Henning RehbaumCDU/CSU - Regionalisierungsgesetz, Ticketpreise im ÖPNV
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Verkehrsminister aus Nordrhein-Westfalen und die Kollegen der Ampel hier im Bund haben alle durch die Bank heute per Plenarbeschluss den Tarifdschungel für beendet erklärt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben weiterhin die große Frage der Mitnahme von Fahrrädern, von Hunden, von Kindern, Rabatte für Azubis, Studenten, Schüler, einkommensschwache Haushalte. Der Tarifdschungel wuchert und wuchert. Die Rettung aber – das kann ich Ihnen an der Stelle sagen – naht. Wir haben mittlerweile zwei sehr bekannte Pauschaltouristen, Robert Habeck und Cem Özdemir, die ein Praktikum im brasilianischen Dschungel gemacht haben. Vielleicht können sie, wenn sie wiederkommen, den Bürgern den neuen Tarifdschungel der Ampel in Deutschland erklären.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Ist das lustig! – Dorothee Martin [SPD]: Das haben Sie doch nicht nötig, Herr Rehbaum! – Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Kleinkariert! Kleines Karo!)
Seit der ersten Lesung hat sich nicht viel beim Gesetzentwurf getan. Es gibt immer noch viele Fragen, die Sie in der Ampel zwei Wochen vor dem Verkaufsstart des Tickets nicht gelöst haben. In der Anhörung im Verkehrsausschuss haben Fachleute Verbesserungsvorschläge gemacht, und ÖPNV-Praktiker haben Alarm geschlagen, weil wichtige Punkte noch immer nicht geregelt sind. Die Ampel feiert sich ja schon für das 49-Euro-Ticket.
(Dorothee Martin [SPD]: Zu Recht!)
Aber im Maschinenraum des ÖPNV brennt der Baum.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich finde es unverantwortlich, die Hilferufe der Branche einfach zu ignorieren. Was Sie gerade noch geändert haben, ist die Tarifvorgabe durch den Bund. Vor der hatte sich die Ampel viel zu lange gedrückt. Sie hat die gesamte ÖPNV-Branche damit verrückt gemacht. Ansonsten bleibt es dabei: Die Finanzierung der Verluste durch das Ticket nach 2023 und die Aufteilung der Einnahmen unter den Verkehrsunternehmen sind leider nicht gelöst. Anders als von der Ampel versprochen, bleibt der Flickenteppich; darüber haben wir schon intensiv gesprochen.
Aber zurück zur Einnahmeaufteilung. Wir werden erleben, dass Kunden das 49-Euro-Ticket nicht bei ihrem lokalen Verkehrsunternehmen, sondern bei mächtigen, werbestarken Plattformen kaufen, zum Beispiel auf bahn.de oder auf deutschlandticket.de, einer Internetseite, die übrigens von dem französischen Unternehmen Transdev betrieben wird. Diese Plattformen sitzen dann auf einem dicken Sack voll Geld, und die Besitzer der dort gekauften Tickets fahren bundesweit, ob in München, in Reutlingen oder Ennigerloh. Die zentrale Frage ist: Wie kommen die Münchner Verkehrsgesellschaft, der Reutlinger Stadtverkehr oder der Familienbetrieb Kottenstedte in Ennigerloh-Ostenfelde an ihre Fahrgeldeinnahmen, wenn sie bei großen Staatskonzernen gebunkert sind, nicht erst nach fünf Jahren, sondern zum Monatsende, wenn Fahrerlöhne, Kraftstoff oder Monatsraten für die Busse bezahlt werden müssen?
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Donth [CDU/CSU]: Das ist die Frage!)
Über ein billiges Ticket freuen sich die Menschen, die es nutzen können. Für die Verkehrsbetriebe droht ein existenzielles Problem. Das sage ich als jemand, der zwölf Jahre Verkehrsunternehmen im Mittelstand, im Kommunalwesen und bei Konzernen geleitet hat. Das 49-Euro-Ticket entzieht den kleinen und mittleren Betrieben massiv Liquidität, und die Konzerne profitieren. Warum sieht die Ampel das nicht?
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Wiehle [AfD] – Dorothee Martin [SPD]: Die Debatte hatten wir vor einem Jahr auch schon!)
Das Ticket bleibt also eins: ein schönes Bonbon für Bestandskunden im ÖPNV. Dafür gibt die Ampel Milliarden aus, die beim Ausbau des Bus- und Bahnangebots fehlen. Dabei wollen wir das doch zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen unbedingt gemeinsam ausbauen, Herr Minister Krischer: neue Schnellbuslinien, Reaktivierung von Bahnstrecken, Halbstundentakt in jedem Dorf und Buslinien, die nicht erst um 6 Uhr, sondern schon um 5 Uhr starten, damit Industriearbeiter und Pflegekräfte endlich mit dem Bus zur Frühschicht fahren können; denn wo kein Bus fährt, bringt auch das billigste Ticket nichts.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
ÖPNV muss nicht nur bezahlbar sein; er muss vor allem alltagstauglich sein.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Kollege Martin Kröber ist für die SPD-Fraktion der nächste Redner.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551755 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Regionalisierungsgesetz, Ticketpreise im ÖPNV |