17.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 92 / Zusatzpunkt 9

Nina WarkenCDU/CSU - Änderung des Bundeswahlgesetzes

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Ampelfraktionen sind in puncto Wahlrecht – das haben wir heute wieder gehört – mit großen Versprechungen angetreten, von einem großen Wurf war die Rede, von einer klaren Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger, die man erfüllen würde. Ein transparentes und faires Wahlrecht wurde versprochen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir auch!)

Das Gegenteil ist aber der Fall.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Tatsächlich will die Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und FDP das Wahlrecht so anpassen, dass es nicht unserer Demokratie, sondern ihren eigenen Parteiinteressen dient. Das ist die Arroganz der Macht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN)

Das ist auch in der Rede des Kollegen Steffen ganz klar zutage getreten.

Von den Ampelfraktionen ist die weit überwiegende Mehrheit der Abgeordneten nicht direkt gewählt.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Wie Helmut Kohl und Norbert Blüm!)

Da liegt es natürlich nahe, wer bei einer Wahlrechtsreform das einfachste Bauernopfer ist: die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Robert Farle [fraktionslos])

Wenn das zugleich den politischen Gegner schwächt, umso besser.

Uns als CDU/CSU trifft das Modell der Ampel besonders hart, vor allem in meiner Heimat, in Baden-Württemberg; hier gewinnt die CDU traditionell besonders viele Direktmandate. Wir sind vor Ort bei den Menschen in den Wahlkreisen stark

(Sebastian Hartmann [SPD]: Zwölf Überhangmandate! – Konstantin Kuhle [FDP]: Deswegen wolltet ihr auch die Zahl der Wahlkreise noch weiter absenken!)

und fahren gute Ergebnisse ein. Das ist den anderen ein Dorn im Auge. Nun wittern Sie die Chance, das Wahlrecht zu Ihren Gunsten zu drehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Jessica Tatti [DIE LINKE])

Damit stellen Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, demokratische Prinzipien auf den Kopf.

Wenn Sie, Herr Kollege Hartmann, hier in der ersten Lesung noch behauptet haben, dass Sie gegen eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise sind, gerade weil Sie 299-mal eine Wahlentscheidung im Wahlkreis haben möchten – so haben Sie es gesagt –,

(Christian Dürr [FDP]: Warum sagen Sie nicht, was Sie eigentlich wollen: Sie wollen keinen kleineren Bundestag!)

dann kann ich nur feststellen: Genau das machen Sie mit Ihrem Entwurf eben nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit Ihrem Entwurf gilt nicht „Gewählt ist gewählt“, sondern „Sonntag gewählt, Montag abgesägt“.

(Christian Dürr [FDP]: Sie können das, was Sie sagen, auch in einer Minute sagen: Sie wollen keinen kleineren Bundestag!)

Mit Ihrem Entwurf diskreditieren Sie die Wählerinnen und Wähler, die sich in ihrem Wahlkreis mit den Kandidaten befassen, die zu Podiumsdiskussionen gehen, die verschiedene Positionen vergleichen und dann am Wahltag eine Entscheidung treffen. Mit Ihrem Entwurf kann es passieren, dass der von den Bürgern gewählte Kandidat gar nicht in den Bundestag einzieht. Ob er einzieht, hängt nämlich nicht nur vom Ergebnis des Kandidaten in seinem Wahlkreis ab, sondern auch vom Ergebnis der Partei und von den Ergebnissen in anderen Wahlkreisen. Es ist also völlig unvorhersehbar, wer am Ende ein Mandat gewinnt. Das ist eine Irreführung, eine Täuschung des Wählers. Wie kann man das den Bürgerinnen und Bürgern noch erklären!?

(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN – Sebastian Hartmann [SPD]: Indem man den Gesetzentwurf liest und ihn versteht!)

Unter Ihrem System, werte Kolleginnen und Kollegen, werden besonders die hart umkämpfen Wahlkreise leiden, die eigentlich gut sind für unsere Demokratie.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Kommt aufs Bundesland an!)

Vor allem wird es die Städte treffen. Und es führt zu der Möglichkeit, dass ein Wahlkreis verwaist, also ohne irgendeinen Abgeordneten dasteht. Wie Sie damit umgehen wollen, ist auch noch völlig unklar.

(Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])

Alles in allem ist das, was Sie vorlegen, weder verständlich noch transparent. Es ist undemokratisch und führt in die Sackgasse der Verfassungswidrigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Robert Farle [fraktionslos])

Wir als Union stehen zu den Wahlkreisen, wir stehen zu den direkt gewählten Abgeordneten. Sie werden vor Ort nominiert und vor Ort von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Ihnen gegenüber sind sie auch verantwortlich. Und sie müssen sich spätestens bei der nächsten Wahl auch dort für ihr politisches Handeln rechtfertigen. Dazu stehen sie in engem Kontakt mit den Menschen, und das ist genau das, was wir wollen: mehr Kontakt zwischen Bürgern und Politik und nicht weniger.

Darum stellt unser Ansatz die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt. Wir wollen ein verständliches, ein transparentes, ein faires Wahlrecht, eines mit einem vorhersehbaren Ergebnis: bei dem der Sieger tatsächlich den Wahlkreis gewinnt.

All das bietet Ihr Entwurf nicht, er steht für leere Versprechungen, Intransparenz und parteipolitisches Eigeninteresse. Deswegen lehnen wir ihn ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN sowie des Abg. Robert Farle [fraktionslos] – Zurufe der Abg. Sebastian Hartmann [SPD] und Christian Dürr [FDP])

Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Leni Breymaier.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Auch nicht direkt gewählt! Lassen Sie doch einmal die direkt gewählten Abgeordneten sprechen!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7551951
Wahlperiode 20
Sitzung 92
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundeswahlgesetzes
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