Fabian GramlingCDU/CSU - Änderung des Energiesicherungsgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Angriffskrieg von Putin hat uns alle erschüttert. Das ist eine neue Dimension, die wir auf europäischem Boden wieder erleben, keine zwei Flugstunden von hier entfernt. Für mich als junger Mensch ist das eine Situation, die noch vor wenigen Monaten unvorstellbar gewesen ist.
Wir stehen vor Herausforderungen in Europa mit unseren Bündnispartnern, aber natürlich auch in Deutschland und hier insbesondere bei dem Thema „Energieversorgung und Versorgungssicherheit“. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat gezeigt, dass wir konstruktiv mit der Regierung zusammenarbeiten,
(Sebastian Roloff [SPD]: Wo denn genau?)
auch jetzt bei dieser fünften Änderung des Energiesicherungsgesetzes.
Aber eins ist auch klar: Für die Union ist es eine Pflicht und auch ein Selbstverständnis, dass wir die Regierung kritisch begleiten werden. Und auch wenn es den Regierungsfraktionen nicht immer passt, werden wir auch in Zukunft den Finger dort in die Wunde legen, wo wir es für richtig erachten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Grund für die Änderung ist nachvollziehbar: Es geht um die Sicherung und die Sicherstellung der Energieversorgung in Deutschland. Aber wenn wir über die Versorgungssicherheit sprechen, dann muss ich auch ganz klar sagen: Es geht nicht darum, dass die Versorgungssicherheit mit 22 Stunden 7 Tage die Woche abgedeckt ist, sondern mit 24 Stunden 7 Tage die Woche, liebe Kolleginnen und Kollegen, und daran werden wir Sie auch messen.
Es geht hier um zwei unter Treuhand stehende Unternehmen von russischen Konzernen, bei denen möglicherweise eine Übernahme oder auch ein Verkauf anstehen. Ich möchte ganz konkret auf drei Punkte eingehen.
Erstens: das Thema Enteignung. Enteignung ist ein schwerwiegender hoheitlicher Grundrechtseingriff. Es mag bei diesen zwei Firmen vielleicht als alternativlos gesehen werden, aber trotzdem ist es ein sehr sensibles Thema. Wenn im Gesetz steht: „Eine Enteignung ist in Ordnung, wenn es zum Funktionieren des Gemeinwesens sowie zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit notwendig ist“, dann, muss ich sagen, fehlt mir schon ein bisschen die Konkretisierung; denn eine Befürchtung in der aktuellen Situation ist immer irgendwie erklärbar. Bei einem so weitreichenden Eingriff würde ich mir deutlich konkretere Formulierungen wünschen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dann kommen wir auch schon zum zweiten Punkt. Wenn keine Konkretisierung notwendig ist oder nicht als notwendig erachtet wird, weil es sich erst mal nur um diese zwei bekannten Fälle handelt – natürlich ist es immer ein individueller Sachverhalt, der sehr komplex sein kann –, dann frage ich mich, warum das Gesetz nicht befristet wird. Wir haben in den letzten Monaten 60 Gesetzesänderungen und Verordnungen debattiert, diskutiert und abgestimmt, ein Großteil davon war zeitlich befristet, in der Regel bis Mitte oder Ende 2024. Bei einem so weitreichenden Gesetz mit Grundrechtseingriffen wäre aus meiner Sicht eine zeitliche Begrenzung mehr als gerechtfertigt und notwendig. Oder muss ich mir die Frage stellen, ob im Wirtschaftsministerium schon Gedanken dazu rumgeistern, wo man das Gesetz im Zweifel sonst noch anwenden könnte?
Dann kommen wir auch zum dritten Punkt: die parlamentarische Kontrolle. Wir machen ein unbefristetes Gesetz, das es dem Wirtschaftsminister und dem Finanzminister ermöglicht und erlaubt, Unternehmen zu enteignen, ohne dies zumindest nachträglich dem Bundestag zur Überprüfung vorzulegen. Aufgrund dieser Tragweite halte ich das für äußerst fragwürdig. Ich hätte von den Ampelfraktionen schon erwartet, dass zumindest eine Evaluierung in zwei Jahren ins Gespräch gebracht wird; denn dem Anspruch der parlamentarischen Kontrolle wird dieses Gesetz auf jeden Fall nicht gerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Enteignung ist kein Alltagsgeschäft und darf in Deutschland auch nie zu einem Alltagsgeschäft werden. Deswegen sind parlamentarische Debatten wichtig. Ein Gesetz mit so weitreichenden Grundrechtseingriffen wie der Enteignung bedarf mehr Sensibilität, bedarf der parlamentarischen Kontrolle.
(Sebastian Roloff [SPD]: Noch Vorschläge?)
Darauf werden wir auch bei den Beratungen in den nächsten Wochen achten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Kollege Markus Hümpfer hat das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552049 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 92 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Energiesicherungsgesetzes |