Otto FrickeFDP - Aktuelle Stunde: Geschäftsbeziehungen zwischen Bundesregierung und Journalisten
Oje, Frau Präsidentin, jetzt müsste ich die Redezeit ja möglichst kurzhalten. – Weil es hier um Kultur- und Medienpolitik geht, zum Antrag der AfD
(Karsten Hilse [AfD]: Wir haben gar keinen Antrag gestellt!)
eigentlich nur einen Satz – in diesem Fall von Marie von Ebner-Eschenbach –: „Was andere uns zutrauen, ist meist bezeichnender für sie als für uns.“ Damit will ich es hinsichtlich der Frage des Antrages einfach auch belassen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD)
– Ist das nicht klar? Vereinfacht: Alles, was ich denke und tue, traue ich jedem anderen zu. Das ist das, nach dem Sie hier an dieser Stelle vorgehen.
Meine Damen und Herren, ich will als Jurist, als Haushälter und als Liberaler – das sind sozusagen die drei Teile meiner politischen Existenz – hier ein wenig analysieren, und ich danke ausdrücklich für die differenzierten Ausführungen der Vorrednerin. Denn genau darum wird es gehen: In dieser Frage wird es niemanden geben, der fehlerfrei ist, weder auf der Regierungsseite noch auf der journalistischen Seite und auch nicht auf der parlamentarischen Seite, sei es die Koalition, sei es die Opposition.
(Stephan Brandner [AfD]: Gemeinsam verzeihen!)
Das Staatsfernegebot, das seinen Ursprung in Artikel 5 des Grundgesetzes hat, ist immer wieder angesprochen worden. Ich will für die Zuhörerinnen und Zuhörer noch mal sagen, was dazu festgestellt worden ist. Es ist festgestellt worden – und das finde ich so wichtig –, dass das Staatsfernegebot auf die Wahrung der Unabhängigkeit und damit Freiheit der Medien zur Gestaltung ihrer Inhalte als Funktionsbedingung für die von ihnen erwartete – und jetzt kommt ein Wort, das ich sehr wichtig finde – Vielfältigkeit ihrer Informationsleistung zielt. Das ist das, was wir wollen; so wollen wir an der Stelle die Pressefreiheit, die sogenannte vierte Macht, haben.
Wir müssen immer wissen, dass jegliche Frage von Checks and Balances, von Gewaltenteilung, essenziell für eine Demokratie ist. Denn immer wenn das nicht funktioniert hat, ging Demokratie zu Ende, und das wollen wir auf gar keinen Fall, durch keine der Gewalten, erreichen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Genau so! So ist es! Richtig! Sehr gut!
Wenn man nun aber genau hinschaut, dann muss man doch ganz klar sagen, dass die pauschale Aussage „Wenn ein Journalist eine Veranstaltung im Auftrage der Regierung macht, dann ist er an der Stelle sozusagen schon vereinnahmt und beeinflusst“ – –
(Beatrix von Storch [AfD]: Wenn er dafür Geld bekommt!)
– Nein, Sie sagen das pauschal.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Gegen Geld!)
– „Gegen Geld“, dazu kommen wir gleich. Alles gut, alles wunderbar! – Wenn es konkrete Hinweise gibt, dann muss man dem – das ist ja genau das, was Tabea Rößner auch gesagt hat – an der Stelle auch nachgehen. Der Moderator hat aber nun mal eine gestaltende Rolle und geht auf Inhalt und Prägung ein.
Wir können darüber reden, ob es immer so sein muss, dass die Bundesregierung möglichst bekannte Journalisten nimmt, weil sie glaubt, dass nur bekannte Journalisten die entsprechende Leistungsfähigkeit haben, um Informationen zu transportieren und um zu berichten. Da muss ich ehrlicherweise sagen: Das kann ich nicht verstehen. Denn ich glaube, dass die Qualität eines Journalisten als Moderator nicht davon abhängt, ob sein Gesicht bekannter oder weniger bekannt ist und ob sein Name häufiger genannt oder weniger häufig genannt wird.
Meine Damen und Herren, es kommt aber noch etwas anderes dazu; damit kommen wir zum Thema Bezahlung. In meiner Funktion als Haushälter sage ich ausdrücklich: Ja, das muss transparenter werden. – Und weil ich nicht vergessen habe, dass ich von 2017 bis 2021 vier Jahre lang in der Opposition war, will ich auch ausdrücklich sagen: Manche Antworten, die man zur Öffentlichkeitsarbeit bekommen hat, waren unbefriedigend. Ich erinnere nur daran, dass man während Corona durch das Gesundheitsministerium noch nicht einmal erfahren konnte, wer welches Honorar bekam, und dass die Regierung sagte, derjenige habe kein Honorar bekommen, sondern nur eine Aufwandsentschädigung. Dieses Spiel dürfen wir nicht spielen. Es hat hier Klarheit und Transparenz zu herrschen.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sehr gut!)
Und dann muss man eben sagen, was man an der Stelle an Aufwandsentschädigung bekommen hat. Ist es eine Aufwandsentschädigung, ist es ein Honorar, oder ist es eine Erstattung der notwendigen Kosten? – Ich sage: Da muss fast dasselbe gelten wie für uns als Bundestagsabgeordnete.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Genau!)
Die Bundesregierung sollte das an der Stelle ein wenig transparenter machen, und dann ist es auch gut.
(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU] – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sehr gut!)
Aber – und das ist der Unterschied, meine Damen und Herren der AfD – das ist die Frage des Wie, nicht die Frage des Ob. Wo Sie heranwollen, ist die Frage, ob Journalisten überhaupt hier arbeiten dürfen.
(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist nicht wahr! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Nein, nein, nein!)
Und da sage ich: „Ja“,
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Habe ich nichts dagegen!)
weil Zusammenarbeit zwischen den Gewalten an der Stelle möglich sein muss.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Uns geht es um Transparenz!)
Sie muss aber so transparent sein, dass der Verdacht einer Befangenheit an der Stelle möglichst zerstört wird. Es ist ganz wichtig, dass wir das hier rausbekommen.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Genau!)
Als Letztes sagt der Liberale in mir aber auch: Wir müssen dafür sorgen, dass wir – ich will es vorsichtig formulieren – Rechtsstaatlichkeit, Vertrauen in einen Journalisten auch dadurch herstellen, dass wir jeglichen negativen Anschein vermeiden. In Richtung Bundesregierung will ich ausdrücklich sagen: Wir haben für alles Compliance-Regeln, wir haben riesig viele Stäbe in der Öffentlichkeitsarbeit, und es ist doch mal der Mühe des Bundespresseamtes wert, an der Stelle auch dafür zu sorgen, dass es hier einheitliche Regelungen in der Bundesregierung gibt. Dann werden wir uns alle freuen.
Wir haben ja noch ein Haushaltsverfahren. Bis November kann man das mit Sicherheit hinbekommen. Der Haushaltsausschuss würde sich sicherlich freuen, weil das Geld dann noch klarer, transparenter und besser ausgegeben wird,
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sehr gut!)
zum Schutze unserer Journalisten, zur Wahrung der Gewaltenteilung. Das wäre jedenfalls nötig.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Zum Schluss, weil es noch elf Sekunden sind: Der Jurist sagt: „Die Verfassung schützen“, der Liberale sagt: „Freiheit der Presse – mit Verantwortung – wahren“, und der Haushälter sagt: „Sparsam bleiben“.
Danke.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Geschäftsbeziehungen zwischen Bundesregierung und Journalisten |