Dorothee BärCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Geschäftsbeziehungen zwischen Bundesregierung und Journalisten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es ist ja sehr kurios, dass ausgerechnet die AfD eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Nein zum Staatsjournalismus – Geschäftsbeziehungen zwischen Bundesregierung und Journalisten beenden“ beantragt. Ausgerecht die Partei, für die Pressefreiheit ein Fremdwort ist, erhebt sich hier als Hüterin der Unabhängigkeit der Medien vor regierungsseitiger Einflussnahme.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ausgerechnet die Partei, die Vertreter der freien Presse unter großem Applaus ihrer Parteimitglieder dazu zwingt, den Saal zu verlassen. So geschehen 2017 auf einem AfD-Parteitag mit Andreas Wolf, einem Korrespondenten der sächsischen „Freien Presse“. Halten Sie das für ein richtiges Verhalten? Wir nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
Ausgerechnet die Partei, die Journalistinnen und Journalisten am Katzentisch sitzen lässt, Dutzende Meter hinter ihren Mitgliedern, hinter einem Absperrband mit wahnsinnig viel Sicherheitsabstand.
(Stephan Brandner [AfD]: Wir wissen schon, warum!)
So geschehen erst im Juli letzten Jahres auf dem AfD- Parteitag in Sachsen. Auch das ist kein korrektes Verhalten Journalistinnen und Journalisten gegenüber.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Bei uns gibt es kein Freibier!)
Ausgerechnet die Partei, die auch noch dreist gelogen hat, als sie den Ausschluss des unliebsamen Journalisten im Vorfeld dieses Parteitags in einer riesigen, ansonsten komplett leeren Halle mit dem Vorwand „Wir haben Platzmangel“ begründet hat. Sie glauben wirklich, dass die Menschen so doof sind und Ihnen das glauben, wenn sie leere Säle, leere Stühle sehen. Sie schmeißen Journalisten raus.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Das ist doch Unsinn! Sie konstruieren hier irgendwas!)
– Ja, das haben Journalisten auch aufgedeckt. Ja, die Wahrheit tut halt weh.
Ausgerechnet die Partei, bei der freie Berichterstattung unerwünscht ist, die aber gern mit rechtsextremen Medien zusammenarbeitet, will uns jetzt integren Politikjournalismus erklären.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da muss man ganz ehrlich sagen: Man ist sich ja nicht sicher, ob man angesichts dieser Doppelmoral an dieser Stelle lachen oder weinen soll.
(Stephan Brandner [AfD]: Weinen Sie mal!)
Diese Aktuelle Stunde hat, abgesehen davon, ausgerechnet die Partei beantragt, deren Beitrag zum Weltfrauentag lautete, das beste Geschenk, was man Frauen machen könne, seien sofortige Abschiebungen, ausgerechnet diese Partei.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Was für ein Blödsinn! Wo haben Sie denn das her? Das ist doch Blödsinn!)
– Es sind Ihre Pressemitteilungen, nicht meine.
Zurück zum Thema. Im bewährten AfD-Sprech suggerieren Sie, dass sich Politiker in Regierungsverantwortung hierzulande ganz üblicherweise einfach mal Journalisten kaufen, um die jeweils gewünschte Meinungsmache zu betreiben.
(Stephan Brandner [AfD]: So ist es!)
– Ja, wenn Sie das glauben, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann wissen Sie, was Sie erwarten würde, sollte diese Partei – Gott bewahre! – jemals Regierungsverantwortung übernehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das ist nämlich genau die Denke: Wenn Sie glauben, man kann sich Journalisten kaufen, dann würde man das an der Stelle machen. Natürlich wäre das so.
Sie unterstellen der vierten Gewalt in Deutschland korrupte Strukturen, Strukturen, die die Kontrollfunktion der Medien mittels wahrhaftiger Berichterstattung über die Exekutive, die Judikative und die Legislative ad absurdum führen würden. Da kann ich Sie beruhigen: Für diese Kontrolle braucht es in unserem Land ganz sicher nicht die AfD, weil diese Kontrollfunktion die Medienschaffenden in unserem freiheitlich-demokratischen Land schon selbst wahrnehmen.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
Um noch einmal auf den Fall zu sprechen zu kommen: Ja, wo haben Sie das denn her? Wer hat es denn aufgedeckt? Die „taz“ hat es doch aufgedeckt.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das war doch unsere Anfrage!)
Das muss man doch mal ganz klar sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Im Fall des Auftritts unseres Bundeskanzlers auf der re:publica hat die „taz“, haben also die Pressemacher selbst es aufgedeckt. Das ist ein großer Wert, nicht selbstverständlich.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das war unsere parlamentarische Anfrage, nicht die „taz“!)
– Die Anfragen kamen genauso von meinen Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Nein, die nicht! Die kam von uns!)
Peinlich ist die Sache für die Bundesregierung. Meine Kollegin Christiane Schenderlein wird noch mal darauf eingehen.
Ich glaube, es wäre trotz allem vielleicht auch ein Hinweis an die SPD angebracht: Transparenz verhindert Machtmissbrauch. Kontrolle kann nur greifen, wenn einsehbar ist, wer wann gebucht wird. Aber zur Wahrheit gehört: Bei einer Offenlegung müssten die Journalistinnen und Journalisten auch selbst mitmachen. Eine Auskunft mit Verweis auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu verweigern und erst, nachdem die recherchierende Zeitung das Verwaltungsgericht angerufen hat, den Regierungssprecher noch schnell vor dem Urteilsspruch antworten zu lassen, ist auch kein guter Stil, und ich bin mir sicher, dass das Olaf Scholz auch nicht nötig hat.
Übrig bleibt aber dennoch – das ist das, was es so bitter macht –: Die Partei, die mit Fake News arbeitet, die Partei, die mit Verhetzungspotenzial arbeitet, die Partei – –
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Rassismus!)
– Wenn Sie auch noch sagen, dass Sie rassistisch arbeiten,
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Menschenfeindlichkeit!)
dann nehme ich das auch noch dazu.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
– Also, Zurufe aus der AfD-Fraktion – für die, die es nicht gehört haben –: Sie sagen, dass sie auch noch mit Rassismus und Menschenfeindlichkeit arbeiten.
(Zuruf von der AfD: Das sind doch Hülsen!)
Dahinter mache ich auch einen Haken; völlig richtig.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Haben Sie noch mehr solche Hülsen?)
Übrig bleibt, dass die Aktuelle Stunde von einer Fraktion beantragt wurde, –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– die „Haltet den Dieb!“ schreit und die sich selbst nie an Recht und Gesetz hält. Unmöglich, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Nächster Redner ist Erhard Grundl für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Retrieved from | http://dbtg.tv/fvid/7551794 |
Electoral Period | 20 |
Session | 91 |
Agenda Item | Aktuelle Stunde: Geschäftsbeziehungen zwischen Bundesregierung und Journalisten |