bis 2050 von einem Bedarf in Höhe von 380 Terawattstunden. Es gibt Studien, die von einem noch viel höheren Bedarf ausgehen. Die Produktionskapazität muss also deutlich steigen. Das ist eine Herkulesaufgabe.

Eine Herkulesaufgabe ist aber auch die Verteilung dieses Wasserstoffs; denn irgendwie wollen gerade alle Wasserstoff haben: die Industrie, der Gebäudesektor für Wärme, der Verkehrssektor. Im Energiebereich wollen wir Wasserstoff auch zur Stromerzeugung nutzen. Nur gibt es davon zu wenig, und der Hunger ist riesig.

(Zuruf der Abg. Anja Karliczek [CDU/CSU])

Also müssen wir zusehen, wie wir den Bedarf gedeckt bekommen, und müssen die Produktionskapazitäten ausbauen. Das hätten Sie in den letzten 16 Jahren schon angehen können.

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Wir haben doch die Wasserstoffinitiative auf den Weg gebracht! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Aber Sie waren zu bequem; das ist doch die Wahrheit. Jetzt müssen wir aufräumen, was Sie nicht angepackt haben. Ständig kehren wir den Scherbenhaufen auf, den Sie hinterlassen haben.

(Ulrich Lange [CDU/CSU]: So peinlich kann man es doch gar nicht machen!)

Wir müssen zwei Dinge tun:

Erstens müssen wir den vorhandenen Wasserstoff so einsetzen, dass er effizient und möglichst im Sinne des Gemeinwohls genutzt wird. Das macht in Ihren sogenannten Wasserstoffverbrennern sicherlich keinen Sinn. Das sieht Volkswagen genauso wie die Boston Consulting Group und andere Unternehmen. Wasserstoff muss vorrangig dort zum Einsatz kommen, wo er sich langfristig auch wirklich durchsetzen kann, und das ist in der Industrie.

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Die Lkw!)

Mit Wasserstoff dekarbonisieren wir Stahl, Zement, Kalk, mit Wasserstoff erhalten wir den Wirtschaftsstandort Deutschland, mit Wasserstoff sichern wir die Arbeitsplätze in unserem Land.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Karsten Hilse [AfD]: Mit Wasserstoff? Ich denke, Sie sind Ingenieur! – Steffen Bilger [CDU/CSU]: Mit was fahren die Lkw?)

Zweitens müssen wir die Elektrolysekapazitäten ausbauen. Das, liebe Union, setzen wir bereits um.

Zu den E‑Fuels muss ich Ihnen auch noch etwas sagen, Herr Ploß; ich habe noch einige Sekunden Redezeit. Ja, E‑Fuels werden eine Rolle spielen, das steht außer Frage,

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Aha, jetzt doch dort!)

nämlich überall dort, wo wir nur schwer dekarbonisieren können: im Luftverkehr, im Schiffsverkehr, im Schwerlastverkehr. Aber im Individualverkehr spielen sie halt nur eine kleine Rolle. Ich kann Ihnen auch sagen, woran das liegt. Der Gesamtwirkungsgrad eines E‑Autos liegt bei 76 Prozent. 76 Prozent, das ist unschlagbar. Der Gesamtwirkungsgrad eines Autos, das mit E‑Fuels fährt, liegt bei 13 Prozent. 13 Prozent! Allein 45 Prozent der Energie gehen für die Wasserstoffproduktion drauf. Es ist ökonomisch also absolut sinnfrei, E‑Fuels dort zu benutzen.

(Beifall des Abg. Bernd Riexinger [DIE LINKE])

Deshalb diskutieren wir gerne Ihre Anträge im Ausschuss weiter.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7551513
Wahlperiode 20
Sitzung 89
Tagesordnungspunkt Bezahlbare und klimafreundliche Mobilität
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