16.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 91 / Tagesordnungspunkt 10

Alexander HoffmannCDU/CSU - Gesetz zur Behebung von Fehlanreizen im Asylverfahren

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Rede von Herrn Curio zeigt dem Grunde nach zwei Dinge. Zunächst einmal macht sie, finde ich – das ist immer so, wenn Sie reden –, ganz deutlich, dass die AfD eigentlich nicht in dieses Haus gehört.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE])

So viel Spaltung, so viel Unsachlichkeit und so viel Hetze dürften hier eigentlich keinen Platz haben.

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Das Zweite, was dann auch immer deutlich wird, ist, dass es offensichtlich gerade das Thema Migration ist, das für die AfD identitätsstiftend ist, möchte man fast sagen.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen wollen sie Migration reduzieren! Das ist eine ganz komische Logik, Herr Hoffmann!)

Wenn man sich die Umfragewerte anguckt, dann wird genau das bestätigt: Im Mai 2016, nach der Migrationskrise, lag die AfD bei 15 Prozent, im August 2021 bei 10 Prozent – da hatte man das Thema eigentlich sehr gut im Griff – und jetzt, im Februar 2022, bei 15 Prozent. Man erkennt also schon eine sehr deutliche Parallelität.

(Beatrix von Storch [AfD]: Scheint den Menschen wichtig zu sein, das Thema!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampel, vor allem Kollege Lindh, ich verstehe Sie, wenn Sie nach so einer Rede von Herrn Curio emotional sind. Manchmal schreien Sie ja auch, und diese Schreiattacken gehen dann auch manchmal in Richtung der Union.

(Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kennen wir aus dem Innenausschuss, Herr Hoffmann! Das war gestern ein ganz besonderer Auftritt von Ihnen!)

– Genau das meine ich.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich war gestern dabei, lieber Herr Hoffmann!)

Da sind wir bei der ersten Schwäche Ihrer Migrationspolitik; denn dem Grunde nach empören Sie sich immer.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besser als diese Kumpeleien der CDU mit der AfD! – Helge Lindh [SPD]: Nichts verstanden!)

Das war gerade ein schönes Beispiel. Sie haben, ohne über Antworten zu reden,

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die Brandmauer im Osten zur AfD? Das müssen Sie mal beantworten! – Gegenruf des Abg. Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Jetzt ist aber mal gut! Wir brauchen hier keine Belehrungen über Brandmauern! Die haben wir! – Gegenruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir ja nächstes Jahr sehen bei der Wahl!)

als ersten Mechanismus etabliert: Wir empören uns. – Dieser Empörungsmechanismus geht so weit, dass selbst der sachlichste Unionskollege, wie zum Beispiel der Kollege Frei, am Schluss als Rassist beschimpft wird, wenn er in Sachen Migration nicht das sagt, was Sie denken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das zweite Problem Ihrer Migrationspolitik ist dem Grunde nach, dass Sie, die Ampel und auch die Bundesregierung, wenn man genau hinguckt, doch weitestgehend tatenlos sind. Der Flüchtlingsgipfel war ein Manifest der Tatenlosigkeit und der Ergebnislosigkeit.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das war eine Nullnummer!)

Dort, wo man etwas verändern könnte, passiert nichts. Schauen Sie sich die Erweiterung der sicheren Herkunftsstaaten an! Das Gesetz hängt seit 2016 im Bundesrat; es wird bis heute von den Grünen blockiert. Das wäre eine Stellschraube, mit der man ein Signal aussenden und mit der man auch die Verfahren entlasten könnte.

Auch in Sachen Gemeinsames Europäisches Asylsystem oder europäischer Außengrenzschutz passiert doch in Wahrheit überhaupt nichts. Schauen Sie sich mal den Gesprächsfaden mit der Türkei an! Jeder weiß, dass, wenn wir einen europäischen Außengrenzschutz wollen, wenn wir ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem wollen, das ohne die Türkei nicht gehen wird. Aber die Maxime der Innenministerin und die Maxime der grünen Außenministerin

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Wo ist die eigentlich?)

ist doch, dass man mit der Regierung Erdogan nicht redet. Deswegen ist der Deutschland-Türkei-Deal mittlerweile völlig zum Erliegen gekommen.

(Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der heißt EU-Türkei-Deal, Herr Hoffmann! Den hat nicht die Bundesregierung beschlossen! Das war die EU-Kommission! – Clara Bünger [DIE LINKE]: Das ist doch Quatsch! Das wäre jetzt unsere Forderung, oder was?)

Der dritte Punkt ist: Sie setzen gefährliche Anreize. Die Außenministerin hat ein Sonderaufnahmeprogramm Afghanistan etabliert. Da müssen Sie sich auch einmal die Signalwirkung für die Region vor Augen führen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Was für eine Hassrede ist denn das? – Helge Lindh [SPD]: Schändlich! Was haben Sie denn gefordert?)

Sie legen eine Fachkräftekonzeption vor, die bewusst Fachkräftezuwanderung und allgemeine Migration vermischt.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist ja der pure Rassismus!)

Sie eröffnen sogar die Möglichkeit, dass jemand völlig ohne Qualifikation in unser Land einreisen kann.

(Beatrix von Storch [AfD]: Wie menschenverachtend reden Sie denn?)

Das Ganze garnieren Sie dann noch mit einer erheblichen Liberalisierung im Staatsangehörigkeitsrecht. Dabei merken Sie von der Ampel nicht, dass Sie mittlerweile ein Geisterfahrer in Europa sind; denn alle anderen Länder regulieren Migration mittlerweile stärker, weil sie verstanden haben, dass man nur so das Sterben im Mittelmeer wird verhindern können.

(Beifall bei der CDU/CSU – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Parteifreund Orban, oder wen meinen Sie da? Ihr Parteifreund Orban, die Rechtsaußen-Meloni, oder wen meinen Sie? Wenn das Ihr Maßstab ist!)

Das, was Sie machen – Entschuldigung –, ist am Ende des Tages ein Konjunkturprogramm für Schleuser. Wir wissen mittlerweile, dass die Schleuserprämien noch höher werden, wenn es nach Deutschland geht, und die Boote werden noch sehr viel voller.

(Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Hoffmann, ich lade Sie ein! Kommen Sie gerne aufs Mittelmeer! Ich habe da Kontakte! Das kriegen wir hin! – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn der Front National an die Regierung kommt, ist das auch gute Politik, oder wie? Oder die Schwedendemokraten – das sind Ihre Freunde?)

Bevor Sie sich jetzt wieder ereifern, komme ich zum vierten Punkt, der mir wichtig ist. Wir müssen das Thema Migration nicht nur am Mittelmeer betrachten; denn das größte Grab der Region ist nicht das Mittelmeer, es ist die Sahara. Es gibt Schätzungen, wonach über 1,5 Millionen Menschen in der Sahara ums Leben gekommen sind beim Versuch, nach Nordafrika zu kommen, in der Hoffnung, nach Europa zu kommen. Meine Damen, meine Herren, wenn ich das weiß, dann muss es darum gehen, dass wir möglichst wenige Anreize setzen,

(Helge Lindh [SPD]: Ach!)

um sich auf diese Fluchtrouten zu begeben, weil dort Menschen sterben, Kinder verschwinden und Frauen vergewaltigt werden. Auch da bin ich wieder bei Ihrer Politik der Tatenlosigkeit. Schauen Sie sich einmal an, ob die Entwicklungshilfeministerin in den letzten Monaten irgendwo zu sehen war!

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Wo ist denn die Ministerin?)

Ich habe kürzlich in einer Podiumsdiskussion gesessen,

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wahrscheinlich mit Hans-Georg Maaßen!)

da ist mir ihr Name nicht einmal eingefallen, weil sie so wenig in Erscheinung tritt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE] – Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber der Name von Viktor Orban fällt Ihnen immer regelmäßig ein, oder? In Bayern?)

Meine Damen, meine Herren, ich weiß, das Thema ist schwierig. Aber wir erleben von Ihnen eine derart naive Betrachtung der Dinge, dass ich Ihnen sage: Sie selbst haben es in der Hand, mit wie viel Prozent die AfD am Ende des Tages in diesem Haus sitzt und ob sie in diesem Haus sitzt.

Herr Kollege?

Sie müssen Antworten finden, statt sich zu empören und Dinge schönzureden.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt hat Marcel Emmerich das Wort für Bündnis 90/ Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7551776
Wahlperiode 20
Sitzung 91
Tagesordnungspunkt Gesetz zur Behebung von Fehlanreizen im Asylverfahren
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