Detlef MüllerSPD - Regionalisierungsgesetz, Ticketpreise im ÖPNV
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viele von uns haben bis zum heutigen Tag Gespräche zum Deutschlandticket geführt: mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, im Wahlkreis, mit den Verkehrsunternehmen, mit den Verkehrsverbünden, mit den Akteuren und Verantwortlichen aus den Bundesländern, mit dem Bundesministerium, aber selbstverständlich auch mit den Kommunen.
Besonders einprägsam war für mich eine Podiumsdiskussion zum Deutschlandtakt im vergangenen Herbst, an der ich teilnahm. Mit auf dem Podium saß unter anderem der Geschäftsführer eines großen Verkehrsverbundes. Lange Ausführungen seinerzeit – so ähnlich wie Michael Donth hier –, warum das alles nicht geht, warum das alles schlecht ist, warum das Deutschlandticket so nicht funktionieren kann. Ich zitiere: Sie machen damit alles kaputt, was wir uns in 25 Jahren mühsam aufgebaut haben,
(Dorothee Martin [SPD]: Ein Glück!)
ein sorgsam und fein ausgetüfteltes Tarifsystem, ein breites Ticketsortiment. Aber für unsere Kundinnen und Kunden, na ja, da ist das schon genial. – Eben!
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das 9-Euro-Ticket war ein voller Erfolg, nicht nur wegen des Preises. Ein deutschlandweit gültiges Ticket ist unschlagbar kundenfreundlich: Einsteigen, mitfahren, aussteigen. Niemand muss sich Gedanken über Tarifzonen, Waben, zeitliche Begrenzungen machen, ob in der eigenen Region oder im Urlaub innerhalb Deutschlands.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Aber nur, wenn der Bus kommt!)
Kurzum: Das Deutschlandticket ist eine Revolution für den öffentlichen Personennahverkehr hier in Deutschland.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir als Ampelkoalition haben diesen Weg erfolgreich beschritten. Die Finanzierung ist sichergestellt, und letzte Details sind nun geklärt. Meine Damen und Herren, es war ein langer Weg bis hierhin. Die Einführung eines solchen Tickets ist deutlich komplexer, als viele denken.
(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Haben Sie das jetzt auch gemerkt?)
Uns ist es gelungen, den Gesetzentwurf an den entscheidenden Stellen zu verbessern und letzte Bedenken auszuräumen.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Nicht die letzten Bedenken! Die bestehen noch!)
Bis zum vergangenen Montag haben wir verhandelt, uns mit Ministerien und vor allen Dingen mit den Bundesländern abgestimmt, und heute können wir beschließen. Wir haben in Deutschland aktuell 75 Verkehrsverbünde und circa 450 Verkehrsunternehmen, fast jeder Verbund mit einem eigenen Tarifsystem, mit einer Unzahl an unterschiedlichen Tarifen, Gültigkeiten, betroffenen oder eben nicht betroffenen Personengruppen, räumlichen Grenzen, Mitnahmeregelungen. Mit dem Deutschlandticket wird eine Vielzahl von Tarifen einfach überflüssig. Das System wird somit deutlich vereinfacht und damit auch deutlich kundenfreundlicher.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Um jetzt mal mit dieser berühmten Metapher von dem Flickenteppich aufzuräumen, die da immer wieder herumgeistert: Sicherlich werden in einigen Regionen abweichende Angebote erhältlich sein – Michael Donth hat einige angesprochen –, die zwar günstiger, aber eben fast ausschließlich regional gültig sind.
(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Das ist ja das Problem!)
Das halten wir im Föderalismus doch aus. Wenn die Länder meinen, dies finanzieren zu können – mit eigenen Mitteln –, dann ist das so auch in Ordnung.
Ich bin überzeugt, dass das Deutschlandticket das Standardticket im ÖPNV werden wird. Meine Damen und Herren, dieses Ticket ist mit einem monatlichen Preis von 49 Euro ein großartiges Angebot für aktuelle Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV. Insbesondere Pendlerinnen und Pendler werden deutlich entlastet.
Ich nenne Ihnen mal beispielhaft die aktuellen Preise einiger Monatskarten im Abo. Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, der einwohnerstärkste Verkehrsverbund in Deutschland, das verbundweite Ticket im Monat 177,77 Euro; das Monatsticket im Abo nur in der Stadt Köln 92,90 Euro; in Chemnitz, in meiner Stadt, Stadtgebiet im Monat 55 Euro; hier in Berlin im Tarifgebiet ABC, also der gesamten Stadt, 84 Euro im Monat, im gesamten Netz 178 Euro und im Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau, lieber Michael Donth, nur in Wabe Reutlingen 68 Euro im Monat. Monatstickets, im Abo, nur regional, nur in der Stadt oder im Verbund – diese Tickets und Tarife braucht es in Zukunft einfach nicht mehr. Und es zeigt, dass die 49 Euro im Monat für ein bundesweit gültiges Ticket ein sehr, sehr fairer Preis sind. Die SPD-Bundestagsfraktionen hatte diesen Preis übrigens schon Anfang September in ihrer Klausurtagung in Dresden als Ziel festgelegt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Meine Damen und Herren, wir freuen uns, dass wir uns als Koalition darauf nun gemeinsam mit den Ländern verständigen konnten. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam mit den Ländern dieses Ticket auch dauerhaft unterstützen und anbieten können.
Das neue Ticket ist auch ein entscheidender Anstoß für viele Verbünde und Unternehmen, das Thema Digitalisierung endlich anzugehen: als Papierfahrscheinvariante nur übergangsweise erwerbbar, im Regelfall nur per App oder als Chipkarte. Sanfter Druck ist nötig, damit die Unternehmen allein oder in Kooperation digitale Lösungen entwickeln. Sehr gut!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
In diesem Zusammenhang ist auch klar: Wir brauchen neben dieser großen Tarifreform auch den Ausbau des ÖPNV-Systems. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, den Ausbau- und Modernisierungspakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen voranzubringen. Zu nennen sind hier der Angebotsausbau, die Digitalisierung, aber auch die Modernisierung der Infrastruktur und der Fahrzeugflotten – Minister Wissing hat darauf hingewiesen. Dafür braucht es insbesondere eine zukunftsfähige Finanzierung. Hierfür ist eine gemeinsame finanzielle Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen notwendig. Auch auf diesen anstrengenden, aber guten Prozess freue ich mich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, doch jetzt gilt die Aufmerksamkeit und die Freude dem Deutschlandticket. Ich danke allen Beteiligten, die zum Erfolg dieser großen Reform beigetragen haben und damit die Einführung des Deutschlandtickets ermöglichen. Ich freue mich auf den 1. Mai, wenn wir dieses Jahr nicht nur den Tag der Arbeit begehen können, sondern auch den Tag des Deutschlandtickets.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Für die AfD-Fraktion hat das Wort Wolfgang Wiehle.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551749 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Regionalisierungsgesetz, Ticketpreise im ÖPNV |