Dorothee BärCDU/CSU - Vereinbarte Debatte zum Internationalen Frauentag
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich persönlich habe drei Kinder: zwei Mädchen, einen Jungen. Sie gehen alle drei in Deutschland in die Schule. Ich mache mir keinen Tag Sorgen um ihre Sicherheit. Was für ein Luxus in unserem Land!
In Afghanistan ist die Situation die, dass es Mädchen verboten ist, in die Schule zu gehen. Im Iran werden Mädchen in den Schulen vergiftet. In Indien wird verhindert, dass sie überhaupt geboren werden. Schätzungsweise 2 Millionen Mädchen pro Jahr werden dort entweder abgetrieben oder nach der Geburt gezielt getötet, oder sie sterben an Vernachlässigung. Und warum? Einfach nur, weil es Mädchen sind. Das ist erschütternd, das wühlt auf. Ich finde, gerade am Internationalen Frauentag ist es ganz wichtig, den Blick darauf zu richten, wie es anderen Mädchen, wie es anderen Frauen auf der Welt geht.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wenn diese Mädchen dann zu Frauen herangewachsen sind, gehört für viele auch Gewalt zum Alltag. Wenn man sich die Schätzungen der Vereinten Nationen anschaut – ich durfte wie die Ministerin auch in der letzten Woche mit unserem Ausschuss bei den Vereinten Nationen in New York sein –, sieht man, dass mehr als 1 Milliarde Frauen keinen Zugang zu rechtlichem Schutz vor häuslicher, vor sexueller Gewalt haben. Immer noch leben auf der Welt 200 Millionen Frauen mit einer Genitalverstümmelung.
Wir brauchen bei Gewalt, die sich gegen Frauen richtet, aber gar nicht nur in extreme Länder wie Afghanistan oder den Iran schauen. Alle 30 Stunden stirbt in Argentinien eine Frau durch häusliche oder sexuelle Gewalt. Und auch in Deutschland zählt das Bundeskriminalamt im Jahr 2021 über 115 000 weibliche Opfer von häuslicher Gewalt. Das heißt, über 80 Prozent der Opfer sind Frauen.
(Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
Kriege treiben Frauen und vor allem auch Kinder in die Flucht. Und auch da gibt es die abscheulichsten Verbrechen. Als es neulich mal hier im Bundestag darum ging, dass Vergewaltigungen als Kriegswaffe eingesetzt werden, und ich auf dem Platz saß, auf dem jetzt unsere Vizepräsidentin Yvonne Magwas sitzt, kamen Zwischenrufe von der AfD: Ja, das war in Kriegen ja schon immer so! – Es bewegt mich immer noch extrem, dass Bundestagabgeordnete dazwischenrufen, dass es ja normal sei, dass im Krieg Vergewaltigungen eingesetzt werden. Damit dürfen wir uns niemals abfinden.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Martin Reichardt [AfD]: Dann sollten Sie die Opfer der Vergewaltigungen in Ostpreußen nicht immer herabwürdigen! – Gegenruf der Abg. Saskia Esken [SPD]: Einfach den Mund halten, Herr Reichardt! – Weiterer Gegenruf: Sei mal ruhig da drüben!)
– Einfach mal die Klappe halten, sorry.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN – Martin Reichardt [AfD]: Nee!)
– Alleine für Ihre Zwischenrufe müsste man jeden Tag einen Internationalen Frauentag durchführen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Heidi Reichinnek [DIE LINKE])
Besonders perfide ist, dass auch Putin zu neuen Methoden greift, indem er Berichten zufolge auch verurteilte Russinnen aus Straflagern an die Front schickt. Wie gesagt, Frauen werden als Kriegswaffe benutzt. Männer führen Kriege, Frauen leben mit den Folgen. Das alles können wir nicht, das dürfen wir nicht hinnehmen, nicht nur am Weltfrauentag nicht, auch an keinem anderen Tag.
Nur in 143 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen hat die Gleichstellung Verfassungsrang. Deswegen ist mir heute auch noch etwas wichtig, was wir hier schon öfter diskutiert haben, aber was ich einfach nicht müde werde immer wieder zu wiederholen – ich bin sehr froh, dass auch so viele Ministerinnen heute da sind: nicht nur die Familienministerin, die Innenministerin, auch unsere Bundesaußenministerin –: die Bitte, sich von der Vorstellung zu verabschieden, mit den Mullahs im Gespräch was zu erreichen und weiter zu verhandeln, weil die sich in der nächsten Sekunde umdrehen und wieder Frauen hinrichten lassen. Bitte setzen Sie die Revolutionsgarden auf die Terrorliste! Sogar der SPD-Parteivorsitzende hat das mittlerweile verstanden und fordert das. Ich würde mir wünschen, dass es dazu ein einheitliches Bild in der Ampel geben wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein weiterer Wunsch, den ich noch mitgeben möchte, weil das auch etwas ist, was uns stark beschäftigt, ist, den ukrainischen Behörden zu helfen, den Aufenthaltsort von Tausenden in der Ukraine verschleppten Kindern zu ermitteln, sie zu den Müttern zurückzuführen. Ich habe das letzte Woche auch bei UNICEF in New York angesprochen. Es wird zu wenig getan, wenn Kinder entführt werden, wenn sie zu Zwangsrussen und ‑russinnen gemacht werden. Wir müssen alles daransetzen, dass die Kinder wieder in ihre Familien zurück können.
(Zuruf der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es ist wichtig, dass wir in unserer großen Gemeinschaft ein Zeichen setzen. Wir müssen laut werden, damit sie unsere Stimme hören. Wir dürfen nicht müde werden, solidarisch an der Seite der Frauen zu stehen, die unsere Hilfe brauchen.
Noch mal, abschließend: Ich glaube nicht, dass in unserem Land alles perfekt ist; das ist es sicherlich nicht, es gibt ganz viel Optimierungsbedarf. Trotzdem, wenn man sich anschaut, wie es Frauen weltweit geht, bin ich dankbar, in diesem Land zu leben. Aus dieser Dankbarkeit entsteht aber auch eine Verpflichtung, die Frauen dort, wo es ganz, ganz anders ausschaut, zu unterstützen.
Ganz herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe mich über Ihren Hinweis sehr gefreut und möchte einfach nur ergänzen, dass auch die Bundesentwicklungsministerin, die Bundesbildungsministerin und die Bundesbauministerin hier sind, die Regierung auf der Regierungsbank also wirklich mal gut vertreten ist.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Umwelt!)
Das kann man ja auch mal loben. Sonst sind wir ja oft kritisch. Haben wir jetzt alle genannt? – Die Bundesumweltministerin ist auch da.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Jetzt haben wir alle genannt.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Als Nächstes erhält das Wort Saskia Esken für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551990 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 92 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zum Internationalen Frauentag |