17.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 92 / Tagesordnungspunkt 28

Pascal KoberFDP - Existenzsicherung von Frauen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, lassen Sie uns doch heute mal über Ihr Frauenbild sprechen.

(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Oh Gott!)

Ihr Antrag lautet ja: „Selbstständige Existenzsicherung von Frauen fördern – Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen“. Wenn man diesen Antrag vor dem Hintergrund der Fragestellung liest, welches Frauenbild damit transportiert wird, bleibt einem doch der Mund vor Erstaunen offen. Die Worte, die Sie wählen, sind entlarvend für Ihr Frauenbild. Sie schreiben, auf den ersten Blick sei brutto gleich netto attraktiv. Damit unterstellen Sie zugleich, dass die Fähigkeit oder Bereitschaft zum zweiten Blick bei Frauen nicht vorhanden sei.

(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Faszinierend, was Sie daraus lesen!)

Sie schreiben, die Sozialversicherungsfreiheit könne schnell für ein böses Erwachen sorgen. Damit unterstellen Sie, dass Frauen beim Eingehen eines Minijobvertrages schlafen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist das für ein Frauenbild? Man kann ja über die Minijobs streiten. Aber bitte zeichnen Sie nicht so ein Bild von den Frauen. Das ist dieser Debatte um die Arbeitsmarktpolitik in keiner Weise würdig.

(Beifall bei der FDP – Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Der Einzige, der das zeichnet, sind Sie!)

Dann schreiben Sie, dass Minijobber, egal ob männlich oder weiblich, nicht sozialversicherungspflichtig sind. Ich möchte Sie daran erinnern, dass sie automatisch rentenversichert sind und dass sie sich mit einem aktiven Akt der Entscheidung dagegen entscheiden müssen. Das ist ein aktiver Vorgang. Ich frage Sie, ob Sie diesen Frauen tatsächlich unterstellen wollen, dass sie diese Entscheidung ohne Sachverstand treffen.

(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Wer arm ist, braucht jeden Euro!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist kein gutes Bild von Frauen, das Sie hier transportieren. Wenn Sie den Antrag noch einmal einbringen, dann achten Sie bitte auch auf solche Formulierungen.

(Beifall bei der FDP – Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Das ist ja unfassbar!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist um 30 Prozent gestiegen, die Zahl der Minijobber dagegen um 2,6 Prozent gesunken. Das Problem ist nicht der Minijob als solcher. Ein Minijob kann aus sich selbst heraus nicht existenzsichernd sein, und er ist auch nicht ausreichend für eine auskömmliche Altersvorsorge. Aber das behauptet ja auch niemand. Auf dem Minijob steht nicht mehr drauf, als drin ist. Wie Sie mit einem Glas Wasser nicht Ihren Hunger stillen oder mit einem Schnitzel nicht Ihren Durst löschen können, ist es auch beim Minijob. Der Minijob ist das, was er ist, nicht mehr, nicht weniger. Darüber kann man meinetwegen debattieren, aber nicht mit falschen Unterstellungen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn wir über verbesserte Möglichkeiten der Existenzsicherung von Frauen reden, dann sollten wir nicht über den Minijob reden, sondern beispielsweise über bessere Kinderbetreuung.

(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Das haben wir gemacht! Wir haben diverse Anträge eingebracht! Denen können Sie zustimmen!)

Da müssen wir auch über den Fachkräftebedarf sprechen. Dazu müssen wir eine Fachkräftestrategie umsetzen, wie es sich die Bundesregierung vorgenommen hat und – mit Unterstützung der Regierungskoalition noch verbessert – als Gesetz verabschieden wird. Und dazu gehört auch, dass wir die Kombination der Steuerklassen III und V angehen werden. Das hat sich diese Koalition vorgenommen, und entsprechend wird das auch umgesetzt werden. Der Kollege Frank Bsirske hat darauf hingewiesen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, der Minijob ist eine wertvolle Ergänzung in unserem Arbeitsmarkt, egal ob er von Männern oder von Frauen ausgeübt wird. Es steht nicht mehr drauf, als drin ist. Wir verdanken dem Minijob den Service in vielen Gaststätten und gastronomischen Einrichtungen. Wir verdanken dem Minijob die Zeitung am Morgen. Wir verdanken dem Minijob viele Arbeitsleistungen von Menschen, die neben ihrem Einkommen aus einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis etwas dazuverdienen möchten.

Der Minijob ist eine gute Erfindung. Deshalb hat die FDP in dieser Legislaturperiode umgesetzt – natürlich mit Unterstützung der Koalitionspartner, die davon nicht ganz so begeistert waren, es aber mit umgesetzt haben –, dass zum ersten Mal seit zehn Jahren die Minijobgrenze auf 520 Euro angehoben worden ist und sie zum ersten Mal auch dynamisiert wird, sodass künftig mit jeder Erhöhung des Mindestlohns auch die Minijobgrenze steigen wird.

(Beifall bei der FDP)

Das ist eine gute Botschaft für die Menschen, die in Minijobs arbeiten; denn erstmalig können auch sie von Lohnsteigerungen profitieren. Das ist leistungsgerecht. Wir haben in dieser Koalition dafür gesorgt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, lassen Sie uns gerne über Verbesserungen bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von Frauen sprechen, aber dann mit einem Frauenbild, das nicht dem letzten Jahrhundert entlehnt ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Das ist wirklich erbärmlich!)

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Bernd Rützel jetzt das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552041
Wahlperiode 20
Sitzung 92
Tagesordnungspunkt Existenzsicherung von Frauen
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