Michael KruseFDP - Aktuelle Stunde - Weiternutzung der Kernkraft
Danke. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Im nächsten Jahr ist Europawahl, und ich würde schon jetzt gerne die Menschen in diesem Land dazu aufrufen wollen, sich an dieser Wahl zu beteiligen. Die Planungen laufen ja schon in allen Parteien.
(Stephan Brandner [AfD]: Um Frau Strack-Zimmermann zu wählen, oder?)
– Ja, Sie können gerne Frau Strack-Zimmermann wählen, wenn Sie das möchten. Darüber würde ich mich sehr freuen. Aber das ist gar nicht das Thema hier.
Ich habe mir aus Anlass der Europawahl noch mal angeschaut, womit die Parteien eigentlich bei der letzten Europawahl geworben haben. Und da ist mir ein schönes Plakat, das recht schlecht gealtert ist, in die Finger geraten.
(Stephan Brandner [AfD]: Oh, oh! Man darf keine Plakate hochhalten!)
Hierauf steht: „Wer hat ‚Atomkraft? Nein Danke.ʼ Realität werden lassen?“ Und hier oben ist so ein nettes CDU-Logo. Bei jeder Debatte, wo Sie versuchen, uns von der Ampel einzureden, dass der Atomausstieg auf unseren Schultern stattgefunden habe, seien Sie versichert: Niemand hat zum Atomausstieg in diesem Land so viel beigetragen wie CDU und CSU zusammen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich denke, auch heute in dieser Debatte darf das nicht unerwähnt bleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU])
Auch deshalb können Sie sich bei dem Thema jetzt nicht in die Büsche schlagen.
Das letzte Jahr hat ja nicht nur gezeigt, dass vielleicht eine andere Ausstiegsreihenfolge sinnvoll gewesen wäre;
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Die Erde ist immer noch eine Scheibe!)
sondern es hat eben auch schonungslos offengelegt, wie angreifbar Deutschland unter der Ägide Angela Merkels geworden ist. Manche laute Tonart in dieser Debatte kann ich vor diesem Hintergrund nicht verstehen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass die energiepolitischen Debatten in diesem Land – sei es jetzt bei den FSRUs vor Rügen oder auch beim Thema Kernkraft und beim Thema Kohle – schon wieder so geführt werden, als wäre dieser Krieg vorbei oder als wäre die energiepolitische Bedrohung für unser Land schon vorbei. Beides ist mitnichten der Fall. Deswegen würde ich sehr empfehlen, diese Debatten mit großer Ernsthaftigkeit zu führen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Steffen Bilger [CDU/CSU])
Was ich nicht als ernsthaft empfinden kann, ist der Vorschlag von Markus Söder, Kernkraftwerke jetzt in Länderverantwortung weiterzubetreiben. Ganz ehrlich, der Kollege Söder hat es nicht mal geschafft, ein Zukunftsmuseum vernünftig aufzugleisen. Und jetzt möchte er persönlich ein Kernkraftwerk betreiben? Meine Damen und Herren, ich habe sehr viel Fantasie, aber nicht so viel, um mir vorzustellen, dass das gut gehen könnte. Wir raten deshalb von diesem Vorschlag dringend ab.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Umso mehr habe ich mich über den Vorschlag des Kollegen Merz gefreut, der ja die FDP-Forderung übernommen hat, die noch funktionierenden Kernkraftwerke jetzt wenigstens in eine Reserve zu überführen. Wir schlagen vor, diese Reserve so lange vorzuhalten, bis sichergestellt ist,
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie haben doch schon Widerspruch aus der Koalition bekommen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
dass wir das russische Gas vollständig ersetzt haben.
Das vergangene Jahr hat gezeigt: Wir kommen in diesem Land schneller in Notsituationen, als sich das irgendwer hat vorstellen können. Auch deswegen wäre es klug, mehr Kapazitäten im Bereich der Energieversorgung vorzuhalten, als wir aktuell für die Versorgung brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja, dann machen wir doch den Antrag dazu!)
Haben ist besser als Brauchen; das hat uns das letzte Jahr gezeigt. Auch deswegen schlagen wir diesen Weg vor und freuen uns über Unterstützung.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Windkraft haben ist auch gut!)
Hätten wir jetzt die Verlängerung der drei Kernkraftwerke nicht vorgenommen –
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das scheint ja völlig Konsens zu sein in der Ampel!)
auch dazu gibt es einiges an Diskussionsbeiträgen –, was wäre dann eigentlich gewesen? Wir haben im letzten Winter an zwölf Tagen Massen an Strom importieren müssen. Hätten wir die drei Kernkraftwerke nicht verlängert, es wären 35 Tage gewesen – 35 Tage, an denen wir vom Ausland wesentlich stärker abhängig gewesen wären. Wir haben nicht nur weniger Abhängigkeit geschaffen, wir haben auch die Strompreise in den letzten Monaten in den Griff gekriegt – ein wahnsinnig großer Erfolg.
(Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])
Ein Großteil der Gelder für die Strom- und Gaspreisbremsen wird überhaupt nicht abgerufen werden müssen; das ist ein Riesenerfolg der Energiepolitik dieser Regierung. Auch dazu hat die Verlängerung der drei Kernkraftwerke einen entscheidenden Beitrag geliefert.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Wenn wir jetzt in die Zukunft schauen, dann muss man doch fragen: Was geht in dem Bereich eigentlich alles noch? Für die Zukunft unseres Energiesystems gibt es große Potenziale, etwa bei der Kernforschung. Die hat überhaupt erst begonnen. Was in der Kernfusion möglich sein wird, kann sich heute noch niemand vorstellen. Auch deshalb bin ich unserer Bundesbildungs- und ‑forschungsministerin sehr dankbar dafür, dass sie gerade diese Themen auf den Weg bringt. Die Kernfusion hat eine große Zukunft in Deutschland, ebenso wie die Forschung an der Transmutation. Wie gut wäre es, wenn der ganze Atommüll, der in diesem Land schon produziert worden ist, irgendwann durch kluge Verfahren abgebaut werden kann, geschmälert werden kann,
(Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])
in der Strahlung verkleinert werden kann und wenn die Strahlungszeit verkürzt werden kann! Ich meine: Es lohnt sich, daran zu forschen. Fangen wir damit an! Darin liegt die Zukunft: in der Umsetzung von Ideen, deren Realisierung sich heute noch niemand vorstellen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Dr. Andreas Lenz das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552566 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 96 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Weiternutzung der Kernkraft |