Rita Hagl-KehlSPD - Genomische Techniken in der Landwirtschaft
Danke schön. – Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Antrag der CDU/CSU-Fraktion so liest, dann glaubt man, dass die neue genomische Technik – der Kollege Straubinger hat jetzt immer von Züchtung gesprochen; im Antrag geht es aber um die Zulassung neuer genomischer Technik und nicht um Züchtung –
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist auch Züchtung! – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Ja, das ist ja Züchtung! – Gegenruf des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, eben nicht!)
ein Allheilmittel wäre. Sie beseitige die Auswirkungen des Klimawandels, sie schütze die Biodiversität, sie reduziere Pflanzenschutzmittel und Dünger, sie beseitige den Welthunger – hört sich wunderbar an –,
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Reine Semantik!)
und sie sei eine weltweite Revolution der Pflanzenzucht. An dieser Revolution müsse Deutschland auch großen Anteil haben. So ungefähr steht es in Ihrem Antrag.
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Ja, das ist ja richtig! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist auch nicht falsch!)
Jetzt mal zur Realität. Wir hatten eine Anhörung im Ausschuss, wo es auch um die Frage ging: Wie viele Pflanzen gibt es denn schon, die mit CRISPR/Cas „gezüchtet“ worden sind? Das Ergebnis dieser Anhörung war, dass es gerade einmal fünf Sorten weltweit gibt.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Voll der Bringer!)
Dazu muss man sagen: Außerhalb Europas wird ja mit CRISPR/Cas geforscht.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Aber nicht in Deutschland! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Voll der Brüller!)
Und dann hieß es: Es gibt gerade mal fünf Sorten. Es gibt eine Tomate in Japan, die keiner mag, weil sie nicht schmeckt. Heute habe ich gelernt: Es gibt einen Weizen, den man als Superweizen zu züchten versucht hat, der aber keine Körner hat; das ist schlecht für Weizen. Und was ich heute auch noch in einer anderen Anhörung gehört habe: Unter den 16 Sorten, die bisher weltweit entwickelt wurden
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Ich dachte, es waren fünf!)
– ja, das war das Ergebnis dieser Anhörung; Sie müssen mir zuhören, Herr Kollege, nicht einfach nur dazwischenbrüllen –, sind sechs Pflanzen, die gezüchtet wurden, um herbizidresistent zu sein.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hui, das braucht die Welt!)
Also so viel dazu, dass man damit weniger Pflanzenschutzmittel braucht. Denn wenn eine Pflanze herbizidresistent gezüchtet wird, dann kann man mehr Herbizide einsetzen, und das ist nicht mehr nachhaltig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Die Quelle möchte ich gerne mal sehen!)
Sie sagen in Ihrem Antrag auch nichts zu den Auswirkungen. Was ist – der Kollege Straubinger kommt wie ich aus Niederbayern –
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Hört man gar nicht!)
mit unseren kleinen Pflanzenzüchtern? Die gehen dann natürlich hops; denn sie können sich das nicht leisten. Sie können sich die Patente der großen Firmen nicht kaufen, damit sie das Werkzeug bekommen.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Das ist eine Unterstellung! Die Patentfrage muss ja noch gelöst werden!)
Sie können sich das auch deshalb gar nicht leisten, weil sie nicht die großen Labore haben.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das killt die Pflanzenzucht!)
Damit erzeugen wir eine Konzentration im Pflanzenzüchtungsbereich. Ich glaube, Konzentration auf dem Markt ist nie was Gutes.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Nächste: Es werden Verdrängungen herkömmlicher Pflanzenbestände gefürchtet; dazu haben Sie auch nichts gesagt. Und was auch nicht im Antrag steht: Was ist mit der Haftung für Schäden? Die ist ungeklärt; das hat der Kollege Bär ja auch schon gesagt.
Ich persönlich nehme immer die Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher ein, und diese wollen eine Wahlmöglichkeit.
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Dagegen sind wir auch gar nicht!)
Sie wollen die Kennzeichnung, wie eben schon gesagt. Aber es heißt ja immer: Die Kennzeichnung ist nicht möglich, weil man es nicht mehr erkennt. Also, wie wollen Sie dann die Kennzeichnung machen?
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das ist eine gute Frage!)
Wenn die Kennzeichnung nicht gesichert ist, kann man es nicht kennzeichnen. Die Konsumentinnen und Konsumenten lehnen dies aber ab. Das zeigt der Erfolg des Labels „Ohne Gentechnik“. Ich glaube, es hieß heute, dass fast 75 Prozent aller Milchprodukte bereits gelabelt sind und dass diese wirklich erfolgreich verkauft werden.
Und was gerade im Februar geschah, bevor Sie Ihren Antrag verfasst haben: Die großen Lebensmitteleinzelhändler haben sich zusammengetan und erklärt, sie wollten das Vorsorgeprinzip gewahrt haben. Dazu steht in Ihrem Antrag auch nichts.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ich denke, ihr wollt nichts mit Konzernen zu tun haben!)
Seltsam, dass sich gerade der Lebensmitteleinzelhandel, der genau die Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick hat, dazu schon äußert.
Unsere Forderungen sind ganz klar – so ähnlich, wie es der Kollege schon gesagt hat –: Wir brauchen ein Nachweisverfahren. Wir brauchen die Rückverfolgbarkeit. Wir brauchen die Transparenz. Man braucht ein Register und eine Dokumentation. Und man muss sicherstellen, dass Auskreuzungen mit herkömmlichen oder Biopflanzen nicht möglich sind, sondern wir brauchen die Koexistenz.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir brauchen die Sicherstellung der Produkthaftung. Dazu steht nämlich in Ihrem Antrag auch nichts. Da muss das Verursacherprinzip gelten, ganz eindeutig. Und: Genauso wie der Lebensmitteleinzelhandel fordern auch wir die Wahrung des Vorsorgeprinzips. Das sagt ganz eindeutig, dass der Verbraucher und die Verbraucherin vor unliebsamen Wirkungen geschützt werden müssen, und die kennen Sie nämlich auch noch nicht.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Frank Rinck hat jetzt das Wort für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551858 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 91 |
Tagesordnungspunkt | Genomische Techniken in der Landwirtschaft |