31.03.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 95 / Tagesordnungspunkt 25

Franziska HoppermannCDU/CSU - Europäische und deutsche Datenwirtschaft

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Beste in dieser Sitzungswoche kommt zum Schluss. Wir sprechen über den Data Act. Der Kollege Maximilian Funke-Kaiser hat schon am Montag beim Parlamentarischen Abend diese Debatte heute angekündigt. Vielen Dank an dieser Stelle für die Werbung für unseren Antrag der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Zeit für die Debatte könnte nicht passender sein. Der Europäische Rat hat nun auch als Letzter seine Position zum Data Act beschlossen. Auch die Trilogverhandlungen haben in dieser Woche begonnen.

Data Act klingt sehr abstrakt. Was steckt eigentlich dahinter? Es geht vor allem darum, die grundsätzliche Datenverfügbarkeit und Datennutzung breiter zu machen und mit klaren Regeln zu versehen. Aktuell werden nämlich 80 Prozent der Industriedaten in der Europäischen Union überhaupt nicht genutzt. Dabei werden täglich unendlich viele Daten gesammelt. Das ist nicht nur verlorenes Potenzial, sondern auch verlorene Wertschöpfung.

Durch die geregelte Datennutzung verschafft sich die EU einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, der Innovation, milliardenschwere Wertschöpfung und eine klimaneutrale Transformation verspricht. Geschätztes Potenzial: 275 Milliarden Euro in den kommenden Jahren.

Der Data Act nimmt dabei alle möglichen Beziehungen in den Blick: Das Verhältnis von Wirtschaft zu Wirtschaft, Wirtschaft zu Privatpersonen, aber auch Regierung zu Privatpersonen und Unternehmen. Ein wichtiges Ziel ist dabei, das Ungleichgewicht zwischen großen Unternehmen und Gatekeepern auf der einen und mittleren und kleinen Unternehmen auf der anderen Seite auszugleichen.

Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Ein Landwirt kann durch die Daten seiner geleasten Landmaschine den optimalen Düngezeitpunkt und die effizienteste Düngemenge bestimmen. So ergibt sich ein effizienter, umweltschonenderer Ressourceneinsatz. Das kann er heute nicht. Warum nicht? Weil ihm die Daten von der Herstellerfirma schichtweg nicht zur Verfügung gestellt werden. Oder: Ein Autoteilehersteller kann durch die Verbrauchsdaten und Nutzungsdaten eines Autos die Lebensdauer und Effizienz seiner Produkte optimieren. Ein anderes Beispiel: Eine Flutkatastrophe wie im Ahrtal würde sich wieder andeuten. Durch die Daten aus dem Krisengebiet können die Evakuierung und auch die Krisenbewältigung wesentlich schneller und zielgerichteter erfolgen.

Diese Beispiele zeigen: Daten beeinflussen maßgeblich sämtliche Bereiche unseres Alltags. Die EU hat das erkannt und schafft mit der Gesetzgebung nun die zweite Säule der europäischen Datenstrategie. Die Herausforderung ist dabei, Balance und Klarheit zu schaffen zwischen Datennutzung auf der einen und Datenschutz auf der anderen Seite. Dafür braucht es Transparenz, Vertrauen und Berechenbarkeit der Regeln, insbesondere für die Industrie, aber auch für die Datennutzer und Privatpersonen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei den Verbrauchern und Bürgern geht es auch um die Stärkung und Etablierung von eigenverantwortlichem Umgang mit Daten. Bürger und Nutzer sollen zum Subjekt und nicht mehr nur zum Objekt in der Datennutzung werden. Durch den Data Act wird eben auch geregelt, dass personalisierte Daten nicht ohne Zustimmung der Bürger an Dritte weitergegeben werden können.

(Zuruf von der AfD)

Dabei ist für uns besonders wichtig, dass die Datenschutz-Grundverordnung führend bleibt und personenbezogene Daten besonders geschützt werden. Auf der anderen Seite geht es bei aller Nutzung von Daten auch um den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Das Datenteilen darf nicht zum Wettbewerbsnachteil werden.

Wir als CDU/CSU-Fraktion unterstützen den Data Act und seine Ziele. Heute legen wir mit unserem Antrag unsere Forderungen und Positionen dazu vor. Was fordern wir konkret?

Erstens. Wir brauchen klarere Definitionen von „Was meint und heißt Produkte und Daten?“. Und es ist zu klären: Wie sehen konkret die Rechtsbeziehungen auf europäischer Ebene zueinander aus?

Zweitens. Wir fordern von der Bundesregierung mehr Transparenz gegenüber dem Parlament im weiteren Verfahren.

Drittens. Wir brauchen klare Definitionen für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen und für das Anonymisieren von Daten.

Viertens. Wir müssen die komplexen verschiedenen Beziehungen der Datenträger stärker voneinander abgrenzen und separat betrachten. Auch muss es eine konkrete Definition für das Zurverfügungstellen von Daten an Regierungen im Falle eines Notfalls geben.

Schlichtweg ernüchternd – das muss ich an dieser Stelle leider auch sagen – ist bisher die Performance der Bundesregierung. Wieder einmal, muss man ja schon sagen, ist und war die deutsche Verhandlungsposition im Rat extrem schwach. Ewige Zuständigkeitsstreitereien zwischen Wirtschafts- und Digitalministerium und unklare Positionen. Sämtliche Positionen Deutschlands wurden von den anderen Mitgliedstaaten nicht unterstützt. Nur bei der Frage der Forschungsdatennutzung konnte sich die Bundesregierung einbringen. Somit ist Deutschland auch beim Data Act weitgehend isoliert, aber vor allem auch zu zögerlich gewesen, Positionen auch zu den Punkten der anderen Mitgliedstaaten zu finden. Eine starke Zukunftskoalition sieht hier wirklich anders aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Data Act ist ein komplexes Regelwerk. Er stellt die Datenströme zwischen vernetzten Produkten in den Mittelpunkt und definiert den erforderlichen Zugang der Datenerzeuger zu den von ihm oder ihr produzierten Daten. Das ist ein völlig neuer Ansatz. Somit ist er die richtungsweisende Rechtsgrundlage für das digitale Datenzeitalter. Der Data Act hat also das Potenzial, ein echter Gamechanger zu werden. Jetzt ist die Zeit, die Position Deutschlands dazu zu besprechen und festzulegen, was wir wollen, auch als Parlament! Ich freue mich auf den gemeinsamen Austausch.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hoppermann. – Nur zur Klarstellung: Es gibt noch einen weiteren Tagesordnungspunkt. Dieser hier ist nicht der letzte.

(Franziska Hoppermann [CDU/CSU]: Aber keinen weiteren Antrag!)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Anna Kassautzki, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552477
Wahlperiode 20
Sitzung 95
Tagesordnungspunkt Europäische und deutsche Datenwirtschaft
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