Andrea LindholzCDU/CSU - Nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland ist der einzige G-7-Industriestaat, der noch keine umfassende Sicherheitsstrategie hat. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss sich ändern; denn Cyberangriffe, zu große Abhängigkeiten von autoritären Staaten wie China oder die hybride Kriegsführung, aber auch der Angriffskrieg Russlands, sie erfordern eine ressortübergreifende Antwort und eine strategische Vorausplanung. Deshalb braucht Deutschland endlich eine Nationale Sicherheitsstrategie.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die unionsgeführte Bundesregierung hat 2016 mit dem „Weißbuch zur Sicherheitspolitik“ und der „Konzeption Zivile Verteidigung“ wegweisende strategische Grundlagen geschaffen, unter anderem auch als Reaktion auf die Annexion der Krim. Laut einer aktuellen Antwort der Bundesregierung vom Dezember haben wir mit der „Konzeption Zivile Verteidigung“ die richtigen Schwerpunkte gesetzt; denn die Ampel arbeitet daran weiter, und das ist erfreulich. Beides kann gleichzeitig als Grundlage für eine Nationale Sicherheitsstrategie gesehen werden.
In den letzten Jahren hat sich die Sicherheitslage aber nochmals dramatisch verändert: die Coronapandemie, die Starkregenflut, der chaotische Abzug aus Afghanistan, vor allem aber der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, sie haben die Sicherheitslage fundamental verändert. Aus diesen Krisen müssen wir die richtigen Lehren ziehen, um auf kommende Krisen noch besser vorbereitet zu sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Nationale Sicherheitsstrategie muss drei strukturelle Schwächen der deutschen Sicherheitspolitik beseitigen: Erstens fehlt es an einer kontinuierlichen strategischen Vorausschau. Zweitens ist die Krisenreaktion – wir haben es gesehen – bei unerwarteten Großlagen teilweise zu schwach. Drittens – auch das haben wir gesehen – funktioniert die Koordinierung zwischen den Ressorts oft nicht so, wie wir uns das wünschen.
Genau deshalb, lieber Herr Kollege Lambsdorff, stand die Nationale Sicherheitsstrategie auch im Wahlprogramm der Union. Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Ampel sich dies zu eigen gemacht hat und im Koalitionsvertrag schon beschlossen hat, dass diese, weil sie ja so dringlich ist, schon im ersten Jahr hier im Bundestag beschlossen werden soll.
Im ersten Jahr haben Sie gar nichts vorgelegt. Stattdessen liefern Sie als Ampel Streit statt Strategie.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben es aber auch nach eineinhalb Jahren nicht irgendwie geschafft, hier einen großen Wurf oder einen „Doppel-Wumms“ vorzulegen. Stattdessen haben Sie gerade mal einen abgespeckten Entwurf in die Ressortabstimmung gegeben.
Den Nationalen Sicherheitsrat haben Sie gleich mal ganz gestrichen. Aber dieser Nationale Sicherheitsrat wäre das institutionelle Herzstück der Nationalen Sicherheitsstrategie. Ein Nationaler Sicherheitsrat wäre der Ort, an dem eine Nationale Sicherheitsstrategie weiterentwickelt und operativ umgesetzt wird. Statt einer Koordinierung der Ressorts erleben wir auch in diesem Bereich wieder nur eines: Kompetenzgezänk zwischen Kanzler und Außenministerin.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ganz wichtig bei Ihnen ist natürlich immer auch die große PR-Tour. Die Außenministerin war mit ihrer Strategie bereits in ganz Deutschland unterwegs, hat dabei aber leider vergessen, die Landesinnenminister einzubinden; diese sind aber gerade für die Gefahrenabwehr im Inland zuständig. Ich frage mich an dieser Stelle: Wie kann man so kurzsichtig vorgehen? Zunächst der Totalausfall der zurückgetretenen Verteidigungsministerin, dann die Nichteinbeziehung der Länder: So dilettantisch, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, dürfen Sie mit der nationalen Sicherheit unseres Landes nicht umgehen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Beenden Sie also endlich Ihren Streit und beschließen endlich die angekündigte Sicherheitsstrategie; denn nicht nur Deutschland, auch unsere Partner in der EU und in der NATO warten auf die Umsetzung Ihrer groß angekündigten „Zeitenwende“. Die Nationale Sicherheitsstrategie kann und muss dafür ein modernes Fundament legen.
Richten Sie auch diesen Nationalen Sicherheitsrat ein. Ohne ein ständiges Gremium droht jede Strategie ins Leere zu laufen. Es braucht einen Ort, an dem Strategie gelebt, umgesetzt und weiterentwickelt werden kann. Dabei müssen Sie auch die Länder endlich mit einbinden. Die Ignoranz, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, den Ländern nicht nur in der Migrationskrise, sondern auch bei diesem Thema entgegenbringen, schafft nicht ein Mehr an Sicherheit, sondern zerstört das Vertrauen, und auf diesem Vertrauen und auf dem Willen zur Kooperation basiert unsere gesamte föderale Sicherheitsarchitektur.
Am Beispiel Bevölkerungsschutz zeigen Sie, dass der Bund die Länder braucht – und umgekehrt ebenso. Wir müssen also die militärische und die zivile Verteidigung endlich gemeinsam denken, und wir müssen das NATO-2-Prozent-Ziel einhalten, damit die Bundeswehr ihren Kernauftrag erfüllen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sehr geehrter Herr Kollege Trittin, es ist ja schön, dass bei Ihnen die Zeitenwende in der Weise angekommen ist, dass Sie sich endlich auch hinter die Bundeswehr und hinter die Ziele für die Bundeswehr stellen. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass die Grünen hier in diesem Parlament in der Vergangenheit die Unterstützer der Bundeswehr oder gar eines NATO-2-Prozent-Ziels gewesen wären.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der FDP)
Auch in der zivilen Verteidigung braucht es eine Zeitenwende mit einem Pakt für den Bevölkerungsschutz.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht Ihnen nicht mehr über die Lippen, was in der Union falsch gelaufen ist, Frau Lindholz!)
Die Forderungen der Länder liegen auf dem Tisch. Daran beteiligt war auch noch der ehemalige Landesinnenminister und heutige Verteidigungsminister Boris Pistorius. In den nächsten Jahren sollte der Bund 10 Milliarden Euro in den Zivil- und Katastrophenschutz investieren.
Die Forderungen der Länder und unser Antrag liegen auf dem Tisch, und von Ihnen kommt bis heute zu diesem Thema gar nichts. Das ist wirklich ein Skandal.
(Beifall bei der CDU/CSU – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was schreien Sie denn so? – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Alles, was Ihnen einfällt, ist, dass Sie mehr Geld haben wollen! Das reicht leider nicht!)
Handeln Sie also endlich im Interesse unseres Landes, im Interesse Europas und unserer NATO-Partner! Stimmen Sie daher unserem Antrag endlich zu!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geschichtsvergessen, Frau Lindholz!)
Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Kollege Johannes Arlt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552412 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | Nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland |