Kay GottschalkAfD - EU-Richtlinie Offenlegung Ertragssteuerinformationen
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute sprechen wir über einen Gesetzentwurf, der eine EU-Richtlinie umsetzt. Herr Mayer, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Einen Einkommensteuersatz von 50 Prozent haben wir Gott sei Dank noch nicht;
(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Wenn man alles zusammenzählt!)
aber Sie meinten sicherlich Steuern und Abgaben. Da kommt man damit hin.
Herr Limbacher, vielleicht wäre es auch mal an der Zeit, den Unternehmen, die hier in Deutschland Arbeitsplätze schaffen, Danke für das zu sagen, was sie im Ausland nicht tun müssten, nämlich dafür, dass sie knapp die Hälfte des Krankenkassenbeitrags, die Hälfte des Beitrags zur Renten- und zur Arbeitslosenversicherung und weiter den Solidaritätszuschlag zahlen. Das ist etwas, was Unternehmen in anderen Ländern nicht tun und nicht kennen. Nebenbei zahlen sie noch Gewerbesteuer; wir kommen gleich zum Thema Überregulierung. Ich glaube, Sie haben das weltweite Umfeld – trotz der 15‑prozentigen globalen Mindestbesteuerung – noch nicht ganz erkannt.
(Zuruf des Abg. Kaweh Mansoori [SPD])
Typisch allerdings ist für die Bundesrepublik – in meiner Kritik nehme ich die CDU/CSU der letzten Jahre nicht aus –, dass diese EU-Richtlinie nicht nur umgesetzt wird, sondern gleich noch ein paar Besonderheiten eingebaut werden. Exemplarisch sei hier die Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs genannt, um eine Ausweichgestaltung zu verhindern. Wundern Sie sich, meine Damen und Herren, ernsthaft noch über Überbürokratisierung, Überregulierung und darüber, dass viele Unternehmen den Standort Deutschland verlassen? VW ist gerade angesprochen worden; BASF wird Ludwigshafen in vielen Teilen verlassen. Ich glaube, Sie alle hier haben die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt.
(Beifall bei der AfD)
Manchmal ist weniger eben einfach mehr. Ich kann noch Beispiele ergänzen: IDW, IHK und viele andere haben sich in die gleiche Richtung geäußert.
Erst mal ist die frohe Botschaft des Gesetzes, die ja verbreitet worden ist, dass dadurch mehr Transparenz hergestellt werden soll. Aber die SPD scheint nach den Ausführungen, die ich von Ihnen, Herr Limbacher, gehört habe, Transparenz mit einem modernen elektronischen Pranger zu verwechseln. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin zunächst aus dem Gesetzentwurf:
… soll eine informierte öffentliche Debatte darüber ermöglicht werden, ob die betroffenen multinationalen Unternehmen und Konzerne ihren Beitrag zum Gemeinwohl auch dort leisten, wo sie tätig sind.
So weit, so gut. Mit Blick auf Fragen der Steuergerechtigkeit und Steuervermeidungs- oder ‑umgehungsstrategien, die sich große Unternehmen von Kohorten von Anwälten, die sie sich leisten können, ausdenken lassen, klingt das zunächst einmal nach einer guten Initiative – wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre.
Neben diesem möglicherweise durchaus guten Effekt treten noch eine ganze Menge weiterer Effekte ein. Ich sehe schon jetzt mit den Ertragsteuerinformationsberichten die Träume einiger sozialistischer Umverteilungsfanatiker hier im Hohen Hause in Erfüllung gehen. Mit diesen Informationen werden dann viele Unternehmen zeigen, dass sie noch nicht zu den völlig ausgequetschten Zitronen gehören und man aus ihnen noch etwas Saft – oder vielmehr Steuern – pressen kann.
(Beifall bei der AfD)
Herr Habeck hat in seinen öffentlich gewordenen Briefen an den Bundesfinanzminister schon das eine oder andere durchklingen lassen, was nicht gerade mit dem Wort „Sparsamkeit“ beschrieben werden kann.
Aber zurück zum Thema. Auch handwerklich ist der Gesetzentwurf noch nicht wirklich ausgegoren, getreu dem für diese Regierungspolitik versinnbildlichten Lindner-Slogan „Das muss noch mal in die Montagehalle“. Aus meiner Sicht ist der Erfüllungsaufwand – hierauf kommt es an – für die Wirtschaft mit jährlich etwa 16,7 Millionen Euro sehr optimistisch nach unten gerechnet worden, wie wir es schon so häufig erlebt haben. Hier dürfte in der Realität deutlich mehr personeller und finanzieller Aufwand für die entsprechenden Unternehmen entstehen.
Das hat mehrere Gründe. Neben den bereits erwähnten Besonderheiten über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus werden die vom Gesetz umfassten multinationalen Unternehmen in der Zukunft gleich „vier verschiedene Regelungen für die Erstellung von CbCRs“ – Country-by-Country Reportings – „zu beachten“ haben, stellt Markus Hierl vom Deutschen AnwaltSpiegel fest. Das erinnert etwas an die verschiedenen Grundsteuermodelle, und wir kennen die Auswirkungen. Auch die Abweichung von der EU-Richtlinie wird nicht die versprochene Vereinheitlichung der Offenlegungspflichten mit sich bringen und somit gerade weder den Anspruch von Transparenz noch den von Vergleichbarkeit erfüllen, meine Damen und Herren. – Ich sehe, die Präsidentin meldet sich.
Ja.
Es gäbe noch einiges zu sagen, aber in jedem Fall gilt: Dieser Gesetzentwurf muss dringend in die Werkstatt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Die Kollegin Katharina Beck hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551646 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 90 |
Tagesordnungspunkt | EU-Richtlinie Offenlegung Ertragssteuerinformationen |