Ann-Veruschka JurischFDP - Souveränität Deutschlands innerhalb der EU
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden hier über einen Antrag der AfD. Ich würde mir ausnahmsweise tatsächlich einmal wünschen, dass er irgendwie relevant wäre, zumindest in seinem positiv betrachteten Kern. Der Antrag zeichnet folgendes – in AfD-Sicht – Horrorszenario: Die Konferenz zur Zukunft Europas war durchschlagend erfolgreich. Deswegen steht ein EU-Verfassungskonvent jetzt unmittelbar bevor. Es zeichnet sich auch schon bereits ab, dass das einzige und unmittelbar bevorstehende Ziel dieses Konvents ist, aus der EU einen Bundesstaat zu machen. Die einzelnen Mitgliedstaaten werden deswegen nichts mehr zu sagen haben, und das alles gleich übermorgen.
Mal ganz ehrlich: Warum um alles in dieser Welt müssen wir uns mit solchen Anträgen beschäftigen? Anträge, die wahrscheinlich als Beschäftigungstherapie für verirrte Jurastudenten entstanden sind, die ihr Praktikum bei der AfD-Fraktion machen. Solange-Urteil I und II, Kompetenz-Kompetenzen, Ultra-vires-Rechtsprechung, Fußnoten noch und nöcher. Aber um was genau denn eigentlich zu begründen, um Himmels willen?
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Setzen Sie sich wieder hin, wenn Sie nicht darüber sprechen wollen!)
Ich habe eingangs gesagt, dass ich mir wünschen würde, dass Ihr Antrag in seinem positiv betrachteten Kern relevant wäre. Ich hätte mir nämlich gewünscht, dass die Arbeit der Konferenz zur Zukunft Europas mehr Furore macht und mehr in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird; denn die Bürgerinnen und Bürger haben sehr viele und gute Vorschläge erarbeitet. Es ist deshalb gut, dass die Kommission einige davon aufgreift und umsetzen wird.
Ich wünsche mir auch, dass es auf der Grundlage dieser Vorschläge tatsächlich noch zu einem Konvent über die EU-Verträge kommen wird; das wäre mein großer Wunsch. Und ja, ich wünsche mir, dass wir uns mehr vornehmen können mit Blick auf die Verfasstheit Europas. Das wäre schön, wenn wir dieses Problem – aus AfD-Sicht – hätten. Stattdessen sind wir wegen des Kriegs Putins gegen die Ukraine in der EU in einem permanenten Krisenmodus. Stattdessen müssen wir uns wegen der Rechtsstaatlichkeit in Ländern wie Ungarn und Polen Gedanken machen.
Wir in der Ampelkoalition setzen uns für ein starkes, gemeinsames Europa ein. Wir sehen immer mehr, dass wir die großen strategischen Probleme in Europa nur gemeinsam lösen können. Sicherheit, Handel, Energie, Rohstoffe, Migration, Klimaschutz – all die Probleme dabei können wir nur gemeinsam lösen. Unser langfristiges Ziel ist eine politische Integration Europas auf der Grundlage der europäischen Grundrechtecharta, und zwar als dezentral organisierter Bundesstaat, der nach den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit regiert wird. Das ist unsere Vision.
So paradox es auch erscheinen mag: Der Weg zu einer starken, demokratischen Europäischen Union führt über aktiv mitgestaltende nationale Parlamente. Deshalb arbeiten wir auch kräftig daran, den EU-Ausschuss zu einem sehr aktiven Beschlussgremium weiterzuentwickeln. Darüber und darauf freue ich mich. Wir wollen damit dazu beitragen, aus den nationalen Parlamenten heraus Europa auf seinem Weg mitzugestalten. Europa ist unsere Zukunft; eine andere haben wir nicht. Ihren Antrag lehnen wir ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin Jurisch. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Volker Ullrich, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552167 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 93 |
Tagesordnungspunkt | Souveränität Deutschlands innerhalb der EU |