Stephan MayerCDU/CSU - EU-Richtlinie Offenlegung Ertragssteuerinformationen
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Es geht heute um die Umsetzung einer EU-Richtlinie vom 24. November 2021 zur stärkeren Transparenz in Sachen Ertragsteuern. Diese EU-Richtlinie ist bis zum 22. Juni dieses Jahres in deutsches Recht umzusetzen. Der Gesetzentwurf, der seitens der Bundesregierung erarbeitet wurde, sieht eine Eins-zu-eins-Umsetzung vor. Wir werden uns diesen Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren gleichwohl intensiv ansehen.
Zur Vollständigkeit, Herr Minister Buschmann, gehört, dass es im Vorfeld des Erlasses der Richtlinie, im Jahr 2019, seitens der deutschen Wirtschaft, seitens des BDI erhebliche Kritik an diesem Country-by-Country Reporting gab. Es sind Vorbehalte erhoben worden, was den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Drittländern anbelangt und was die Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen anbelangt. Diese Erwägungen sind aus meiner Sicht auch ernst zu nehmen. Gleichwohl möchte ich für unsere Fraktion deutlich machen, dass wir dem Thema „stärkere Transparenz und Offenlegung, was die Erträge multinationaler Konzerne anbelangt“ natürlich schon Bedeutung beimessen. Das ist ein wichtiges Thema. Es geht darum, die Tech-Companies dieser Welt – Google, Amazon und Co – so weit zu stellen, dass deutlich wird, dass in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich hohe Ertragsteuern gezahlt werden. Deswegen ist es richtig, dass diese Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden muss.
Es ist auch richtig, dass die Vorschriften im Bereich der Bußgelder, der Ordnungsgelder im Handelsgesetzbuch entsprechend angepasst werden. Es werden auch die Beschwerdemöglichkeiten für das Bundesamt für Justiz erweitert, insbesondere wenn das zuständige Landgericht die Zulassung oder Wiedereinsetzung der Sechswochenfrist nach § 335 Absatz 4 HGB ermöglicht. Die Offenlegungspflicht gilt auch für multinationale Konzerne, die ihren Sitz außerhalb der EU, also in einem Drittland, haben, aber eine Zweigniederlassung in Deutschland unterhalten. Auch das ist richtig.
In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird schon seit längerer Zeit kritisiert, dass die Definition des Verbundunternehmens, also des verbundenen Unternehmens nach § 271 Absatz 2 des Handelsgesetzbuches, etwas unklar war, lückenhaft war. Deswegen ist auch ein wesentlicher Punkt, dass hier jetzt präzisiert wird.
Das ist aus meiner Sicht alles in Ordnung und richtig. Ich möchte nur Zweifel geltend machen – ich sage das ganz ernsthaft, bei aller Notwendigkeit, die Richtlinie umzusetzen –, ob dem berechtigten Anspruch, mehr Transparenz zu schaffen, allein mit diesem Gesetz Rechnung getragen werden kann. Es ist natürlich gut, dass die Unternehmen verpflichtet werden, jährlich einen Ertragsteuerinformationsbericht abzugeben, diesen im Internet, im Handelsregister zu veröffentlichen. Es ist auch gut, dass sich die Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft bzw. die Aufsichts- und Verwaltungsorgane einer SE auch darüber beugen müssen. Das ist alles richtig. Nur, ob der verständige Dritte, ob der mündige Bürger, mit diesen Ertragsteuerinformationsberichten am Ende des Tages tatsächlich so viel anfangen kann, dahinter setze ich persönlich ein großes Fragezeichen.
Es ist mit Sicherheit richtig, diese gesetzlichen Änderungen jetzt in einem neuen Unterabschnitt zum vierten Abschnitt des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches zu schaffen. Wie gesagt, auch für die Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft bzw. die Aufsichts- und Verwaltungsorgane einer SE kommt eine verstärkte Verpflichtung, sich mit diesem Ertragsteuerinformationsbericht jährlich zu beschäftigten. Aber mehr Transparenz, eine Verstärkung der Offenlegungspflichten ist nur der erste Schritt. Der große Wurf ist, glaube ich, erst dann erreicht, wenn wir es wirklich schaffen, dass die Amazons und Googles dieser Welt dort mehr Steuern zahlen, wo sie die Gewinne erwirtschaften.
Ich habe einem guten Bekannten, einem Handwerker, am vergangenen Wochenende erzählt, dass ich in dieser Woche die Gelegenheit habe, zu diesem Gesetzentwurf zu sprechen. Er meinte: Ja, schön und gut, wenn dieser Ertragsteuerinformationsbericht jetzt veröffentlicht werden muss. Aber es bleibt dennoch dabei, dass Google, Amazon und Co nur im geringen Prozentbereich in Deutschland Steuern zahlen, während wir Handwerker, Einzelhändler, Freiberufler teilweise an die 50, vielleicht sogar über 50 Prozent Einkommensteuer in Deutschland zahlen. Das muss angegangen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Karlheinz Busen [FDP])
Dieser Gesetzentwurf ist notwendig und erforderlich, aber am Ende mit Sicherheit noch nicht der große Wurf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Esra Limbacher hat für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551644 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 90 |
Tagesordnungspunkt | EU-Richtlinie Offenlegung Ertragssteuerinformationen |