29.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 93 / Zusatzpunkt 2

Volker UllrichCDU/CSU - Souveränität Deutschlands innerhalb der EU

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren einen Antrag der AfD zum Thema „Souveränität der Bundesrepublik Deutschland im europäischen Kontext“. Sie beginnen Ihren Antrag mit der Gurkenkrümmungsverordnung. Ich will mal kurz darauf eingehen. Es ist satirisch in Ihrem Antrag gemeint, aber es zeigt, wie weit Sie mit Ihrem Antrag von der Realität entfernt liegen. Die Gurkenkrümmungsverordnung der EU gab es, nicht weil Europa sie wollte, sondern weil die Erzeuger und die Lebensmittelindustrie für geradere Gurken geworben haben. Aber genau diese Verordnung ist übrigens schon längst wieder abgeschafft. Das heißt: In dem Bereich, den Sie genommen haben, zeigen Sie nicht auf, dass es hier ein Korrektiv der Europäischen Union gab; das verschweigen Sie in dem Antrag.

Aber jenseits der Gurkenkrümmungsverordnung muss ich Ihnen einfach mitteilen, dass Sie den Begriff der Souveränität falsch verstanden haben. Der Träger der Souveränität auf europäischer Ebene sind nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung die Mitgliedstaaten. Die Europäische Union kann und darf nur das, was die Mitgliedstaaten ihr zugestehen, und zwar im Rahmen von Verträgen.

(Zuruf von der AfD: Das haben wir ja gesehen!)

All das, was die Europäische Union macht, muss auch durch den Rat abgesegnet werden, in dem die demokratisch legitimierte Bundesregierung selbst vertreten ist. Es gibt also in diesem Zusammenhang kein verfassungsrechtliches Defizit der Souveränität.

(Jürgen Pohl [AfD]: Politisches Defizit!)

Wenn Sie etwas anderes in Ihrem Antrag insinuieren, dann wollen Sie europakritische Töne anschlagen; aber es hat nichts mit der Realität zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Was Sie nicht ansprechen, ist die offene Frage, die wir viel eher diskutieren müssen – die haben Sie gar nicht gesehen –, wie sich die unterschiedlichen europäischen Institutionen zueinander verhalten. Das betrifft das Verhältnis der Europäischen Union zum Europarat, die Frage der immer stärkeren intergouvernementalen Zusammenarbeit in Europa und die Anbindung an die Parlamente. Ich glaube, uns eint hier im Hohen Haus, dass wir eine stärkere Rückbindung der Entscheidungen an die Parlamente wollen. Das muss auch für die Politikfelder gelten, die zwischen den Regierungen selbst ausgehandelt werden. Aber genau zu dem Thema schweigen Sie, weil Sie es vermutlich gar nicht gesehen haben.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Weil sie es gar nicht verstehen!)

Jenseits der verfassungsrechtlichen Frage der Souveränität gibt es auch eine politische, nämlich die Frage: Wie erreichen wir im Konzert der Mächte auf der Welt eine Souveränität in technologischen Fragen, im Bereich der Sicherheit, im Bereich des Klimaschutzes, damit Europa ein Europa ist, an das die Menschen glauben, und wie erfüllen wir tatsächlich den Verfassungsauftrag, an einem geeinten Europa teilzunehmen?

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552168
Wahlperiode 20
Sitzung 93
Tagesordnungspunkt Souveränität Deutschlands innerhalb der EU
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