30.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 94 / Zusatzpunkt 3

Matthias MierschSPD - Aktuelle Stunde: Handlungsfähigkeit und Lösungskompetenz der Bundesregierung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Czaja, die Aktuelle Stunde scheint ja in Ihrer Fraktion großen Anklang zu finden, wenn ich in Ihre Reihen gucke.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Wahrscheinlich hat sich alles erledigt, als Sie gestern die Ergebnisse zur Kenntnis genommen haben.

(Beifall der Abg. Dr. Nina Scheer [SPD])

Aber ich finde, es ist schon eine Chuzpe, dass ausgerechnet Sie über Handlungsfähigkeit sprechen. Ich kann Ihnen guten Gewissens sagen; denn ich war bei allen Entscheidungen in den letzten Jahren dabei:

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Aha!)

Hätten wir als Große Koalition in diesem Bereich so viel Handlungsfähigkeit bewiesen wie die Ampel in einem Jahr, hätten wir jetzt ganz andere, nämlich viel geringere Probleme, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Das glaubst du selbst nicht!)

Und wenn es Ihnen um Glaubwürdigkeit geht, will ich Ihnen ein paar Punkte nennen. Fangen wir einfach mit dem letzten Jahr an! Diese Ampel hat eine Herkulesaufgabe gestemmt, als es darum ging, die Versorgungssicherheit im Bereich Energie in den Griff zu bekommen. Wären wir Ihrem Weg eines Gasembargos gefolgt, steckten wir jetzt im Chaos, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Sie haben in den letzten Jahren dafür gekämpft, dass die bayerischen Windabstandsregeln überall in Deutschland gelten sollten. Wir haben mit dem Wind-an-Land-Gesetz erstmalig dafür gesorgt, dass es einen verbindlichen Ausbaupfad von Bund und Ländern gibt. Das ist ein Riesenschritt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Sie haben in den letzten Jahren alles dafür getan, dass es einen sogenannten Solardeckel gibt. Wir haben jetzt die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass wir im letzten Jahr so viel an Solaranlagen zubauen konnten wie die ganzen letzten zehn Jahre nicht. Reden Sie nicht von Handlungsunfähigkeit! Das ist Handlungsfähigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Ihnen fiel im letzten Jahr nichts anderes ein als die alte Leier von Atom und Fracking. Wir haben die Erneuerbaren in das „überragende öffentliche Interesse“ gestellt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das war ein wichtiger Schritt und ist auch Beweis für die Handlungsfähigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Am schlimmsten finde ich, dass nun gerade Sie mit dem Klimaschutzgesetz kommen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hören wir denn jetzt noch, was kommt?)

Was haben Sie denn in all den Jahren eigentlich gemacht? Gegen harte Widerstände mussten wir dieses Klimaschutzgesetz durchsetzen,

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ja, genau! Das ist ja lächerlich! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer wollte den CO2-Preis runter haben?

und wir als SPD-Bundestagsfraktion sind nach wie vor stolz, das geschafft zu haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und weil jetzt ganz viel diskutiert wird, will ich hier für die SPD-Bundestagsfraktion noch einmal ganz deutlich sagen:

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Jetzt sind wir gespannt!)

Bei der Reform des Klimaschutzgesetzes werden wir – ich bin mir sehr sicher, dass das alle in der Ampel so sehen – an den Zielen und Pfaden nichts verändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir werden es ganz klar bei den sektorspezifischen Zielen belassen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Weiß die FDP davon?)

Auch das wird völlig falsch kommuniziert, liebe Kolleginnen und Kollegen. Aber an einem Punkt müssen wir alle miteinander durchaus noch überlegen, und da ist die Frage der Weiterentwicklung eine sehr entscheidende. Wir sehen doch, dass gerade bei den Themen Heizen und Verkehr dieses Klimaschutzgesetz Wirkung entfaltet und wir jetzt über Wege streiten, die jede Einzelne und jeden Einzelnen in Deutschland betreffen. Da ist das Verhetzungspotenzial, Herr Czaja, sehr, sehr groß. Das, was Sie eben wieder gemacht haben, ist aus meiner Sicht eine unzulässige Verkürzung. Wenn Sie davon ausgehen, dass Gas- und Ölheizungen verboten werden, dann suggerieren Sie sofort,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sollen wir mal Herrn Weil zitieren, Ministerpräsident Weil?)

dass wir überall in die Kellerräume gehen und dort die Heizungsanlagen herausreißen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Die Lufthoheit über die Heizungskeller wollt Ihr doch!)

Aber zur Wahrheit gehört: Wenn wir dieses Sektorziel und das Ziel „Klimaneutralität 2045“ ernst nehmen, dann müssen wir jetzt über konkrete Schritte reden. Es hat sich gezeigt, dass wir in Sektoren teilweise mehrere Jahre brauchen, bis die Maßnahmen wirken. Insofern müssen wir dieses Gesetz weiterentwickeln. Das ist vollkommen richtig.

Ich finde es richtig – auch das gehört dazu –, dass die Regierung am Anfang ein Programm für die kommenden vier Jahre vorlegt. Wir müssen diese Novelle allerdings damit verbinden, zu fragen: Was passiert eigentlich, wenn kein Sofortprogramm vorgelegt wird? Ich als selbstbewusster Parlamentarier sage: Ich hätte mir gewünscht, dass wir ein solches Sofortprogramm schon hätten, weil die Ziele zumindest in einem Sektor nicht erreicht worden sind. Deswegen werden wir im Rahmen der parlamentarischen Beratungen darüber diskutieren müssen, wie wir an dieser Stelle noch mehr Verbindlichkeit bekommen. Dann wird diese Reform ein tatsächlicher Gewinn sein. Die Beratungen stehen am Anfang.

Herr Kollege!

Ich bin sicher, dass die Gesetzesberatungen ein gutes Ende finden und wir die Klimaschutzgesetzgebung in diesem Land noch verbessern werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Für die AfD-Fraktion hat Tino Chrupalla das Wort.

(Stephan Brandner [AfD]: Der zweite König heute!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552280
Wahlperiode 20
Sitzung 94
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Handlungsfähigkeit und Lösungskompetenz der Bundesregierung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta