03.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 89 / Tagesordnungspunkt 24

Christoph HoffmannFDP - Russlands Einfluss in Afrika

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Was in Afrika seit Jahren vor sich geht, hat bisher zu wenig Aufmerksamkeit in deutschen Zeitungen, Parlamenten und Regierungen erfahren. Russland versucht, seinen Einfluss gerade im frankophonen Afrika systematisch auszudehnen.

Es geht darum, Einflusssphären der alten Sowjetunion wiederherzustellen, aber vor allem Europa zu destabilisieren. Es geht nicht um Ideologie wie im früheren kommunistischen Sowjetreich, sondern es geht um krumme Geschäfte mit Waffen, Gold und Diamanten. Ja, es geht auch um Organisierte Kriminalität, Herr Keuter. Das, was Sie gerade als „gutes Geschäft“ gelobt haben, ist nichts anderes als Organisierte Kriminalität, über die Putin seinen Schutzschild hält.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das darf uns nicht egal sein.

Das Drehbuch zur Übernahme afrikanischer Staaten wurde in der Zentralafrikanischen Republik geschrieben. Es beginnt vor einem Jahrzehnt mit hybrider Kriegsführung: Man verbreitet Fehlinformationen in den sozialen Medien, in denen man die miserablen Lebensumstände einfach der ehemaligen Kolonialmacht in die Schuhe schiebt. Dann kauft man Claqueure, die mit russischen Fahnen durch die Straßen laufen, zuletzt gesehen übrigens vor ein paar Tagen in Kinshasa. Anschließend schützt man Putschisten oder Autokraten mit Waffen und Söldnern vor Demokratie oder dem eigenen Volk. Später kauft der Oligarch den Radio- und Fernsehsender, auf dem die Propaganda perfekt läuft. Die Kinder sehen in der ZAR Zeichentrickfilme, in denen ein guter Eisbär einen bösen Franzosen in die Schranken weist.

Russlands Söldner gehen mit äußerster Brutalität vor. Wagner-Söldner halten sich an kein Völkerrecht, sie ignorieren Menschenrechte. Prigoschin, der Chef der Wagner-Truppe, ist ein Kriegsverbrecher – nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Westafrika. Wie sein Freund Putin gehört er vor Gericht, verurteilt und eingesperrt.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Drehbuch aus der Zentralafrikanischen Republik, das ich gerade beschrieben habe, wiederholt sich in Mali und wird sich auch in Burkina Faso wiederholen. Da sollten wir nicht zuschauen. Wir müssen dem entgegentreten, und zwar schnell und entschlossen – nicht nur Deutschland, sondern auch Europa.

Es ist aber auch – damit komme ich jetzt zu Ihnen, liebe CDU/CSU – ein Drehbuch der verpassten Chancen Deutschlands und Europas, sich Afrika nicht zugewendet zu haben. Ich kann mich nicht erinnern, wann Frau Merkel das letzte Mal in Subsahara-Afrika war.

(Zuruf der Abg. Dr. Katja Leikert [CDU/CSU])

Wer Beweise der Massaker Wagners zum Beispiel in Mali sammelt – also Bilder von Gefangenen, die mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leibe verbrannt werden durch die Verbrecherbande Wagner –, wird durch russlandhörige Militärs des Landes verwiesen. Auch deshalb ist es gut, dass die Bundeswehr nach wie vor in Mali bleibt und ein beobachtendes Auge in dieser brutalen Umgebung darstellt.

Bei der UN-Vollversammlung stimmte Mali nun jüngst mit Belarus, Eritrea, Nordkorea, Nicaragua und Syrien für Russland. Ich meine, das kann nicht ohne Folgen bleiben. Auch wir in der deutschen Politik müssen uns überlegen, ob es nicht auch eine Zeitenwende in der Entwicklungszusammenarbeit in dem einen oder anderen Falle braucht.

Wegen Russlands Vorgehen war es Zeit, aufzuwachen und sich Afrika mehr zuzuwenden. Damit hat diese Koalition bereits begonnen. Dank an Kanzler Scholz für seinen Senegal-Besuch; das war eine der ersten Auslandsreisen, die er überhaupt unternommen hat. Aber auch Außenministerin Baerbock, Finanzminister Lindner, Entwicklungsministerin Schulze und Arbeitsminister Heil waren bereits in Subsahara-Afrika. Das ist eine neue Qualität; denn das schätzt man dort.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin überzeugt: In uns hat Afrika einen Partner auf Augenhöhe, einen Partner, der Russlands Einfluss begrenzt, die Zivilbevölkerung schützt und die wirtschaftlichen Entwicklungen vorantreibt. Da muss noch mehr gehen.

(Dr. Katja Leikert [CDU/CSU]: Genau!)

Eine Strategie dafür gibt es bereits. Das können Sie in der Afrika-Strategie des BMZ nachlesen; eine weitere von der CDU/CSU brauchen wir also erst mal nicht.

Aber ich sage auch: Es wäre sinnvoll, einen Wirtschaftsbeauftragten für Afrika im Kanzleramt zu haben.

(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Noch mal einen Beauftragten? Schön! Gibt’s noch einen FDP-Kollegen, der keinen Beauftragten-Job hat?)

Denn Afrika braucht keine Ratschläge, sondern, wie Herr Trittin es auch gerade gesagt hat, Afrika braucht Investitionen, und nur so wird der Einfluss Russlands begrenzt werden können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für Die Linke hat das Wort die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.

(Beifall bei der LINKEN)

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Electoral Period 20
Session 89
Agenda Item Russlands Einfluss in Afrika
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