Emmi ZeulnerCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Verdrängung Einheimischer auf dem Wohnungsmarkt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu der Situation, die zwischen einem Vermieter und einem Mieter in Berlin in einem Altenpflegeheim entstanden ist, habe ich in meiner Rede vor ungefähr zweieinhalb Stunden ausgeführt. Die AfD hat dieses Thema jetzt noch mal aufgemacht. Mir ist einfach wichtig, dass wir mal ganz sachlich auf die Dinge schauen.
Der Kollege von der FDP hat eben gesagt, wir als Union hätten eine Fachkräftezuwanderung verhindert. Das ist faktisch einfach nicht der Fall. Wir haben zusammen mit der SPD ein Fachkräftezuwanderungsgesetz auf den Weg gebracht, weil wir natürlich wissen, dass zum Beispiel in der häuslichen Pflege wahrscheinlich – genaue Zahlen gibt es leider nicht – zwischen 600 000 und 800 000 Menschen, häufig aus Osteuropa, daheim bei den Menschen leben und arbeiten. Das ist nur ein Bereich des Themas Fachkräftezuwanderung; es gibt weitere. Die Fachkräftezuwanderung wollen auch wir. Wir brauchen sie in unserem Land; das ist unstrittig.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Christian Wirth [AfD])
Aber um solidarisch und offen gegenüber denen, die es wirklich brauchen, zu sein, müssen wir eben auch klar differenzieren. Das ist das, was wir als Union immer wieder einfordern: Es muss einen Unterschied geben – und es gibt ihn ja auch – zwischen legaler und illegaler Migration. Die Menschen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben, müssen eben konsequent zurückgeführt werden; auch das haben Sie, Herr Semet, ausgeführt. Wir haben im Jahr 2022 1,1 Millionen Ukrainer aufgenommen, und es wurden 250 000 Erstasylanträge gestellt. Das sind mehr Schutzsuchende als 2015 und 2016 zusammen. Deshalb rufen die Kommunen zu Recht nach Hilfe; der Hilfeschrei ist so laut, wie er lauter nicht sein kann. Darauf müssen wir Antworten geben.
Ich will Ihnen ein Beispiel aus meiner Heimat nennen. Bei uns in Oberfranken ist die Aufnahmeeinrichtung in der Stadt Bamberg. Wir haben die Situation, dass dort anstatt 1 500 wie in den letzten Jahren mittlerweile 2 500 Menschen – manchmal ein bisschen mehr – untergebracht sind; es gibt also eine Überbelegung. Diese Menschen werden dann nach einem Schlüssel auf die Landkreise verteilt. Sie werden im ländlichen Raum untergebracht, und auch dort ist die Überforderung zu spüren. Das sorgt für sozialen Unfrieden, und den müssen wir dringend ernst nehmen.
(Beifall des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD] – René Bochmann [AfD]: Danke für die ernsten Worte!)
Es wurde in meiner Heimat beispielsweise überlegt, in einer Ortschaft mit 200 Einwohnern 40 alleinstehende Männer unterzubringen, weil der Wohnraum angeboten wurde und der Landrat nicht mehr wählen konnte, wo er wen unterbringt. Die Bevölkerung – das sind Menschen wie du und ich – hat gesagt: Wir sind 200 Einwohner und stehen 40 Geflüchteten gegenüber. Wie sollen wir da eine Integrationsleistung hinbekommen?
(René Bochmann [AfD]: Das ist doch mal ehrlich!)
Das ist der Anspruch, den wir natürlich alle haben für die, die tatsächlich ein Bleiberecht haben. Die Menschen haben gefragt: Wie sollen wir das überhaupt stemmen? – Wir konnten jetzt erreichen, dass 10 Prozent der Einwohnerzahl, also 20 Geflüchtete, dort vor Ort untergebracht sind. Das ist jetzt nach vielen Diskussionen und auch Versuchen gewisser Diskreditierung ein Weg, den man dort vor Ort zu gehen versucht.
Aber – das ist die Aufgabe für die Zukunft – wir erleben in der jetzigen Zeit ja, dass es keinen Rückgang bei den Zahlen gibt. Es wird weiter bestritten, dass es Pull-Faktoren gibt. Wir haben keinen EU‑Außengrenzenschutz, der tatsächlich wirkungsvoll ist. Denken Sie zum Beispiel an das Thema „sichere Herkunftsländer“! Wir waren uns mit der SPD einig – die Grünen haben es im Bundesrat blockiert –, dass beispielsweise Marokko, Algerien, Tunesien und Georgien als weitere sichere Herkunftsländer eingestuft werden,
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die nicht sicher sind!)
bei einer Anerkennungs- bzw. Schutzquote von beispielsweise nur 0,4 Prozent im Fall von Georgien; der Rest hat gar keinen Anspruch.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Hier muss im Verfahren dringend etwas auf den Weg gebracht werden.
Es bleibt dabei: Wir müssen natürlich ordnen und steuern. Um Integration möglich zu machen – die leisten ja nicht nur Sie, ich oder die Geflüchteten allein, sondern auch Erzieherinnen, Lehrer und Ärzte –, muss eine Infrastruktur vorhanden sein. Es muss noch möglich und schaffbar sein. Die Kommunen formulieren sehr deutlich und sehr klar, dass sie da tatsächlich an ihrer Belastungsgrenze angekommen sind.
Deshalb fordere ich Sie auf – Sie sind jetzt in der Regierung –: Sie müssen auch die Antworten mitliefern. Sie müssen ein Stück weit noch mehr die Realität betrachten, wie die Situation in unserem Land ist, auch wie die Gefühlslage in unserem Land ist. Denn wir haben kein Interesse, dass es tatsächlich eine gesellschaftliche Spaltung gibt.
Deswegen fordere ich Sie ganz konkret auf: Bitte gehen Sie in Ihre Ausländerbehörden vor Ort. Führen Sie ein Vieraugengespräch mit den Menschen dort. Erklären Sie ihnen, dass sie sagen dürfen, was sie denken. Gehen Sie in die Diskussion. Dann werden Ihnen wahrscheinlich Dinge beschrieben, die wir alle ernst nehmen müssen, und daraus müssen auch Konsequenzen folgen. Dafür werbe ich heute hier an dieser Stelle.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Die Rede war viel besser!)
Das Wort hat der Kollege Helge Lindh für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551581 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 89 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Verdrängung Einheimischer auf dem Wohnungsmarkt |