Volker UllrichCDU/CSU - Bekämpfung von schwerer Kinderkriminalität
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage des Alters der Strafmündigkeit ist eine der grundlegenden Fragen des Strafrechts, die weder mit Empörung noch mit lautstarkem Getöse und schon gar nicht in kurzer Frist diskutiert werden kann und darf.
Was wir von der rechten Seite gerade erlebt haben an Schilderungen von Tatabläufen, verletzt die Würde von Opfern und ist eine Instrumentalisierung von Taten für billige Propagandazwecke. Das muss dieser Bundestag zurückweisen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Thomas Seitz [AfD])
Herr Kollege Helferich, dass Sie auch noch auf Migrationshintergründe abstellen, macht Ihre Rede noch schäbiger.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir müssen uns mit den Fakten beschäftigen. Ich räume ein, dass es einige wenige Fälle gibt, in denen auch 12- und 13-jährige Täterinnen und Täter im Bewusstsein ihrer Strafunmündigkeit Straftaten begangen haben. Und ja, die Zahl der Straftaten, die Kindern insgesamt zur Last gelegt werden, ist
(Beatrix von Storch [AfD]: … explodiert!)
um 30 Prozent gestiegen.
(Beatrix von Storch [AfD]: Ups!)
Aber wir dürfen aus den Zahlen allein und aus wenigen Fällen keine generelle Regel machen,
(Enrico Komning [AfD]: Hä?)
sondern wir müssen uns zunächst einmal mit den Ursachen beschäftigen.
(Thomas Seitz [AfD]: Migration!)
Wenn wir uns mit den Ursachen beschäftigen, dann stellt sich in diesem Rechtsstaat eine ganz entscheidende Frage, wenn es um Kinder und Jugendliche geht: Warum begehen sie Straftaten, und was kann der Staat tun, damit sie nicht zu Tätern werden? Das ist eine Frage der Prävention. Diese beginnt im Elternhaus, im sozialen Umfeld, aber auch in den Schulen. Ich glaube, wir brauchen eine große Debatte, wie wir in unserer Gesellschaft Prävention wieder stärker in den Mittelpunkt rücken können.
(Beifall des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es gibt auch Fälle, in denen tatsächlich eine Ahndung erfolgen muss – nicht unbedingt eine strafrechtliche, aber eine durch Mittel, die das SGB VIII, das Kinder- und Jugendhilferecht, bereits vorsieht. Ich bin der Ansicht, dass wir auch die Debatte führen müssen über eine Erweiterung von Kapazitäten, über die Qualifizierung von Menschen, die junge Menschen betreuen, damit sie nach dem Erziehungs- und Resozialisierungsgedanken auch noch eine Chance im Leben haben. Dazu brauchen wir finanzielle Mittel, aber eben auch einen breit aufgestellten Ansatz im Kinder- und Jugendhilferecht.
Eine Entscheidung darüber, inwieweit für schwere Gewalttaten möglicherweise auch bei 12- und 13-Jährigen eine strafrechtliche Ahndung infrage kommen könnte, können wir in dieser Debatte jetzt nicht treffen. Dazu brauchen wir evidenzbasiertes Datenmaterial von Kinder- und Jugendpsychologen. So müssen wir die Debatte führen – so und nicht anders.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Heidi Reichinnek [DIE LINKE])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552381 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 94 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von schwerer Kinderkriminalität |