Hansjörg DurzCDU/CSU - Glasfaser-Überbau
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gablingen – das ist ein schöner, eigentlich beschaulicher Ort am Rande des Naturparks Augsburg – Westliche Wälder.
(Beifall des Abg. Maximilian Funke-Kaiser [FDP])
Doch seit einigen Wochen geistert der Name bundesweit durch die Medien. In Berlin beschäftigen sich Podien mit Telekommunikationsexperten mit diesem Ort, und Unternehmen schreiben sich Briefe zur Situation in Gablingen. Was ist passiert? Die Antwort lautet: Doppelausbau.
Das Unternehmen, das den Ort bisher mit digitaler Infrastruktur versorgt hat, wollte in den nächsten Jahren kein Glasfaser verlegen. Dann kam ein Wettbewerber und hat angekündigt, den Ort kurzfristig mit Glasfaser zu versorgen. Daraufhin meldete sich das erste Unternehmen und kündigte an, den Ort jetzt doch mit Glasfaser zu versorgen, sodass schließlich beide ausbauen wollten.
Nun hat Gablingen das Glück, mit Karina Ruf eine sehr engagierte Bürgermeisterin zu haben, die es, selbst nachdem sie all ihr Verhandlungsgeschick in die Waagschale geworfen, ja sogar einen Mediator eingeschaltet hat, nicht erreichen konnte, dass die Unternehmen zusammenarbeiten. Die Unternehmen waren zu keinerlei Kooperation zu bewegen. Das Ergebnis ist Folgendes: Das eine Unternehmen hat mittlerweile Glasfaser verlegt und die Straßen und Fußwege wieder geteert. Jetzt baggert in Kürze höchstwahrscheinlich sogar das gleiche Tiefbauunternehmen, das gerade wieder geteert hat, die gleichen Fußwege und Straßen wieder auf und verlegt für das andere Unternehmen Glasfaser.
Meine Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich in Ihren Wahlkreisen umhören, dann werden Sie sogar von Fällen hören, bei denen es in ähnlicher Konstellation zu gar keinem Ausbau gekommen ist. Das kann niemand wollen. Das zeigt: Die Bundesregierung muss hier handeln.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, wir alle sind uns einig, was das oberste Ziel der Breitbandpolitik in Deutschland sein muss: Wir brauchen Glasfaser in jedem Haushalt. – Dazu brauchen wir den freien Wettbewerb der Telekommunikationsunternehmen; denn nur dieser sorgt dafür, dass Glasfaser derzeit so dynamisch im ganzen Land ausgebaut wird. Etwa 90 Prozent des Ausbaus erfolgt eigenwirtschaftlich. Wir können froh sein, dass bis zu 50 Milliarden Euro privates Kapital zur Verfügung stehen, um den Glasfaserausbau in Deutschland zu finanzieren. Diese Investitionen dürfen nicht gefährdet werden, und deshalb muss jeder Eingriff in den Wettbewerb auch mit Umsicht getätigt werden.
Doch dieser Wettbewerb muss eben auch so funktionieren, dass möglichst schnell jeder Haushalt in Deutschland ans Glasfasernetz angeschlossen wird. Dieses Ziel ist immer schwerer zu erreichen, wenn knappe Ressourcen wie zum Beispiel Tiefbaukapazitäten nicht effizient eingesetzt werden. Deshalb braucht es eine Bundesregierung, die das Thema auch wirklich angeht. In der Praxis haben wir jedoch ein Land mit Überbau, aber eine Regierung ohne Überblick.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In Ihrer Gigabitstrategie spielt die Ampel auf Zeit. Im ersten Quartal dieses Jahres wolle man beginnen, sich damit auseinanderzusetzen. Bis heute ist jedoch noch nicht viel passiert. Unsere Kleine Anfrage hat ergeben, dass eine Evaluation des Überbaus in Vorbereitung ist. Sie läuft also noch nicht einmal. Entweder nimmt die Bundesregierung das Problem nicht ernst, oder sie weiß schlicht nicht, wie es angegangen werden soll. Wir haben in unserem Antrag hierzu Vorschläge vorgelegt. Als konstruktive Opposition helfen wir auch gerne.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Erstens. Nutzen Sie die vorhandenen Werkzeuge! Im Wettbewerbsrecht und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb finden sich Instrumente, die sich einsetzen ließen.
Zweitens. Verschaffen Sie sich einen Überblick! Erfassen Sie, wo Überbau stattfindet, und insbesondere, welche Fälle problematisch sind!
Drittens. Richten Sie eine Meldestelle für Fälle ein, in denen ein vermeintlicher Doppelausbau dazu führte, dass gar kein Glasfaser verlegt wurde! Denn das sind Daten, die sich in keinem Gigabit-Grundbuch finden lassen, aber gleichzeitig sind das eben die Fälle, in denen Doppelausbau zum schlechtesten Ergebnis führt.
Viertens. Sorgen Sie dafür, dass der Zugang zum Kunden auch über die Netze von Konkurrenzunternehmen problemlos möglich ist! Mit Open Access wird ein Überbau immer unnötiger, und der Kunde profitiert durch die Vielfalt des Angebots.
Und fünftens. Es muss und darf kein generelles Überbauverbot in Deutschland geben. Aber geben Sie den Kommunen ein Instrument an die Hand, mit dem sie einen möglichst effizienten Glasfaserausbau vor Ort sicherstellen können!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Bundesregierung die in diesem Antrag aufgezählten Punkte umsetzt, dann wird Gablingen bald nicht mehr in Verbindung mit einer Absurdität des deutschen Glasfaserausbaus genannt werden, sondern wieder als schöner, als beschaulicher Ort am Rande des Naturparks Augsburg – Westliche Wälder und als ein Ort, der den Stein ins Rollen brachte –
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
– für noch mehr Dynamik und Effizienz beim Glasfaserausbau in Deutschland.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Durz. – Nächster Redner ist der Kollege Johannes Schätzl, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552012 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 92 |
Tagesordnungspunkt | Glasfaser-Überbau |