Ingo BodtkeFDP - Aktuelle Stunde: Maßnahmen gegen die hohen Lebensmittelpreise
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit Juli 2021 befindet sich die Inflationsrate in Deutschland auf Rekordniveau. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug sie auch im Februar dieses Jahres immer noch 8,7 Prozent.
Eine der Ursachen für den aktuellen Wert ist der Krieg in der Ukraine, der die Preise für Energie, aber auch für Lebensmittel hochgetrieben hat. Hierunter leiden vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen, weil sie einen höheren Anteil ihres verfügbaren Einkommens für ihre Grundbedürfnisse ausgeben müssen – im Gegensatz zu Menschen mit höherem Nettoeinkommen. Damit hat der politische Kampf gegen die Inflation in erster Linie eine sozialpolitische Dimension. Niedrige Inflationsraten entlasten vor allem Geringverdiener. Deshalb müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um die Inflationsrate in engen Grenzen zu halten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Könnt ihr mal anfangen! – Thomas Seitz [AfD]: Euro abschaffen!)
Das Problem mit der Inflation hat der ehemalige Präsident der Bundesbank Karl Otto Pöhl sehr treffend beschrieben. Er sagte, dass Inflation wie Zahnpasta sei: Einmal aus der Tube bekommt man sie schwer wieder hinein. Dieser Vergleich stimmt; denn es gibt nur einen vernünftigen Weg, um die Inflationsrate zu senken: Die Produktionskosten müssen runter, und der Wettbewerb darf nicht ausgeschlossen werden. Beide Maßnahmen sind zielführender als die Versuche des Staates, die negativen Auswirkungen der Inflation durch sozialpolitische Maßnahmen aufzufangen. Deshalb plädiere ich an dieser Stelle für ein Auflagenmoratorium für unsere Betriebe in der Land- und Ernährungswirtschaft. Sie müssen planbare und verlässliche Rechtsrahmen vorfinden, innerhalb derer sie sich bewegen können.
(Beifall bei der FDP – Konstantin Kuhle [FDP], an die CDU/CSU gewandt: Da müsst ihr mal klatschen! – Zuruf der Abg. Marianne Schieder [SPD])
Das ist der Weg für eine wirksame Bekämpfung von Inflation.
Deshalb ist es der FDP bei den aktuellen Verhandlungen zum Tierhaltungskennzeichnungsgesetz so wichtig, der Landwirtschaft ein faires Angebot für den Stallumbau zu machen. Wir sichern den Betriebsinhabern zuverlässig und langfristig planbar die notwendige finanzielle Unterstützung für Investitionen in Tierwohlställe zu. Das Baugesetzbuch und das Immissionsschutzgesetz werden flankierend entsprechend angepasst.
Sehr geehrte Damen und Herren, selbstverständlich muss sich Deutschland auch endlich für legale Migration in unseren Arbeitsmarkt öffnen.
(Peggy Schierenbeck [SPD]: Ja! Sehr gut!)
Der Fachkräftemangel treibt Lohnkosten in die Höhe, verteuert das Endprodukt und treibt die Inflation. Zusätzlich muss man Unternehmen steuerlich entlasten und gleichzeitig die Bürokratie reduzieren. Diese Maßnahmen sind schnell und unkompliziert umzusetzen. Intelligente Politik gegen Inflation reduziert die Kosten, und zwar bevor sie beim Verbraucher landen. Sie sind alle eingeladen, diese Forderungen gemeinsam mit uns umzusetzen; aber ich befürchte, dass ausgerechnet die Fraktion Die Linke bei nächster Gelegenheit diese Bestrebungen blockieren wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, die inflationsbedingten Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln haben uns ein Problem deutlich vor Augen geführt – und das gehört auch zur Wahrheit dazu –: Bisher waren die Lebensmittel in Deutschland viel zu billig. Im Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern lag das Preisniveau für unsere Nahrungsmittel unter dem EU-Durchschnitt. Nur in Osteuropa konnte man billiger einkaufen. Deshalb haben Lebensmittel hierzulande nicht die Wertschätzung erfahren, die ihnen gebührt.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Folge: Es wurde bisher viel zu viel in die Tonne geworfen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Alexander Bartz [SPD])
Erst jetzt, mit dem Anziehen der Preise, wurde vielen Menschen bewusst, welchen Wert unsere Produkte tatsächlich haben. Erst jetzt, als sich die Lebensmittel überdurchschnittlich verteuerten und die Tafeln plötzlich zu wenig Spenden erhielten, wurde deutlich, wie sorglos und wie unbedacht viele Menschen in Deutschland Lebensmittel kauften und dann doch entsorgten.
(Beifall der Abg. Maximilian Mordhorst [FDP] und Peggy Schierenbeck [SPD] – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Richtig! Da hast du recht!)
Wie wir mit unseren Lebensmitteln umgehen, hat erhebliche Auswirkungen auf den Ressourcenverbrauch. Die Geiz-ist-geil-Mentalität hat im Supermarkt nichts zu suchen. Diese Erkenntnis ist hoffentlich spätestens jetzt bei jedem Bürger angekommen.
(Beifall der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD])
Liebe Kollegen, zum Abschluss komme ich auf das Bild mit der geöffneten Zahnpastatube zurück. Wir können die Zahnpasta nicht mehr zurück in die Tube bringen; aber es ist höchste Zeit, die Tube wieder zuzuschrauben. Lassen Sie uns gemeinsam die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Inflation einzudämmen, anstatt uns mit den Folgen zu beschäftigen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552496 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Maßnahmen gegen die hohen Lebensmittelpreise |