Stefan MüllerCDU/CSU - Regierungserklärung zum Europäischen Rat
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler, es ist gut, dass Sie heute diese Regierungserklärung zum Europäischen Rat gehalten haben. Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass Sie in dieser Regierungserklärung Ihre Regierung auch tatsächlich erklären. Diese Gelegenheit haben Sie verpasst. Die Wahrheit ist nämlich, dass in Europa kein Mensch mehr diese Regierung versteht. Das „Handelsblatt“ schrieb gestern unter dem Titel „Fehlende Koordinierung – das Chaos in der Bundesregierung sorgt für Ärger in Brüssel“:
Diplomaten in Brüssel sind entsetzt. Von einem „Vertrauensbruch“ ist die Rede. Es stehe die Frage im Raum, was Abmachungen mit Deutschland wert seien.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)
Und in der Tat: Zu wesentlichen Vorhaben auf europäischer Ebene hat Deutschland keine Meinung, Herr Bundeskanzler, weil Ihre Regierung zerstritten ist. Sanierungspflicht: keine Position, Bargeldobergrenze: keine Position, Emissionshandel: keine Position. Der deutsche EU-Botschafter hat der Bundesregierung einen Brief geschrieben, in dem er sich darüber beschwert, dass Deutschland in Brüssel nicht sprechfähig ist, weil die Ampelministerien sich nicht einigen können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Partner in Europa erwarten von uns Impulse, sie erwarten Orientierung, ja, sie erwarten auch Führung. Was sie bekommen, sind Chaos und Durcheinander, ist Enthaltung statt Haltung. So kann man sich in Europa nicht präsentieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Dürr, wenn Sie reden, hat man ja ein bisschen Angst um dieses Rednerpult.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will nur sagen: Dieser ständige Verweis auf frühere Regierungszeiten ist langsam auch etwas langweilig.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Aber es ist die Wahrheit! – Christian Dürr [FDP]: Es geht ums Jetzt!)
Sie wollten es doch besser machen. Sie sind hier angetreten und haben so getan, als könnten Sie alles besser als vorherige Regierungen.
In Ihrem Koalitionsvertrag steht:
Um eine bestmögliche Vertretung deutscher Interessen auf europäischer Ebene zu erreichen, wird die Bundesregierung ein geschlossenes Auftreten gegenüber den europäischen Partnern und Institutionen sicherstellen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Aha!)
Diesem Anspruch werden Sie alles andere als gerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ständig Enthaltung, keine Haltung in Europa, keine klaren Positionen – eine Streitkoalition, das sind Sie.
Herr Dürr, weil Sie das Thema „Verbrenner“ angesprochen haben – Sie haben auch das Wort „schäbig“ verwandt –
(Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])
und um der Wahrheit die Ehre zu geben, will ich Markus Söder zitieren. Es ist nicht schwer, herauszufinden, was er gesagt hat.
(Manuel Höferlin [FDP]: Es kommt von ihm jedes Mal etwas anderes!)
Ich will es Ihnen gerne noch mal vortragen – Markus Söder, 2020, CSU-Parteitag –:
Ich bin sehr dafür, dass wir uns ein Enddatum setzen, … an dem fossile Verbrenner mit fossilen Kraftstoffen nicht mehr neu zugelassen werden können.
(Christian Dürr [FDP]: Das ist lustig! Der hatte schon zwölf verschiedene Positionen! Welche meinen Sie jetzt?)
Ich habe noch ein anderes Zitat für Sie dabei:
Wir müssen die verschiedenen Energieträger dort einsetzen, wo sie am effizientesten sind. Das ist beim Pkw der E-Antrieb … Auf absehbare Zeit werden wir aber nicht genug E-Fuels haben, um die jetzt zugelassenen Pkw mit Verbrennungsmotor damit zu betreiben.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Genau!)
So Volker Wissing im „Tagesspiegel“ am 13. Januar 2022.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)
Wenn Sie jemanden suchen, Herr Dürr, der eine 180-Grad-Wende hingelegt hat, dann schauen Sie zu Ihrem eigenen Verkehrsminister, in Ihre eigenen Reihen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das nächste Mal sollten Sie diese Haltung aber nicht auf den letzten Drücker einnehmen, sondern rechtzeitig. Dann wäre Ihr Vorgehen nicht nur inhaltlich richtig, sondern auch professionell und für unsere Partner in Europa auch berechenbar.
(Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])
– Ja, Sie können gerne googeln. Wahrscheinlich ist es das gleiche Zitat, Stichwort „fossile Verbrenner“.
Als letzte Bemerkung: Sie haben den Bildungsgipfel angesprochen. Es ist ja interessant, wer alles nicht da war, auch, von welchen Parteien. Es sind dabei: Grüne, Freie Wähler, SPD, CDU, Die Linke. Wenn Sie sich die Frage stellen, warum an dem Bildungsgipfel so wenige Kultusminister teilgenommen haben, sollten Sie sich fragen, ob es nicht auch damit zusammenhängt, wie schlecht Sie die Länder behandeln. Wenn ich gerade Kultusminister in einem Bundesland wäre, würde ich mir auch gut überlegen, ob ich zu einer solchen Veranstaltung gehe, wenn mir in der gleichen Woche erzählt wird, wozu der Bund nicht mehr bereit ist. Einen solchen Bildungsgipfel braucht kein Mensch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Chantal Kopf.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551705 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zum Europäischen Rat |