03.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 89 / Tagesordnungspunkt 24

Bettina LugkSPD - Russlands Einfluss in Afrika

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die 54 Länder des afrikanischen Kontinents sind wichtige Partner nicht nur für uns in Deutschland, sondern auch für Europa. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe ist unser aller erklärtes Ziel, wenn es um die deutsche Afrika-Politik geht. Es ist aber auch der Leitgedanke der europäischen Afrika-Strategie. Genau diesem Leitgedanken folgt die im Januar vorgestellte Afrika-Strategie des BMZ. Man kann also sehen: Die Regierungsfraktionen haben sich bereits auf den Weg gemacht.

Diese Augenhöhe bedeutet, dass wir nicht mehr einfach nur ohne die Akteure, das heißt ohne die souveränen Staaten Afrikas, über Afrika, also über ihre Heimat, sprechen oder Projekte verwirklichen. Und weil diese Partnerschaft auf Augenhöhe so selten stattgefunden hat, muss sie jetzt konsequenter verfolgt werden. „ Augenhöhe“ heißt gemeinsames Handeln im Sinne einer gemeinsamen Zukunft auf einer gemeinsamen Erde. Wir brauchen diese vertrauenswürdige Zusammenarbeit, und Bundeskanzler Scholz hat dies gleich zu Beginn seiner Amtszeit mit einem Besuch in mehreren Ländern des Kontinents sehr sichtbar und sehr deutlich gemacht.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat noch einmal mehr gezeigt, dass die Staaten Afrikas eine Schlüsselrolle spielen, wenn es auf dem internationalen Parkett um Vereinbarungen geht. Mich persönlich hat der herzliche Empfang des russischen Außenministers Lawrow in Südafrika sehr nachdenklich gestimmt, genauso wie die Militärübung, die zusammen mit Russland und China abgehalten wurde. Diese Militärübung und das Engagement insgesamt – das hat der Kollege Jürgen Trittin bereits skizziert – sind etwas, was uns alle vermutlich mit Sorge erfüllt.

Nichtdemokratisch regierte Länder wie China und Russland versuchen sehr aggressiv – man könnte schon fast sagen: im kolonialen Duktus –, Regierungen afrikanischer Länder auf ihre Seite zu ziehen. Die Demokratien dieser Welt sollten den afrikanischen Staaten eine Alternative geben und sie dadurch für eine Partnerschaft gewinnen. Denn wenn es uns nicht gelingt, wird es schwieriger werden, klare Mehrheitsverhältnisse in den Vereinten Nationen zu schaffen, eben wenn es darum geht, eine Verurteilung von Kriegsverbrechen zu erreichen. Wenn es uns nicht gelingt, dann wird die Welt ungerechter, da Staaten wie Russland, aber auch China nicht auf Augenhöhe Handel treiben wollen. Sie suchen ihren eigenen Vorteil und dies zulasten der Ökonomie, der Ökologie und auch der Rechte von Millionen von Menschen in den Ländern. Wenn es uns nicht gelingt, geraten Millionen von Menschen in eine Abhängigkeit. Das ist auch eine Frage mit Blick auf die Menschenrechtslage.

Es ist unser Interesse, eine starke Partnerschaft mit afrikanischen Ländern aufzubauen, indem wir bessere Angebote unterbreiten. Ich selbst war im vergangenen Jahr auf Dienstreise in Südafrika. In diesem Land kann man wunderbar beobachten, wie beispielsweise das Engagement Chinas konkret vor Ort aussieht, wie man versucht, Macht, Abhängigkeit und Einfluss zum Eigennutz zu erlangen. Es wird in Kitas, in Kulturzentren, in Straßen und Brücken investiert, oder es erfolgen Co-Finanzierungen. Diese kann man gut an Plaketten erkennen, sodass auch jedem bewusst ist, wo das Geld herkommt, wer unterstützt. Daneben entsteht ein Konfuzius-Institut, das diesen teuer erkauften Einfluss auch noch um eine kulturelle Komponente ergänzen wird.

Was können wir unseren Partnern in Afrika also bieten? Klar, wir müssen unsere hohen Standards und unsere werteorientierte Ausrichtung fortführen, aber wir müssen unsere Aktivitäten auch der veränderten geostrategischen Lage anpassen. Ich bin überzeugt, dass wir in Deutschland und in Europa Dinge bieten können, die Russland und auch China den Ländern nicht anbieten können. Dazu zählen der Einsatz für Frauenrechte und für Menschenrechte genauso wie Klima- und Energiepartnerschaften für den Aufbau erneuerbarer Energien, aber auch die Unterstützung beim Aufbau gerechter, demokratischer Strukturen, die Bewahrung der Kultur oder Aspekte der Teilhabe und Rechtsstaatlichkeit. Es gilt, die Zivilgesellschaften einzubinden und wahrzunehmen, welche Schwerpunktsetzungen erfolgen sollen – und das im Miteinander. Das BMZ macht ebendies genau vor; denn die Afrika-Strategie wurde in Absprache mit afrikapolitischen Akteuren entwickelt.

Wie gemeinsame Projekte konkret aussehen können, kann man übrigens hier in Berlin wunderbar sehen. Wenn man das Humboldt Forum besucht, kann man sehen, welche großartige Wirkung Ausstellungen entfalten können, wenn sie nicht aus deutscher oder europäischer Sicht erstellt worden sind, sondern gemeinsam mit afrikanischen Partnerinnen und Partnern, damit die Authentizität gegeben ist.

Wir müssen aus Fehlern lernen, und wir dürfen sie nicht wiederholen. Entsprechend müssen wir die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen und da Unterstützung bieten, wo Unterstützung gefragt ist. Das gebietet der Respekt. Es braucht eine Gegenseitigkeit, die diesen Prozess mit begleitet.

Aus meiner festen Überzeugung kann ich sagen: Die verschiedenen Gesellschaften Afrikas haben viel zu bieten, und wir können auch sehr viel lernen. Neben der Einbindung der zivilgesellschaftlichen Akteure ist es unsere Aufgabe, die Afrikanische Union als ebenbürtigen Partner anzuerkennen und einzubinden.

Zu der Frage, ob wir sie für die Mehrheitsfindung in der UN an unserer Seite brauchen: Wir brauchen jeden einzelnen Staat an unserer Seite, wenn es beispielsweise um den Schutz der Natur oder die Bekämpfung des Klimawandels geht. Das sind Themen, die weder Russland noch China auf ihrer außenpolitischen Agenda haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für die AfD-Fraktion spricht jetzt Stefan Keuter.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7551558
Wahlperiode 20
Sitzung 89
Tagesordnungspunkt Russlands Einfluss in Afrika
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