17.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 92 / Tagesordnungspunkt 23

Josephine OrtlebSPD - Vereinbarte Debatte zum Internationalen Frauentag

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Internationale Frauentag ist vorbei, und doch hallt er nach. Die Rede von Frau Harder-Kühnel hat uns gezeigt: Den 8. März braucht es weiterhin.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Gleichzeitig braucht es viel mehr. Wir brauchen die gesellschaftliche, die politische, die soziale und die wirtschaftliche Gleichberechtigung. Auf einer Demo zum Internationalen Frauentag ist mir ein Plakat direkt ins Auge gefallen. In bunten, verzierten Buchstaben war darauf zu lesen: „Imagine all the women“. Hochgehalten wurde es von einem jungen Mädchen, angelehnt an den berühmten Popsong von John Lennon. Lassen Sie uns gemeinsam in eine Welt schauen, in der Frauen selbst über ihren Körper entscheiden können, frei vom Urteil Dritter, in der Mädchen alles werden können, was sie wollen, und aufwachsen können frei von Rollenbildern, in der Frauen weltweit ihre Rechte einfordern können, frei von Repressionen – „Imagine all the women“.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Stellen Sie sich all diese Frauen vor, die als Krankenschwestern genug verdienen, um sich und ihren Kindern ein gutes Leben zu bieten, die keine Armut fürchten müssen, wenn sie ihre Eltern pflegen, und die keine Angst vor Partnerschaftsgewalt haben müssen. Stellen wir uns gemeinsam all diese Frauen vor. Was wäre das für eine Welt? Es wäre eine bessere Welt mit einer gerechten Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam aus der Vorstellung Wirklichkeit machen. Frauen sollen selbst über ihren Körper entscheiden, wenn es um reproduktive Rechte geht. Mit der Abschaffung des § 219a StGB – das haben wir heute schon gehört – haben wir ein neues Kapitel der Selbstbestimmung aufgeschlagen. Und jetzt muss das passieren, was gesellschaftlich schon längst gewollt ist: Schwangerschaftsabbrüche müssen entkriminalisiert werden. Dafür sprechen sich 83 Prozent der Befragten einer repräsentativen Umfrage aus – 83 Prozent! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist ein klarer Auftrag der Menschen im Land.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

§ 218 StGB bedeutet Stigmatisierung von Frauen und von Ärztinnen und Ärzten. Er bedeutet Einschränkung der körperlichen Selbstbestimmung, und er führt zu einer schlechten medizinischen Versorgungslage. Die Anfang März eingesetzte Kommission wird uns Wege aufzeigen, wie eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs aussehen kann. Für uns als SPD-Bundestagsfraktion ist klar: § 218 StGB muss raus aus dem Strafgesetzbuch.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gleichstellungsmärz macht uns fast täglich auf unfassbare Ungerechtigkeiten aufmerksam. Er mahnt uns, Erkämpftes zu verteidigen. Wenn wir aber an das Schild des Mädchens denken, erkennen wir: Verteidigen reicht eben nicht aus. Wir brauchen mehr: Wir brauchen Fortschritte in der Gleichstellungspolitik, insbesondere in Zeiten des Wandels; denn Wandel passiert, mit oder ohne uns. Wir haben als Parlament die Chance, ihn nach unseren Bedingungen zu gestalten. Und eine zentrale Bedingung muss dabei immer die Gleichstellung sein.

Transformation gelingt nicht ohne Frauen. Sie wird nicht erfolgreich sein, wenn sie nicht für alle in unserer Gesellschaft funktioniert. Die Fakten liegen auf dem Tisch: Frauen bieten ein enormes Wirtschaftspotenzial, um unseren Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, braucht es die vielen gut ausgebildeten Frauen. Es braucht auch die richtigen Rahmenbedingungen, wie den gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit, eine geschlechtergerechte Besteuerung, Arbeit, die zum Leben passt. Und: Wir brauchen Maßnahmen, die uns hier zeigen, wie sich Gesetze auf die Geschlechter auswirken. Ich setze an dieser Stelle auf den von Ministerin Paus angekündigten Gleichstellungscheck. Wir verändern die Lebensrealitäten von Frauen erst, wenn unter Gesetzen zukünftig steht: „Auswirkungen auf die Gleichstellung: positiv“.

Zum Abschluss möchte ich sagen, da es mich immer wieder – jeden Tag – fassungslos macht: Während ich hier stehen kann, meine Meinung sagen kann, mich anziehen kann, wie ich möchte, mein Leben leben kann, wie ich möchte, sterben im Kampf für genau diese Rechte im Iran immer noch Frauen, Männer und auch Kinder. Das macht mich, wie gesagt, fassungslos und demütig.

Wir dürfen nicht aufhören, solidarisch zu sein. Ich finde es toll, dass das hier in dieser Debatte auch klar wird. Auch nach den inzwischen vielen Monaten der Proteste im Iran rufen wir gerade heute hier im Deutschen Bundestag, hier in dieser Debatte zum Internationalen Frauentag all den Frauen und all den Protestierenden zu: Wir stehen an eurer Seite! Frauen, Leben, Freiheit!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Ortleb. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Nicole Höchst, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Es bleibt einem nichts erspart!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552000
Wahlperiode 20
Sitzung 92
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zum Internationalen Frauentag
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