31.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 95 / Tagesordnungspunkt 23

Konrad StockmeierFDP - Änderung des Atomgesetzes

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ahne, was jetzt gleich passieren wird. Schauen wir mal, ob es so kommt. Für die FDP-Bundestagsfraktion darf ich an dieser Stelle feststellen, dass wir in der Tat einen befristeten Weiterbetrieb der drei sich noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke in Deutschland auch inklusive einer einmaligen Bestellung neuer Brennelemente für sinnvoll gehalten hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und der AfD)

– Der Applaus von Ihrer Seite wird Ihnen noch vergehen, weil wir diesen Standpunkt ganz anders einbetten, als Sie das tun.

(Stephan Brandner [AfD]: Der war sehr spärlich, Herr Stockmeier! Ich habe mich da bewusst zurückgehalten! – Karsten Hilse [AfD]: Herr Stockmeier, wenn Sie sich jetzt hinsetzen, ist die Rede okay! Jetzt kann nur noch Schlimmeres kommen!)

Wir als Freie Demokraten sind davon überzeugt, dass die Reihenfolge des Ausstiegs aus den bestehenden Kern- und Kohlekraftwerken in Deutschland mit Hinblick auf das Klima zumindest sehr fragwürdig ist.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU])

Wir hätten es außerdem für sinnvoll gehalten, dass die preisdämpfenden Effekte, die sich aus einem möglichen Weiterbetrieb mit einmalig neu bestellten Brennelementen ergeben hätten

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ist doch alles so teuer, sagt Ihr Koalitionspartner!)

– ich komme gleich auf die Kosten; Sie übersehen da nämlich was, –

(Stephan Brandner [AfD]: So viel Zeit haben Sie gar nicht mehr!)

nicht außer Acht gelassen worden wären.

(Stephan Brandner [AfD]: Aus dem bösen Russland, oder wo wären die hergekommen?)

Herr Kollege Brandner, bitte.

Aber wir gehen mit den demokratischen Mehrheiten in diesem Hause im Gegensatz zu Ihnen reif um und sind auf der Suche nach konstruktiven Lösungen.

Ich darf an dieser Stelle für die Freien Demokraten auch feststellen, dass wir der Meinung sind, dass die Kernkraftwerke mindestens bis zur vollständigen Substitution des russischen Erdgases durch andere Quellen – das ist durch sehr erfolgreiche Maßnahmen der Ampelkoalition voraussichtlich im Frühjahr 2024 der Fall – reaktivierbar bleiben sollten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU])

Darüber hinaus sind wir auch durchaus offen beispielsweise gegenüber einer sehr gründlichen und auch alle Sicherheitsaspekte berücksichtigenden Erforschung der Kernfusion

(Stephan Brandner [AfD]: Oh!)

oder von mir aus unter Umständen auch der Small Modular Reactors, wobei da das Interessante ist – und da kriegen wir den Schwenk zu sehr guter FDP-Politik –,

(Stephan Brandner [AfD]: Ihr habt die erfunden, oder was?)

dass da auch viel privates Kapital reinfließt.

(Stephan Brandner [AfD]: Ah! – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Bisher sehr vernünftig, was Sie sagen!)

– Aber jetzt kommt die Sache,

(Stephan Brandner [AfD]: Jetzt wird es unvernünftig!)

wo Sie auf der Autobahn zur Unvernunft sind. Kollege Lenkert, ich habe auch kein Problem damit, da mal eine inhaltliche Übereinstimmung mit der Linksfraktion festzustellen oder auch mit anderen Kollegen. Kollege Lenkert hat festgestellt, dass die konventionelle Kernkraft eben alles andere als billig ist, und das blenden Sie in Ihrem Antrag völlig aus.

(Stephan Brandner [AfD]: Sozis können nicht rechnen! Und Linke schon mal gar nicht!)

Da gehen wir völlig unterschiedliche Wege.

Mit Hinblick auf Frankreich darf ich darauf verweisen, dass die Électricité de France dieses Jahr zwar ungefähr mit einer Produktion zwischen 300 und 330 Terawattstunden kalkuliert – das ist schon mehr als letztes Jahr –, aber dass aufgrund der Wartungswelle die ehemaligen 380 Terawattstunden in weite Ferne gerückt sind; die werden nicht mal für 2030 prognostiziert. Und – das ist etwas, was man im Dialog mit den europäischen Partnern auch zu den Neubauplänen ganz sachlich sagen kann – die Kostensituation ist in allen Ländern explodiert.

(Stephan Brandner [AfD]: Wie beim Kanzleramt!)

Flamanville 3 war mal mit einem niedrigen einstelligen Milliardenbetrag kalkuliert. Die Franzosen steuern da jetzt auf ungefähr 20 Milliarden Euro zu.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ui, ui, ui!)

Es ist ja auch bezeichnend, dass in solche Projekte eben kein privates Kapital fließt. Das sind lauter Aspekte, die Sie in Ihrem Antrag völlig ausblenden. Warum sollte es ausgerechnet in Deutschland gelingen, so was wesentlich günstiger zu projektieren? Da habe ich erhebliche Zweifel.

Deswegen setzen die Freien Demokraten auf einen breiten Technologiemix. Kollege Wiener von der Union, nein, wir setzen nicht alles auf eine Karte, sondern auf eine Vielfalt von Technologien, sei es Wasserstoff, sei es Geothermie, seien es noch weitere Verbesserungspotenziale bei Wind und Solar, selbstverständlich auch die Digitalisierung und marktgetriebene Energieeffizienz. Es ist die ganze Vielfalt der Technologien und die damit einhergehende Risikostreuung, die zu einer guten und klimaneutralen Energieversorgung in diesem Lande führen wird. Das ist genau das, was Sie überhaupt nicht auf dem Radar haben.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie sind einfach in der falschen Koalition, Herr Stockmeier!)

Wir werden für die Energieversorgung in diesem Lande vieles tun, aber Ihren Anträgen sicherlich nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Stockmeier. – Ich rufe nunmehr auf den Kollegen Alexander Engelhard, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552458
Wahlperiode 20
Sitzung 95
Tagesordnungspunkt Änderung des Atomgesetzes
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