Ulrich LechteFDP - 75 Jahre European Recovery Plan (Marshall Plan)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Bystron – na ja, „lieb“ ist er ja nicht –, es gab einstmals die Entscheidung Ihrer Eltern, 1987 aus dem damaligen System der Tschechoslowakei in die Freiheit des Westens nach Deutschland zu kommen. Falls Ihnen das System im Westen nicht mehr gefällt, in dem in Freiheit und Demokratie gelebt und miteinander gearbeitet wird,
(Stephan Brandner [AfD]: Was soll er machen? – Beatrix von Storch [AfD]: Das ist doch jetzt echt daneben!)
empfehle ich Ihnen, die Freiheit zu nutzen: Verkaufen Sie hier alles, und emigrieren Sie erneut zu irgendwelchen anderen Freunden auf dieser Welt. Aber bitte lassen Sie den Deutschen Bundestag mit antisemitischen Reden und sonstigen populistischen Verschwörungstheorien künftig in Frieden!
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Was ist das denn für ein Quatsch? Was war denn daran antisemitisch?)
Wir reden heute nicht über 75 Jahre Morgenthau-Plan, sondern Gott sei Dank über 75 Jahre Marshallplan. Trotz der verheerenden Gräueltaten und der Zerstörung durch das Naziregime in Deutschland haben sich die USA für Großzügigkeit gegenüber Deutschland entschieden. Dafür sind wir unseren amerikanischen Freunden heute noch zutiefst dankbar.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine älteste Schwester heiratete einen US-Amerikaner, dieser wurde mein Patenonkel. Die zweitälteste Schwester heiratete auch einen US-Amerikaner und begründete so den transatlantischen Familienzweig.
(Zuruf von der CDU/CSU: Wie schön!)
Dementsprechend ist das großzügige Angebot der Wiederaufbauhilfe nicht nur für Westdeutschland und Westeuropa, sondern auch für meine Familie eine wirklich gute Sache gewesen, die vieles vorangebracht hat.
Der US-Außenminister George C. Marshall bot damals auch Ostdeutschland und den mittel- und osteuropäischen Staaten die Teilnahme am Marshallplan an. Auch Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei hatten anfangs großes Interesse an der Teilnahme signalisiert. Aufgrund des Drucks aus der Sowjetunion in Zeiten des aufkeimenden Kalten Krieges konnten diese jedoch letztlich nicht daran teilnehmen. Daran sieht man, dass der Kalte Krieg von der Sowjetunion ausging, nicht von den Vereinigten Staaten von Amerika.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Damals wie heute hat die Propaganda aus dem Kreml versucht, uns etwas anderes zu erzählen, und Sie versuchen es auch in diesem Hohen Haus. Damals wurde der Marshallplan als ein Unterdrückungsinstrument der Finanzplutokratie der Wall Street verunglimpft. Das ist genau so ein Unsinn wie die heutigen Lügen aus dem Kreml, man wolle die Ukraine von einer angeblich faschistischen Regierung befreien. Aber: Lügen haben kurze Beine.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Zonengrenzen der Westalliierten waren durchlässig. Aber aus der Zonengrenze der sowjetischen Besatzungszone wurde ein eiserner Vorhang; und das ging natürlich auch von der Sowjetunion aus. Das begann bereits 1948 mit der Blockade Westberlins durch die Sowjetunion. Darauf reagierten die Westalliierten mit der beispiellosen Berliner Luftbrücke. Allen voran die USA und Großbritannien versorgten Westberlin mit sogenannten Rosinenbombern; auch dafür sind wir heute immer noch zutiefst dankbar.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Es ist ein unwiderruflicher Fakt: Die Menschen damals wie heute flüchteten stets Richtung Westen. Sie zeigen: Das Konzept der Freiheit, nämlich in Demokratie zu leben, ist und bleibt ungeschlagen.
Meine Damen und Herren, die Geschichte ist nicht nur Vergangenheit. Wir müssen daraus auch für heute Lehren ziehen. Gemeinsam mit unseren europäischen, transatlantischen und internationalen Partnern wollen wir eine Art Marshallplan für die Ukraine auf den Weg bringen. Das ist richtig und gut; und das werden wir auch gemeinsam hinbekommen, sofern die Ukraine ihren Kampf gewinnt; aber da bin ich mir zutiefst sicher. Mit den USA als Verbündete wird es uns gelingen, unser System in dieser Welt aufrechtzuerhalten. Dafür stehen wir als Freie Demokraten und auch alle anderen Demokraten in diesem Hohen Haus.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552440 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | 75 Jahre European Recovery Plan (Marshall Plan) |