30.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 94 / Tagesordnungspunkt 26c

Natalie PawlikSPD - Arbeitsbedingungen von Saisonbeschäftigten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich möchte der Linksfraktion tatsächlich dafür danken, dass sie diese Debatte heute in den Deutschen Bundestag gebracht hat; denn wir befinden uns in der Erntesaison. Gerade in diesen Tagen ziehen viele Saisonbeschäftigte über unsere Felder. Sie arbeiten hart. Sie ernten Erdbeeren und Spargel, später Hopfen, Äpfel und Wein. Vieles, was sie dort erledigen, kann nicht maschinell erledigt werden. Deswegen brauchen wir Saisonbeschäftigung gerade in der Landwirtschaft.

Viele Landwirtinnen und Landwirte suchen händeringend nach Beschäftigten, nach Menschen, die ihnen bei der Ernte helfen. Die meisten von ihnen halten sich tatsächlich an den Arbeitsschutz. Sie versichern ihre Beschäftigten, bieten ihnen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung an. Sie zahlen mindestens den Mindestlohn, und sie wissen die Arbeit der Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter zu schätzen. Doch leider gibt es auch einige ganz schlimme Ausnahmen, die den Mindestlohn umgehen, die die sozialversicherungspflichtige Anstellung umgehen, die unzumutbare Unterkünfte bereitstellen und noch nicht einmal Mindeststandards des Arbeitsschutzes erfüllen.

Kolleginnen und Kollegen, ich empfehle Ihnen tatsächlich den Bericht von Faire Mobilität. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle auch von einem Beispiel berichten, nämlich von Ana, Vassily und Andrej, die vor dem schrecklichen Angriffskrieg aus der Ukraine geflüchtet sind und im vergangenen Jahr bei einer Landwirtin zur Erdbeer- und Heidelbeerernte gearbeitet haben. Täglich arbeiteten sie 12 bis 14 Stunden auf den Feldern, auch der minderjährige Andrej. Doch dokumentieren konnten sie das nicht; denn die Stundenzettel wurden ihnen direkt zu Beginn abgenommen. Ohne Arbeitsvertrag, ohne gültige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis sowie ohne deutsche Sprachkenntnisse sind sie auf diese Landwirtin angewiesen gewesen. Trotz des Versprechens, die wichtigen Dokumente für sie zu beantragen, erhielten Ana, Vassily und Andrej sie nie. Nach zwei Monaten beendeten sie das Arbeitsverhältnis. Von ihrem sehr niedrigen Lohn wurden dann auch noch 300 Euro pro Person einbehalten, weil sie illegal gearbeitet hätten und die Landwirtin sich im Falle einer Strafgebühr absichern wollte. Kolleginnen und Kollegen, so geht man nicht mit Menschen um.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Solche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ziehen das Ansehen einer ganzen Berufsgruppe herunter. Sie dürfen mit einer solchen Praxis eben nicht durchkommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Der Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gilt auch für Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter genauso wie für alle anderen. Würdige Arbeitsbedingungen dürfen nicht vom Wohlwollen der Arbeitgeber abhängen. Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang das Projekt „Faire Mobilität“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes. An 13 Standorten arbeiten dort Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gewerkschaften und Beratungsstellen mit regionalen Trägern zusammen. Sie beraten Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter in arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Fragen in ihrer Herkunftssprache. Es ist richtig und es ist wichtig, dass diese Arbeit durch das Arbeitsministerium maßgeblich mitfinanziert wird. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt an dieser Stelle ganz klar die Gewerkschaften bei diesem Projekt und in ihrer Aufklärungsarbeit für die Beschäftigten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ana, Vassily und Andrej haben sich mithilfe einer polnischen Saisonarbeiterin an die Beratungsstelle von Faire Mobilität in Hannover gewandt. Dank ihrer Unterstützung haben sie das einbehaltene Geld erhalten, abzüglich 50 Euro für die Gruppenkrankenversicherung. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig diese Arbeit ist. Und ja, wir haben auch noch viel zu tun. Wir konnten in der letzten Legislaturperiode viel erreichen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich glaube, dass das ein wichtiges Thema bleibt, was uns alle nicht unberührt lassen darf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für Bündnis 90/Die Grünen erhält das Wort Dr. Armin Grau.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552352
Wahlperiode 20
Sitzung 94
Tagesordnungspunkt Arbeitsbedingungen von Saisonbeschäftigten
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